Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0235 - Disco-Vampir

0235 - Disco-Vampir

Titel: 0235 - Disco-Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Michael
Vom Netzwerk:
Figur, wie sie jetzt auf das »Odeon« zuschritt, war bisher noch nie dagewesen.
    Einige Mädchen, die an der Kasse im Handtäschchen vergeblich nach dem Obulus für den Eintritt suchten und hofften, Kalle und Jorgi durch ein honigsüßes Lächeln zu bewegen, eben mal kurz die Augen zuzumachen, fuhren herum.
    »Mensch! Der Typ ist ja irre!« brach es aus einer hervor.
    »Mannomann! Was der für schicke Klamotten trägt! Sicher kommt der gerade aus London und hat in Chelsea eine ganz neue Boutique gefunden!« mutmaßte ein anderes Girl.
    »Quatsch!« mischte sich eine Rothaarige ein, die sich vergeblich bemühte, den coolen Disco-Blick drauf zu behalten. »Wetten, daß der Typ gerade aus Paris angekommen ist. Ich war unlängst mit meiner Freundin mit einer Reisegesellschaft da. Und ich weiß, in welcher Gegend die Boutiquen liegen, wo man so was kaufen kann. Für mich armen Azubi aber unbezahlbar!«
    Inzwischen war der Unbekannte heran.
    »Ist’s erlaubet, hier einzutreten?« klang seine Frage.
    Kalle zuckte zusammen. Nicht nur, daß der Kerl in einer saudämlichen Verkleidung herumlief; der redete auch so geschwollen.
    »Nur wenn du Kies hast, Kumpel!« grinste er.
    »Was darf ich darunter verstehen?« kam die Stimme des Unbekannten wieder. »Denn, so meine Vermutung richtig ist, meint Ihr mit dem Begriff ›Kies‹ nicht das kleine Flußgestein!«
    »Eintritt kostet fünf Mark. Dafür gibt’s ein Freigtränk!« schaltete sich Jorgi ein.
    »Mark? Mark?« sinnierte Heinleyn. »Leider trage ich diese Währung nicht bei mir. Zuletzt hatte ich drei Preußische Thaler in meiner Geldkatze. Doch wartet einmal…«, wühlte er unter seinem Radmantel, »… hier habe ich noch fünf Heller. Da ist die Konterfei unseres allerdurchlauchtigsten Landesvaters drauf! Saget an, ob’s genug ist, um mich hinein zu lassen!«
    »Genug!« verschlug es Jorgi die Sprache. Denn er kannte sich in Münzen einigermaßen aus, da er früher mal welche gesammelt hatte. »Mensch, Kalle. Der Knabe ist wirklich der Graf von Monte Christo! Die Münzen sind echt. Viel Geld wert. Komm! Das müssen wir feiern…!«
    Wild gestikulierend zog Jorgi seinen Kumpel in die Kneipe, die gegenüber der Discothek lag. Heinleyn konnte nur noch den Kopf schütteln. Eine verrückte… eine total verrückte Welt.
    »Mensch, das war ja echt stark, wie du die beiden Elefantenbabys ausgetrickst hast!« schob sich die Rothaarige an Heinleyn heran. »Dich haben wir hier noch nie gesehen. Wer bist’n du?«
    »Mit allergütigstem Verlaub!« verbeugte sich der Vampir. »Heinleyn ist mein Name. Tobias Fürchte… ach, so es Euch genehm ist, so nennet mich Toby!«
    Heinleyn hatte blitzschnell beschlossen, diesen Namen, den ihm Regina Stubbe gegeben hatte, zu behalten. Und auch sonst wollte er sich so schnell wie möglich anpassen.
    Und auch beim Anblick dieser drei Mädchen verspürte er in sich wieder dieses seltsame Gefühl, daß er nicht deuten konnte. Es zog ihn dazu, eine der Hübschen zu umarmen und zu küssen.
    Aber so etwas schickt sich doch nicht. Denn nach dem Moralbegriff Heinleyns und seiner damaligen Zeit war ein Kuß erst nach der Verlobung erlaubt.
    So tobte in dem Vampir der Widerstreit der Gefühle. In seinem Leben hätte er es nie über das Herz gebracht, gegen die damaligen »guten Sitten« zu verstoßen. Da er außerdem nicht wußte, daß er nun ein Geschöpf der Nacht war, das den Menschen das Blut aussaugt, war er völlig hilflos.
    Der Vampir beschloß, abzuwarten und den Dingen ihren Lauf zu lassen. Diese drei Mädchen, sicher nicht viel älter als er zu Lebzeiten gewesen war, konnten ihn bestimmt einiges lehren. Er mußte in ihrer Nähe bleiben.
    »Da die Türwächter entfleucht sind!« sagte er und verbeugte sich galant zu den beiden Mädchen, »dürfte unserem Eintritt nichts mehr im Wege stehen. Leiht mir Euren Arm, schönes Kind… !«
    Ein unbeteiligter Passant auf der anderen Straßenseite meinte, live einen Film mit Johannes Heesters zu sehen, als Tobias Fürchtegott Heinleyn die Disco im Kreise dreier schöner Mädchen betrat…
    ***
    Regina Stubbe ging in Deckung. Das gab es doch gar nicht. Jetzt kam ihr der Typ doch glatt ins »Odeon« nachgelaufen. Das Mädchen wußte nicht, ob es lachen oder weinen sollte.
    Aber da, die drei Zimtzicken in seiner Begleitung… sie hatte wohl doch verkehrt gedacht, daß dieser seltsame junge Mann nur wegen ihr gekommen wäre. Ach, rein vom Aussehen her konnte dieser Toby hier in der Disco jedes Mädchen

Weitere Kostenlose Bücher