0237 - Der Hehler, der den Tod verkauft
ist etwas schiefgegangen. Normalerweise müsste Sommerset mit dem Boy schon hier sein. Lange können wir hier nicht mehr warten.«
Er grinste unbehaglich und beobachtete wieder das rege Treiben an der Ecke Fifth Avenue/E.- 96 Street.
Sam Hawthorne und Jimmy Brown, die es sich im Fond des gestohlenen Oldsmobil bequem gemacht hatten, gaben keine Antwort.
Houston nickte weiter: »Wenn uns hier zufällig ein Cop erwischt, dann können wir uns gratulieren. Wahrscheinlich hat der Besitzer des Wagens den Diebstahl schon an ein Polizei-Revier gemeldet. Und die Burschen dort arbeiten verdammt fix.«
Die beiden anderen Gangster gaben noch immer keine Antwort.
Erst nach einer Weile brummte Jimmy Brown: »Nur gut, dass der unbekannte Boss an alles denkt. Ich wäre nicht darauf gekommen, die Bude von dem Stevens oder Stevenson… oder wie der Kerl heißt, überwachen zu lassen.«
***
Die Uhr am Armaturenbrett des altersschwachen Ford zeigte genau acht Uhr vierzig New Yorker Zeit, als Bob Stevenson ein dicker Wattebausch gegen Mund und Nase gepresst wurde.
Der Junge erschrak tödlich.
Dann begann er, sich aus Leibeskräften zu wehren. Er trat um sich, sofern die sitzende Haltung ihm das gestattete, schlug mit seinen kleinen Fäusten hin, wo er traf, versuchte in die große, knochige Hand zu beißen, die den Wattebausch hielt und bäumte sich verzweifelt auf.
Es dauerte nicht lange, dann schwanden Bob die Sinne.
***
»Ich habe die Unterlagen für das Geschäft mit Fulham und Gallanger vergessen. Wir müssen so schnell wie möglich noch einmal nach Hause«, sagte Robert P. Stevenson zu seinem Chauffeur, der ihm die Tür des schwarzen Cadillac aufhielt. »Wie spät ist es jetzt eigentlich, John?«
»Genau acht Uhr vierzig, Sir!« Die Antwort kam kurz und präzise.
»Okay, dann schaffen wir es noch bequem bis zur nächsten Sitzung. Es kann aber nichts schaden, wenn Sie etwas auf die Tube drücken. Ich würde zu Hause gern noch einen Kaffee trinken. Also los, ab geht die Post, John.«
Robert P. Stevenson lehnte sich behaglich in den Polstern seines Wagens zurück, zog eine zusammengefaltete Tageszeitung aus der inneren Jackentasche und begann zu lesen.
Auf der dritten Seite die Nachrichten aus aller Welt brachte, fiel ihm ein Artikel in die Augen, der mit den Worten Sensationelles Kidnapping in Paris überschrieben war. In der Unterzeile hieß es: Die Ehefrau des französischen Seifenkönigs erlitt einen schweren Nervenschock. Noch keine Spur von den Tätern.
»Die armen Leute«, dachte Stevenson laut. »Wie muss ihnen zumute sein.«
»Verzeihen Sir, was sagten Sie?«
Die Stimme des Chauffeurs riss Stevenson aus seinen Gedanken.
»Ach, nichts, John, ich habe nur laut gedacht.« Und nach einer Weile: »Fahren Sie ruhig etwas schneller, John. Ich möchte noch einmal in der Schule vorbeifahren und nach Bob sehen. Ich habe ja tatsächlich keine Ahnung, wie der Bau aussieht, in dem man meinem Sohn das Lesen und Schreiben beibringt.«
***
Evelyn Sommerset kam aus einfachen Verhältnissen. Sie war im New Yorker Stadtteil Brooklyn geboren und hatte zeitlebens kaum etwas anderes gesehen als das Häusermeer der Riesenstadt.
Evelyns Leben war bisher ereignislos verlaufen. Die Eltern starben früh, Evelyn sah sich plötzlich allein auf der Welt und versuchte sofort mit Geschick und etwas Glück sich durchzuschlagen.
Bald bekam sie die Härte des Existenzkampfes voll zu spüren. Sie nahm bald diese, bald jene Stellung an, zog gegen raffinierte Kolleginnen immer den kürzeren, erhielt insgesamt’ achtmal eine Kündigung ihrer Stellung, ohne die Gründe zu erfahren, und stand jedes Mal vor der bangen Frage: Wovon soll ich morgen leben?
Evelyn arbeitete als Tellerwäscherin, Babysitter, Schreibkraft in einem kleinen Büro, ein gutes halbes Dutzend mal als Serviererin, wobei sie sehr unter den Zudringlichkeiten der männlichen Gäste zu leiden hatte.
Zuletzt putzte sie die Scheiben der Kraftfahrzeuge an einer Tankstelle. Bei dieser Gelegenheit lernte sie Frank Sommerset kennen.
Er lud sie ein, und sie nahm die Einladung sofort an, was sonst nicht ihre Art war. Aber Sommerset flößte ihr Vertrauen ein. Und sie hatte sich nicht getäuscht. Es blieb nicht bei der einen Verabredung.
Der schönste Tag in Evelyns Leben war ein Sonntag im August Es war der Tag, an dem sie Frank verlegen und mit roten Ohren in seiner unbeholfenen Art fragte: »Evelyn, weißt du… eigentlich wollte ich dich schon gestern fragen… es ist
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