0237 - Der Hehler, der den Tod verkauft
Tommy Gun getroffen worden. Er musste auf der Stelle tot gewesen sein.
Ich sah die junge Frau an, die mir gegenüber vor dem Schreibtisch saß.
Sie wusste noch nichts von dem Tod ihres Mannes. Nach den Erlebnissen der vergangenen Nacht war sie in einer nervlichen Verfassung, die es nicht zuließ, dass man ihr jetzt die Todesnachricht brachte.
Aber einmal musste sie es erfahren.
Und das war einer der Augenblicke, in denen ich persönlichen Hass gegen jeden Gangster empfand. Immer und immer wieder wurde das Glück vieler Menschen durch die grenzenlose Geldgier der Verbrecher zerstört.
Ich blickte zu Phil, der am Fenster stand, und nickte ihm zu.
Mein Freund verstand sich weit besser als ich darauf, einer Frau die Nachricht vom Tode ihres Mannes beizubringen.
Ich stand auf, entschuldigte mich und ging hinaus. Von dem Office nebenan rief ich einen unserer Ärzte an. Doc Webster war am Apparat. Ich sagte ihm, worum es sich handelte.
»Okay, Jerry«, kam seine Antwort, »ich werde mich sofort um die Frau kümmern und ihr eine beruhigende Spritze geben. Machen Sie sich keine Sorgen. Ich werde sie so behandeln, dass sie den Schock der Nachricht übersteht.«
»Danke, Doc.«
Ich legte auf.
.. .den Schock der Nachricht überstehen, dachte ich.
Ich will den Ereignissen nicht vorgreifen. Doch so viel sei gesagt: Evelyn Sommerset überstand den Schock an diesem Tag. Sie war offenbar mit den Nerven viel zu fertig, als dass ihr die Tragweite der Nachricht völlig zum Bewusstsein kam. Evelyn Sommerset blieb auch am nächsten Tag gefasst.
Am Montagmorgen fand man sie tot in ihrem Bungalow. Sie hatte sich vergiftet. In einem kurzen Abschiedsbrief bekundete sie, dass ein Leben ohne Frank für sie unmöglich sei.
***
Phil sagte: »Okay!«, und legte den Hörer auf die Gabel zurück.
»Jerry, der Chef will uns sprechen.«
Als wir in Mr. Highs Office traten, waren dort bereits ein gutes Dutzend Kollegen versammelt.
Jimmy Reads und Walter Stein, die am Vormittag Robert P. Stevenson aufgesucht hatten, erstatteten soeben einen ausführlichen Bericht.
Mr. High winkte uns zu, forderte uns mit einer Handbewegung auf, Platz zu nehmen und wandte dann seine Aufmerksamkeit wieder Walter Stein zu, der gerade sagte: »Er war völlig fertig. Es hätte nicht viel gefehlt, und er hätte getobt und geschrien. Dann wieder brach er halb zusammen. Hing apathisch in seinem Sessel und wollte nichts hören und nichts sehen. Auf jeden Fall bestand er darauf, dass wir uns nicht einschalten dürfen. Zwar haben sich die Kidnapper wegen des Lösegeldes noch nicht an ihn gewandt. Aber es steht zu erwarten, dass dies bald geschieht. Und Stevenson weiß genau, dass die Kidnapper stets mit dem Tod des Kindes drohen, wenn der Erpresste die Polizei zu Hilfe ruft…«
»Danke, Walter!« Mr. High lehnte sich zurück. Er sah abgespannt aus.
Ich konnte mir denken, was er heute Morgen gedachte hatte, als er von dem Kidnapping erfahren hatte.
Also war der anonyme Anruf, den das FBI in Los Angeles erhalten hatte, doch kein dummer Streich gewesen, sondern grausame Wirklichkeit.
Mr. High ergriff das Wort: »Um die Lage zu skizzieren: sämtliche Bahnhöfe, Flugplätze, Ausfallstraßen etc. werden scharf bewacht. Außerdem erwarte ich im Laufe des Tages Verstärkung aus Washington. Sämtliche Kollegen werden die Überwachung der Bahnhöfe etc. verstärken. Ich glaube allerdings nicht, dass die Gangster versuchen werden, nach Los Angeles zurückzufliegen, falls wir den Inhalt des anonymen Anrufs als richtig unterstellen können und die Gangster somit aus Los Angeles kommen, ausgenommen der vermummte Boss. Wir haben heute Vormittag selbstverständlich sofort den Schuppen 4 im Hafengelände am Dock 62 untersucht. Außer einigen leeren Whiskyflaschen und mehreren Dutzend Fingerabdrücken wurde dort nichts vorgefunden. Die Gangster sind natürlich durch das Verschwinden der Frau gewarnt worden und sind in einen anderen Schlupfwinkel gekrochen. Zurzeit wird das Hafengelände in jener Gegend durchgekämmt. Bis jetzt ohne Erfolg. Die vier Gangster, die uns namentlich bekannt sind, und auch die beiden anderen, deren Beschreibung wir besitzen, sind bei uns nicht registriert. Die Antwort vom Erkennungsdienst Los Angeles, wo die sechs dort bekannt sind, steht zurzeit noch aus. Auch in der Zentralkartei in Washington fahndet man nach ihnen.«
»Werden die Telefonanschlüsse des Millionärs schon überwacht?«, fragte Phil.
»Seit neun Uhr zwanzig. Bis jetzt ist kein
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