0234 - Macht und Mythos
endlich.«
Sheila dachte daran, dass sich ihr Mann Bill in einer ähnlichen Situation befunden hatte. Das lag länger zurück. Damals sollte er John Sinclair töten, und er hätte es fast getan. Es war ein schlimmer Fall gewesen, eine seelische Zwickmühle, wie es sie kaum noch einmal gab. [1]
Jetzt befand sich Sheila in der gleichen Lage. Wieder ging es um John Sinclair - und auch um ihren Sohn.
»Lange warte ich nicht mehr!« Die lauernden Worte der Hexe Jane durchbrachen Sheilas Gedanken.
»Entscheide dich endlich!«
»Ja«, flüsterte Sheila.
»Und?«
Bills Frau schluckte ein paar Mal. Sie schaute auf Johnny, der sich im Schlaf auf die Seite drehte, und sie blickte dann in das lauernde Gesicht der Hexe Jane Collins. Dann nickte sie.
»Ich gehe!« sagte Sheila.
Jane zuckte zusammen. Hatte sie doch nicht mit dieser Entscheidung gerechnet? Allerdings überwand sie ihre Überraschung schnell und deutete zur Tür.
»Dann verlier keine Zeit mehr. Und denke immer daran: Ich bleibe hier bei deinem Sohn. Solltest du versuchen, falsch zu spielen, wird er es zu büßen haben. Wenn du dann zurückkehrst, liegt nicht mehr dein Sohn im Bett, sondern ein echtes Skelett.«
Sheila hörte die Worte, machte abrupt kehrt und ging staksig zur Zimmertür…
***
Im Garten warteten die anderen. Das Nichtwissen, die Ungeduld waren wie ein Schweben im luftleeren Raum. Niemand wusste so recht Bescheid. Die Verbindung zu John Sinclair war zusammengebrochen. Der Geisterjäger konnte längst tot sein, aber auch noch leben. Diese beiden Möglichkeiten standen zur Wahl, und niemand wusste so recht, wie er sich verhalten sollte.
Sir James hatte auf einem Stuhl Platz genommen und sein Gesicht in beide Handflächen gestützt. Er grübelte. Hin und wieder hob er den Blick, um Kara anzuschauen, die auf der Bank saß und einen erschöpften Eindruck machte. Myxin stand neben ihr. Ab und zu streichelte er über ihr Haar.
Sir James winkte Suko zu sich. Bill war in den hinteren Teil des Gartens gegangen. Er stand dort im Schatten. Manchmal glühte seine Zigarette auf, wenn er einen Zug nahm.
»Sir?« fragte der Inspektor.
Der Superintendent sprach leise. Er wollte nicht, dass die anderen seine Worte verstanden. »Könnte sie es nicht noch einmal wagen? Wir müssen doch wissen, wo sich John befindet und was mit ihm geschehen ist. Es kann nicht so weitergehen.«
»Da gebe ich Ihnen recht, Sir, aber Kara hat alles gegeben.«
»Heißt dies, dass eine erneute Beschwörung nicht mehr möglich ist? Kann sie keinen Kontakt mehr bekommen?«
»Das wohl, aber sie braucht Zeit, um sich zu regenerieren. Verstehen Sie?«
»Ja und nein. Ich kann es einfach nicht wahrhaben und will es auch eigentlich nicht. Wir müssen einen Ausweg finden, um John zu helfen.«
»Sir, sie wird es auch ein zweites Mal versuchen, aber kaum in den nächsten Minuten.«
Sir James schüttelte den Kopf. »Und Sie, Suko? Sie haben doch Ihren Wunderstab. Können Sie über ihn nichts erreichen?«
»Nein.«
»Wieso nicht?«
»Mein Stab kann wohl die Zeit für fünf Sekunden anhalten, so dass die in Rufweite stehenden Personen zur Bewegungslosigkeit erstarren, mehr auch nicht. Ich kann ihn nicht beschwören, wenigstens weiß ich davon nichts.«
»Dann sieht es verdammt hoffnungslos aus«, stellte der Superintendent fest.
»Das kann man nicht so direkt sagen«, erwiderte der Inspektor. »Kara wird es sicherlich noch einmal versuchen.«
»Ja, wenn es zu spät ist.«
Suko gab keine Antwort mehr. Diese Befürchtung seines Chefs teilte er selbst.
Aus dem Hintergrund des Gartens lösten sich zwei Gestalten. Bill kam. Nadine, die Wölfin, war bei ihm. Sie hielt sich dicht an seinen Beinen und rieb ihr Fell. Die Schnauze hatte sie geöffnet. Innerhalb des Rachens blitzten hell die Zähne.
Neben Suko und Sir James blieb der Reporter stehen. Dabei schaute er die Wölfin an. »Sie ist so unruhig«, bemerkte er. »Irgend etwas hat sie.«
»Klar«, sagte Suko. »Sie spürt, dass mit John Sinclair etwas ist. Tiere haben da feinere Antennen als wir Menschen.«
»Vielleicht spürt sie seinen Tod«, murmelte Sir James.
Bill Conolly zuckte zusammen. »Verdammt, sagen Sie nicht so etwas.«
»Was macht Sie denn so sicher, dass John Sinclair noch lebt?«
»Nichts, aber ich habe gelernt, die Hoffnung nicht aufzugeben.«
»Deshalb sitzen wir auch hier«, bemerkte der Superintendent. »Auch ich hoffe noch, aber die Hoffnung wird immer schwächer, das können Sie mir glauben.«
Da
Weitere Kostenlose Bücher