0240 - Vampir-Kosmetik
die Rückenlehne des Sitzes.
In dieser Haltung blieb er.
Tief, beinahe röchelnd waren seine Atemzüge zu nennen, die aus seinem Mund drangen. Er hatte einen Schock bekommen. Zuerst das gefährliche Rasiermesser an seiner Kehle, dann diese mörderische Fahrt in die Tiefe, das konnte er nicht so leicht verkraften.
Nachdem der Atem nicht mehr so schwer über seine Lippen floß und sich der Herzschlag auch wieder stabilisiert hatte, schaute er sich erst einmal um.
Obwohl er die Augen so weit aufriß wie nur möglich, sah er nichts. Um ihn herum war es stockdunkel wie in einem Grab. Absolut finster. Nicht einmal die berühmte Hand konnte er von seinen Augen sehen. Außerdem hätte er sie nicht anheben können.
Noch etwas fiel ihm auf – die Kälte.
Ja, es war kalt. Kühl und feucht, wie man es von alten Kellern her gewohnt war. Als Kind hatte Clive Brutal in einer Souterainwohnung gelebt, sie war immer feucht gewesen, und in diesem Keller roch es so ähnlich wie damals.
Außerdem lag es auf der Hand, daß man ihn in einen Keller geschafft hatte, die seltsame Reise war schließlich abwärts gegangen.
Aber was wollte man von ihm?
Er dachte an die Rothaarige. Sie hatte ihm versprochen, daß er getötet werden sollte. Allerdings nicht von ihr, sondern von anderen. Lauerten seine Mörder oder Mörderinnen vielleicht in diesem feuchten Keller?
Der Gedanke daran war gar nicht mal so abwegig, obwohl er nichts hörte und erst recht nichts sah.
Allmählich hatte Clive seinen ersten Schock überwunden, und die wahre Natur wurde an die Oberfläche gespült. Verdammt, er war jetzt 52 Jahre alt, hatte sich ein Geschäft aufgebaut, das ihn und seine Mitarbeiter gut ernährte. Er hatte der Konkurrenz getrotzt, allen Stürmen des Geschäftslebens widerstanden, und er wollte sich nicht auf so billige Art und Weise fertigmachen lassen.
Nein, mit ihm nicht!
Von allein konnte er sich nicht befreien, wenigstens sah er da keine Chance, aber er wollte seine nähere Umgebung erkunden, soweit es ihm möglich war.
Die Arme konnte er nicht mehr bewegen, dafür die Beine. Er kantete die Füße rechts und links weg und spürte an beiden Seiten gleichzeitig den Widerstand.
Zunächst war die Berührung nur sacht gewesen, doch Clive Brutal holte kurz aus und prellte seine Füße wieder gegen den Widerstand. Holz war das nicht, das sich ihm da in den Weg stellte, er hatte Erfahrungen mit Materialien, wogegen er gestoßen war, das klang ihm sehr nach Metall.
Clive ruckte so weit auf seinem Sessel vor, wie es möglich war.
Als er die Beine ausgestreckt hielt, fühlte er auch weiterhin den Widerstand, und es war der gleiche geblieben.
Metall, dem Klang nach zu urteilen. Da gab es eigentlich nur eine Lösung.
Schienen!
Ja, vor ihm lag eine Schiene!
Und auf einer Schiene war bestimmt auch der Stuhl in die Tiefe gerutscht, so war diese Schiene vor ihm eine Fortführung der Schräge. Wenn er weiterdachte, kam er zu dem Entschluß, daß dies hier nicht das Ende sein konnte. Der seltsame Sessel würde sicherlich innerhalb des Kellers fortbewegt. Eine Automatik mußte ihn führen.
Aber noch stand er still, die anderen ließen ihn schmoren, sie wußten ja, daß er sich nicht befreien konnte.
Abermals überschwemmten ihn Wut und Zorn. Er öffnete den Mund und schrie: »Verdammt, kommt doch her, ihr verfluchten Weiber! Los, kommt, zeigt euch!«
Seine Stimme war sowieso schon laut, und sie wurde noch lauter, als sie als schauriges Echo durch den Keller hallte, das sich irgendwann einmal verlor.
Clive war in Schweiß gebadet nach diesem ersten Ausbruchversuch. Auch der Klang seiner Stimme hatte sich verflüchtigt, und er schüttelte ein paarmal den Kopf.
Niemand schien ihn gehört zu haben. Wenigstens zeigte sich keiner. Er starrte in die Dunkelheit hinein, in einen stockfinsteren Tunnel, der ihn umgab und ihm vorkam, wie ein gewaltiges schwarzes Loch.
Plötzlich ruckte der Sessel.
Davon wurde Clive Brutal so überrascht, daß er im ersten Augenblick steif sitzenblieb und den Atem anhielt. Er glaubte auch an eine Täuschung, da der Sessel wieder stillstand, doch wenige Sekunden später bebte er erneut.
Und er blieb auch nicht auf seinem Platz.
Als würden ihn unsichtbare Hände anschieben, so glitt er langsam nach vorn.
Nicht sehr sanft, sondern mit Schwingungen verbunden und an einigen Stellen auch ruckweise, aber die Fahrt war nicht mehr aufzuhalten, wenigstens nicht von Clive Brutal.
Er fühlte sich in diesen Momenten noch hilfloser
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