0236 - Höllischer Regen

Sie hätte abwarten können, bis die Gnom-Teufel ihre Gegner erledigten, und dann die Bestien mit ein paar gezielten Schüssen erledigen.
    Aber eben das hatte sie nicht getan. Was lag ihr daran, daß die drei Eindringlinge überlebten?
    Oder, anders gefragt: Was lag ihrem Cyborg-Kristallhirn daran?
    Gregor schob das Schwert mit einem heftigen Ruck in die Scheide zurück und breitete die Arme aus. »Ich danke dir«, sagte er. »Wie kommst du hierher? Bist du frei?«
    Thali antwortete nicht.
    Gregor ging langsam auf sie zu.
    »Warte«, flüsterte Zamorra. »Sie steht nicht unbedingt auf unserer Seite.«
    Kaum merklich kam Gregors Nicken. »Ich weiß«, flüsterte er. »Aber ich möchte verhindern, daß sie auf Erlik trifft. Die Folgen wären unabsehbar.«
    »Trotzdem darfst du ihr nicht mehr über den Weg trauen«, warnte Zamorra.
    »Wenn sie uns töten wollte, hätte sie das schon längst getan«, erwiderte der Zauberer. Langsam, Schritt für Schritt, näherte er sich Thali.
    Zamorra spürte förmlich, wie die Gefahr ins Riesenhafte wuchs. Aber da war etwas anderes. Kam die eigentliche Gefahr nicht einmal von Thali?
    Woher aber dann?
    Er sah zu Sir Jay. Der bewegte sich vorsichtig. Die Blicke der beiden Männer kreuzten sich. Kaum merklich schüttelte Jay den Kopf. Das hieß, daß Zamorra sich nicht um ihn kümmern sollte!
    Sir Jay war wach und aktiv, aber er spielte weiterhin den Bewußtlosen.
    Warum? Ahnte er etwas? Sah er Zusammenhänge, die anderen verborgen blieben, und machte sich für eine Auseinandersetzung bereit?
    Zamorras Blick ging in die Runde. Er versuchte, Veränderungen festzustellen.
    Plötzlich ruckte Thalis Waffe wieder hoch. Die Mündung zeigte auf Gregor. »Zurück«, herrschte sie ihn an. »Zurück, sofort!«
    »Thali, du mußt verrückt sein! Denke an Helleb!« warnte Gregor.
    Das Glühen der Waffenmündung verstärkte sich.
    Zamorra schüttelte kaum merklich den Kopf. Das Verhalten Thalis war ihm rätselhaft. Sie unterschied sich grundlegend von den Cyborg-Typen, die er bisher kennenlemte. Ob es daran lag, daß der Cyborg, der sich in diesem Höhlensystem eingenistet hatte, entartet war?
    Das würde dann aber auch bedeuten, daß Cyborg-Sklaven auf ihre ganz individuellen Herren programmiert waren oder von ihnen irgendwie ferngesteuert wurden.
    »Meegh«, sagte er laut. »Verstehst du mich? Ich bin Zamorra! Ich bin ein Feind dessen, der dich jagt!«
    Doch Thali reagierte nicht. Entweder gab es doch keine Direktleitung zu dem Meegh, oder jener wollte dies nicht zu erkennen geben.
    Da erklang das spöttische Lachen.
    Zamorra kannte es. Er flog herum.
    Zwischen Sir Jay und ihm stand das Teufelsmädchen. Diesmal war die Hemdschürze leer. Es befanden sich keine Gnom-Teufel mehr darin.
    Aber die Gehörnte lachte spöttisch.
    Zamorra fragte sich, was sie für ein Geschöpf war. Sie war ungeheuer mächtig, und sie mußte über die Fähigkeit der Teleportation verfügen. Aber welche Rolle spielte sie? Wer war sie, und warum diente sie Asmodis?
    Thali reagierte augenblicklich. Sie brauchte nur den Arm zu heben und die Richtung ein wenig zu verändern. Zamorra warf sich zur Seite. Da flammte der schwarze, geheimnisvoll leuchtende Strahl schon heran und erfaßte die Gehörnte. .
    Die schwarze, flirrende Energie konzentrierte sich auf diese Hand, wurde zusammengeballt zu einer funkensprühenden Kugel! Dann schnipste das Teufelsmädchen die schwarze Kugel zurück zu Thali.
    Zamorra konnte nur noch staunen. Es war das erste Mal, daß jemand den verheerenden Strahlen der Meeghs Widerstand entgegenstellen konnte.
    Thali sprang zurück. Direkt vor ihr schloß sich der Durchgang. Die schwarze, leuchtende Kugel prallte gegen das schwarze Metall, zerfaserte und zog sich mit glühenden Fäden wie ein Spinnennetz über die Fläche. Sie flammte auf und zerfiel zu Staub.
    Doch Thali befand sich nicht mehr in dem Gang. Sie war verschwunden.
    Die Gehörnte lachte wieder.
    Zamorra sah einen Schatten hinter ihr hochfedern. Zamorra glaubte es knacken zu hören. Doch nichts brach. Die Gehörnte knickte nur in den Knien ein und wollte herumfedern.
    Sir Jay schlug noch einmal zu, mit, wie es schien, noch größerer Kraft.
    Die Gehörnte brach zusammen.
    Sir Jay griff zu, fing ihren Sturz ab und schleuderte sie Zamorra entgegen.
    »Da«, sagte er. »Hole dir zurück, was dein ist.«
    Instinktiv packte der Meister des Übersinnlichen zu und ließ die Gehörnte langsam zu Boden sinken. Neben ihr kniete er nieder und starrte sie