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0235 - Disco-Vampir

0235 - Disco-Vampir

Titel: 0235 - Disco-Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Michael
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hatte er völlig übersehen.
    Nicht nur ein in das Herz getriebener Pfahl tötet den Vampir. Man erzählt sich auch, daß ihn die Zweige des Weißdorns, wenn ihn die Domen ritzen, töten können. So alt das Phänomen der nächtlichen Blutsauger ist, so zahlreich sind die Spekulationen darüber, wie man sich ihrer erwehren könne. Und dem Weißdorn werden ganz besondere zauberische Kräfte zugeschrieben.
    Achselzuckend erhob sich Heinleyn wieder. Es wurde für ihn Zeit, weiterzukommen. Und der Kampf und der Blutverlust hatten ihn geschwächt. Den Plan, in Frankreich Land und Leute kennenzulernen, konnte er erst einmal vergessen. Er benötigte dringend einen Arzt, und den gab es im nahen Trier. Er mußte es einfach schaffen, die Stadt zu erreichen.
    Zwar waren die Zeiten jetzt wieder ruhig, aber so wie damals vor einigen Jahren unter Kaiser Napoleon wurde das Räuberunwesen nicht mehr bekämpft. Und lebte auch Johannes Bückler, der gefürchtete Schinderhannes, hier im Hunsrück nur noch als Legende, man erzählte sich, daß es immer noch Mitglieder seiner Bande gäbe, die hier Wegelagerei trieben. Doch seitdem ihr Hauptmann in Mainz durch die Guillotine hingerichtet worden war, griffen sie nicht mehr nur nach den Geldbeuteln der Reichen. In den Herbergen erzählten die wandernden Gesellen manches Stücklein von den »Malochem« und »Schnapphähnen«, die auch nicht das Reisebündel eines Handwerksburschen verschmähten.
    Tobias Fürchtegott Heinleyn riß sich gewaltsam zusammen.
    »Nach Trier!« hämmerte es in ihm. »Ich muß nach Trier…!«
    Der volle Mond beschien eine Gestalt im schwarzen Radmantel, die sich schwer auf den Knotenstock stützend, der Straße hinab ins Tal der Mosel folgte.
    ***
    »Hat sich was mit Gespenstern! Die verdammten Knochen haben sich nur im Umschlag deiner Hose verhakt!« Grinsend entfernte Werner Süßenbach die Knochenhand, die sein Vorarbeiter aus dem Grab emporgezogen hatte.
    »Da ist sicher einer der alten Särge unter deinem Gewicht zusammengebrochen, Karl!« überlegte Bruno Jäckel. »Die uralten Eichensärge halten manchmal sehr lange. Und in den Hohlraum, den ein Sarg ausfüllte, bist du gefallen!«
    »Also doch kein Spuk!« krächzte Karl Seibert. Sein kalkiges Gesicht bekam langsam wieder Farbe.
    »Erraten, großer Häuptling!« grinste Süßenbach. »Alles ganz natürlich. Es gibt nämlich keine Gespenster. Hat man dir das damals nicht beigebracht, als man dich aufklärte, daß der Weihnachtsmann und der Osterhase Märchenfiguren sind?«
    »Ja, ja!« stammelte der Vorarbeiter. »Aber eben, das war alles so komisch…! Na, du wirst schon recht haben, Werner!«
    »Sollten wir nicht vielleicht doch das Kabel außen um das Terrain herumlegen?« wagte es Bruno Jäckel, noch einmal zaghaft anzufragen.
    Aber da hatte sich der Vorarbeiter schon wieder ganz gefaßt.
    »Kommt gar nicht in Frage!« sagte er im Befehlston. »Zeit ist Geld! Und wir werden hier nach Leistung bezahlt. Wir graben uns hier durch. Was kümmern mich alte, gebleichte Knochen.«
    »Vorwärts Männer. Wir arbeiten weiter, wie geplant!«
    Die harte Stimme des Vorarbeiters trieb die Männer wieder zur Arbeit. Niemand machte sich noch Gedanken über den Zwischenfall von eben. Ein seltsamer Zufall, den man höchstens noch am Abend in der Kneipe am Stammtisch zum Besten geben konnte.
    Spaten wurden ins Erdreich gestoßen. Schwitzend hoben die Männer die lehmige Erde aus. Wer hart arbeitet, hat keine Zeit, über Dinge nachzudenken, die hinter einem liegen.
    Manch einer sah verstohlen auf die Armbanduhr. In quälender Langsamkeit näherte sich der Feierabend.
    Der hohle Klang mit dem Werner Süßenbachs Spaten auf etwas in ungefähr eineinhalb Metern Tiefe traf, ließ den breitschultrigen Mann zusammenzucken.
    Vorsichtig kratzte er mit seinem Spaten die nachrollende Erde weg. Dann sah er das Holz unter der Lehmschicht.
    Werner Süßenbach war auf einen Sarg gestoßen. Und die Totenkiste war noch vollständig erhalten…
    ***
    Tobias Fürchtegott Heinleyn erreichte die Stadt Trier in den frühen Morgenstunden. Mit letzter Kraft schleppte er sich durch die Straßen. Nirgends war ein Mensch zu sehen. Nur von weiter Feme erklang das Lied des Nachtwächters.
    Denn es war die Zeit, die spätere Generationen als die »Gute alte Zeit« bezeichnen sollten. Die Zeit des Biedermeier.
    Die Wunde am Hals hatte sich zusammengezogen. Aber die tastenden Finger Heinleyns spürten, daß die Bißmale als Narben erhalten bleiben

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