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0236 - Ich ging in die Höhle des Löwen

0236 - Ich ging in die Höhle des Löwen

Titel: 0236 - Ich ging in die Höhle des Löwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ich ging in die Höhle des Löwen
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dröhnten die Bagger. Ich glaube, ich sagte schon, daß dort mit Hochdruck neue Bungalows für die Ingenieure des Projektes im Gebirge gebaut wurden.
    Ich wälzte mich wütend auf die andere Seite, aber der Maschinenkrach machte es unmöglich, noch ein Auge zu schließen. Fluchend stand ich auf. Verdammt, ich hätte noch mindestens ein Dutzend Stunden Schlaf gebraucht. Die Sache mit Slim Bred hatte letzten Endes noch ’ne Masse Arbeit gefordert, und fast der ganze Rest der Nacht war damit draufgegangen.
    Ich braute mir in der kleinen Küche einen vierfachen Mokka, und als ich ihn mir einverleibt hatte, schien es mir, als könnte ich wenigstens wieder ein wenig nachdenken.
    Wo setzte ich den nächsten Hebel an? Bei Sharkey? Bei dem war sicherlich nicht viel zu holen. Walbrun? Hatte Bred nicht gesagt, der dicke Polizeichef wäre pleite?
    Blieb also nur Allan Ruster. — Ich nahm an, daß er durch den Polizeichef über alle Vorgänge informiert worden war. Sein Verdacht, ich könnte ein getarnter G.-man sein, mußte durch die Ereignisse zerstreut worden sein. Andererseits war es für ihn ebenso nötig wie für den Polizeichef, sich mit mir zu einigen. Wenn er mich am Anfang dieser Geschichte nur für einen Mann gehalten hatte, der in seinem Revier gewildert hatte, so war ich jetzt wirklich gefährlich, auch für ihn. Stürzte ich Chester Walbrun von seinem Polizeichefsockel, so verlor Ruster den Mann, der seine Verbrechen gedeckt hatte. Mehr noch, wurde Walbrun verhaftet, so packte er sicher aus, und es war anzunehmen, daß der Dicke viel über Rusters Unternehmen wußte.
    Vor meinem Bungalow fuhr ein Wagen vor. Ich hörte ihn und ging zum Flurfenster.
    Die Mühle war ein weißes, ausländisches Kabriolett, ein Mercedes. Ihm entstieg, in ein graues Schneiderkostüm gehüllt, ein Nichts von einem Hut auf dem blonden Haar und eine große Krokodillederhandtasche unter dem Arm —Miß Lil Print, Charles Walbruns teuere Freundin. Vor dem Hintergrund der dröhnenden Baumaschinen nahm sich ihre Eleganz höchst merkwürdig aus. Sie stöckelte durch den Dreck auf meine Bude zu.
    Ich verließ meinen Beobachtungsplatz und öffnete ihr die Tür. »Gräßlich schmutzig ist es bei Ihnen, Mr. Harrigan«, sagte sie unbefangen und musterte ihre Strümpfe nach Spritzern. Dann erst wandte sie mir ihre Aufmerksamkeit zu, lächelte mich im dritten Grad an und flötete:
    »Darf ich eintreten?«
    Ich nahm ihr die Handtasche ab, öffnete sie und blickte hinein.
    »Was soll das?«
    Ich gab ihr die Tasche zurück.
    »Mir ist es immer unangenehm, wenn ich eine Lady grob behandeln muß, und ich hätte es tun müssen, falls Sie im Laufe der Unterredung auf den Gedanken gekommen wären, ein Schießeisert aus dieser Tasche zu ziehen. Groß genug dazu ist sie. — Deshalb sah ich lieber vorher nach.«
    Sie lachte die Tonleiter hinauf und hinunter.
    »Wie witzig sie sind.« Mit diesen Worten wedelte sie an mir vorüber, und ich hatte Mühe, ihrem Hüftausschlag auszuweichen.
    Im Wohnzimmer sah sie sich mißbilligend um.
    »Wie ungepflegt es hier aussieht«, stellte sie fest und rümpfte die Nase.
    »Ich habe nichts dagegen, wenn Sie sich die Ärmel aufkrempeln und anfangen, Staub zu wischen.«
    »Danke«, antwortete sie. »Solche Arbeit liegt nicht ganz auf meiner Linie.«
    Sie setzte sich in einen Sessel.
    »Haben Sie einen Drink, Less?« fragte sie. Ihr Tempo war atemberaubend. Schon war sie bei meinem Vornamen angelangt.
    »Tut mir leid. Ich komme nie dazu, mir ’ne Flasche aus der Stadt mitzubringen. Dauernd hindern mich irgendwelche Leute an einem ruhigen Heimweg.«
    »Oh«, seufzte sie, »ich hasse Trockenheit. Sie sind wirklich ein schwerer Kunde, Less.«
    »Was wollen Sie mir verkaufen?«
    »Ich komme im Auftrag von Chessie… ich meine von Mr. Walbrun.« Ich fand es großartig, daß sie den Polizeichef Chessie nannte.
    »Mr. Walbrun glaubt, daß zwischen Ihnen und ihm unbedingt eine Unterredung notwendig sei. Ich weiß nicht, um was es sich handelt, aber er…«
    »Unsinn, Sie wissen genau, was los ist, Miß Print. Ich wette, er hat Ihnen sein Herz ausgeschüttet, und außerdem ist ihr Gedächtnis nicht so schlecht, daß Sie sich nicht mehr daran erinnern könnten, daß ich vor vierundzwanzig Stunden noch mit Handschellen vor Walbrun gesessen habe. — Heden Sie also klares Englisch.«
    Sie lächelte immer noch, aber ihre Augen lächelten nicht mit. Diese Frau spielte die Rolle der Luxusfreundin, die nichts anderes im Kopf hat, als Pelze,

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