0237 - Die drei Sternenbrüder
bringen?"
Yotur bejahte. Der Unsichtbare erklärte sich bereit, Kim und Hess an die Peripherie seines Körpers zu transportieren. Kim setzte durch, daß sie erst nach fünf Stunden wieder zurückgebracht würden. Der Einfachheit halber würde Yotur, der zurückblieb, die Zeit auf seiner Uhr ablesen und dem Neugierigen zu verstehen geben, wann die Frist um war.
Während dieser Verhandlung bemerkte Kim ein gewisses Unbehagen auf der Seite des Unsichtbaren. Er schien den Vorschlägen seiner Gefangenen nicht völlig zu trauen. Es kam Kim so vor, als wisse er, daß seine Wahrnehmungs- und Handlungsfähigkeit sich nur auf einen Teil des riesigen Körpers erstreckte und daß er keinen Einfluß auf Kims und Hess, Handlungen mehr hatte, sobald sie an der Oberfläche abgesetzt waren. In Gedanken verglich Kim ihn mit einem vom Schlagfluß teilweise gelähmten Mann. Er hatte eine vage Vorstellung davon, daß sein Körper in Wirklichkeit viel größer war als der Teil, den er fühlen konnte und beherrschte. Wenn er sich trotzdem auf das Unternehmen einließ, dann schien das zu bedeuten, daß der Hungrige der Nahrung wirklich dringend bedurfte.
Nachdem alle Vereinbarungen getroffen worden waren, benutzte der Unsichtbare seine telekinetischen Fähigkeiten, um Hess und Kim an die Oberfläche des Moby-Körpers zu versetzen. Wie beim erstenmal empfand Kim das Gefühl, als würde er zunächst blitzschnell um die eigene Achse gewirbelt und dann fallengelassen. Mehrere Sekunden lang schien er durch abgrundtiefe Finsternis zu stürzen. Als die Dunkelheit sich schließlich lichtete, sah er ringsum weite Flächen kleiner, glitzernder Kristalle, und über sich das matte, weitgespannte Band des Andromeda-Nebels dehnte.
Hess stand nur drei Meter entfernt. Sie versuchten sich zu orientieren. Dieser Teil der Moby-Oberfläche schien verhältnismäßig eben. Der Boden bestand aus kleingemahlenem Geröll, dessen scharfkantige Brocken im Licht der Sterne glitzerten und funkelten. Zur Rechten, etwa einen Kilometer weit entfernt, erhob sich eine Reihe von Hügeln, manche bis zu fünfhundert Metern über den Grund aufragend. Die Spitzen der Berge, die Kim im Sternenschein funkeln sah, lagen wenigstens drei Kilometer hoch über der Geröllebene, und es gab Hunderte von ihnen, so daß sie an verschiedenen Stellen zu einem leuchtenden Band verschmolzen.
Zur linken Hand und voraus war das Gelände eben, soweit der Blick reichte. Kim suchte den Horizont ab und fand mühelos, was er suchte. Gerade voraus gab es eine breite Zone in der die Sterne nicht bis zur Oberfläche des Mobys herabzureichen schienen. Es mußte dort eine Unebenheit geben, die zu weit entfernt war, als daß das Licht der Sterne erkennbare Reflexe auf ihr erzeugte. Eine Unebenheit, die so weit entfernt war und trotzdem einen so großen Teil des Firmaments bedeckte, mußte von beachtlicher Größe sein.
„Das ist es", sagte Hess und deutete voraus. „Eine der beiden Maulkappen."
Sie standen auf dem Rücken des Mobys. Ihre Blickrichtung wies zum „Kopf" des toten Ungeheuers.
Was den Himmel verdunkelte, war eine der beiden riesigen Gesteinsflächen die zwischen sich das Maul des Mobys einschlossen.
Kim schätzte die Entfernung von seinem Standort bis zu der Stelle, an der das Gelände anzusteigen begann um einen der beiden Kiefer zu formen, auf wenigstens tausend Kilometer. Jeder Versuch, der riesigen Maulöffnung im Laufe der fünf Stunden wesentlich näher zu kommen, war von vornherein aussichtslos. Es mußte ihnen von hier aus gelingen, sich mit der Kaulquappe in Verbindung zu setzen, oder ihr Plan war fehlgeschlagen.
Mit weiten Sprüngen entfernten sie sich von der Stelle, an der der Wißbegierige sie abgesetzt hatte.
Die geringe Schwerkraft erlaubte ihnen sich mit der dreifachen Geschwindigkeit eines irdischen Fußgängers zu bewegen. Sie rannten etwa zwanzig Minuten lang und legten dabei eine Strecke von mehr als zehn Kilometern zurück. Kim war sicher, daß sie sich nun nicht mehr im Einflußbereich des Unsichtbaren befanden. Im Geist markierte er die Richtung, aus der sie gekommen waren, an der charakteristischen Stellung zweier Bergspitzen weit im Hintergrund, damit sie den Rückweg nicht verfehlten. Dann wies er Hess an, mit seiner Handwaffe ein etwa mannsgroßes Stück Fels aus dem Untergrund zu schneiden. Während Hess sich an die Arbeit machte, richtete er die Antennen seines Helmsenders so, daß der größte Teil der Sendeleistung in Blickrichtung abgestrahlt wurde
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