024 - Beim Volk der 13 Inseln
einer der Schleusen des Bunkersystems entdeckt. Smythe vermutete, dass er kurz vor dem Kometeneinschlag in die Rettungsräume geschafft worden war, denn der Typ erinnerte ihn an den Eurocopter EC 240, eine Maschine, mit der er zehn Monate zuvor häufiger zwischen Brüssel, London und Berlin hin und her gependelt war.
In dem Luftfahrzeug fand er ebenfalls eine Wasserstoff-Brennzelle, eine überraschend kleine. Und einen Elektromotor von einer Leistungsstärke, die ihn in Erstaunen versetzt hatte.
Selbst das Navigationssystem war noch intakt. Vermutlich war es im Laufe vieler Jahrzehnte immer wieder aufgerüstet worden.
Oder im Laufe der Jahrhunderte? Smythe wusste, dass die durch den Kometeneinschlag freigesetzte Energie ihn in eine andere Zeit gerissen hatte. Aber er hatte nur eine vage Vorstellung davon, wie viele Jahre seit der Katastrophe tatsächlich vergangen waren. Aufgrund der vielerorts üppigen Fauna und Flora und der fehlenden Eisdecke tippte er auf mindestens vierhundertfünfzig Jahre.
Stundenlang fuhr die Twilight of the Gods durch den Kanal. Gegen Abend blieb die englische Küste hinter ihr zurück. Aus irgendeinem Grund hatte dieser milchgesichtige Mistkerl mit dem verfluchten Lasergewehr gar nicht erst versucht, auf der Insel zu landen. Er schien den Kontinent anzusteuern. »Oder er hat die Kontrolle über mein Maschinchen verloren«, murmelte Smythe.
Vom Radarschirm war der Reflex des Helikopters längst verschwunden. Aber die Impulse des Peilsenders ließen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. »Wo zum Teufel willst du hin, du Albino-Bastard?«
Smythe hockte im Kapitänssessel. Das Schneetreiben hatte seit zwei Stunden aufgehört. Dunkelheit lag nun über dem Meer vor den Fenstern. Kein Problem für die Schiffsnavigation - Smythe dachte nicht daran, die Nacht über zu pausieren.
Zwei seiner verbliebenen Nosfera hielten sich mit ihm auf der Kommandobrücke auf. Smythe hatte ihnen erklärt, welche Kontrollinstrumente sie im Augen behalten und auf was sie achten mussten. Sie arbeiteten schweigend.
»Ich ahne, wo du hinwillst…« Das kurze Gesicht des durchgeknallten Wissenschaftlers verzog sich zu einem Grinsen. »›In Karlskrona wartet er auf mich‹ - hat sie das nicht gesagt, die Schlampe?« Konzentriert betrachtete er das Mimdisplay im grauen Kunststoffgehäuse - ebenfalls eine Beute aus dem Bunker in Le Havre. Der integrierte Chip rechnete die Signale des Peilsenders in Positionskoordinaten um und visualisierte sie.
»O ja, ich glaub, ich weiß, wohin du willst…« Wenn die Berechnungen des Minirechners stimmten, steuerte der Helikopter gerade die Küste des ehemaligen Dänemarks an. »Eine gute Idee, eine wirklich gute Idee…« Smythe lachte meckernd.
Er schaltete auf das Steuerungssystem für den Trilithiumkristall im Körper der Frau um. »Ich erhöhe die Taktfrequenz und geh mit den Ampere bis an die Grenze…« Er drückte auf den Knöpfen des Kombigeräts herum, bis die eingestellte Stromstärke ihn endlich befriedigte. Sein hämisches Kichern erfüllte das Halbdunkel der Kommandobrücke. Einer der Nosfera blickte neugierig von seinen Armaturen auf.
»Der nächste Impuls wird sie nicht töten.« Smythe hob das Gerät. »Oder sagen wir lieber - nicht sofort. Aber ihre Herzkammern werden zu flattern beginnen und sie wird bewusstlos werden - Drax und dieser Grauhaarige werden eine Todkranke mit sich herumschleppen müssen…«
***
Matoona war nur ein Schatten eine Armlänge neben ihr. Ein Schatten, der mit der Trümmerhalde verschwamm, die sie vor dem Treppenaufgang aufgeschichtet hatten. Lusaana sah ihre Augen nicht, aber sie wusste, dass die andere nicht schlief.
Manchmal spürte sie ihre Gedanken. Lusaana konnte lauschen. Ruhige gefasste Gedanken empfing sie. Gedanken eines Menschen, der mit dem Leben abgeschlossen hatte. Keine Furcht hetzten diese Gedankenströme. Dafür waren sie mit Trauer getränkt. Sie legten sich schwer auf Lusaanas Herz und verstärkten den Schmerz ihrer eigenen Trauer.
Trauer um die Kinder.
Lusaana hatte ihre beiden Kleinen mit ihrem Fellmantel eingehüllt. Der Knabe schlief. Der Herzschlag des Mädchens trommelte gegen Lusaanas Brust. Es schlief nicht. Es hörte dem Schaben, Grunzen und Schnaufen zu, das hinter der Steinbarrikade zu hören war. Seit Anbruch der Dunkelheit schon. Manchmal, wenn einer der Steine nachgab und die Brocken gegeneinander rieben, zuckte das Mädchen zusammen und eine Gänsehaut rieselte dann über Lusaanas
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