0241 - Der Dämonen-Schneider

Beim nächsten Mal - lebe ich von deiner Kraft, verlaß dich darauf…«
    Und Nicole vernahm seine Worte. Die Furcht tobte in ihr wie ein wildes Tier. Sie wollte nicht auf so elende Weise untergehen!
    Aber es gab keinen Ausweg…
    ***
    Und wieder saß der Dämon Rod Kidney den Gangstem Mills und Stakowsky gegenüber. »Reggins haben die Bullen kassiert«, sagte Mills ruhig. »Es war nicht zu verhindern. Zamorra war nicht allein, das hielt uns auf. Woher wußten Sie, Boß, wo wir ihn in dem Augenblick finden würden?«
    »Ich weiß viele Dinge«, erwiderte Kidney, der den Gangstem den Tip gegeben hatte. Über eine Kristallkugel konnte er zuweilen Zamorras Bewegungen verfolgen. Nicht immer, denn häufig verzerrte sich alles. Es mußten bestimmte Dinge Zusammenkommen, dann klappte es.
    Vorhin hatte es geklappt, und ein Telefonat reichte dann aus, nur hatte Kidney Bill Fleming nicht in Zamorras Nähe gesehen. Aber das machte nun nicht.
    »Das Amulett«, forderte Kidney.
    Mills griff in die Jackentasche und holte die handtellergroße Scheibe mit der zerrissenen Kette hervor. Er legte sie vor den Dämon auf den Tisch.
    Rod Kidney schloß geblendet die Augen. Das Amulett funkelte unerträglich grell.
    »Ganz schöner Klunker«, murmelte Stakowsky und brach damit erstmals sein Schweigen.
    »S’szar pher klagh«, zischte Kidney.
    Die beiden Gangster sahen ihn überrascht an. Kidney streckte die Hand aus. Zwei Finger kreuzten sich zum Hexenzeichen. Das Amulett glühte noch heller auf, pulsierte heftig. »S’zar pher klagh«, wiederholte Kidney dumpf.
    Da erlosch das Leuchten!
    Langsam näherten sich die Hände des Dämons der Silberscheibe, berührten sie ganz vorsichtig, zuckten leicht. Doch dann umschloß Kidney das Amulett und barg es in beiden Händen.
    »Was soll dieser Hokuspokus?« fragte Mills verblüfft.
    Doch Kidney schwieg. Innerlich triumphierte er. Er hafte es geschafft, das Amulett vorübergehend zu neutralisieren! Es griff ihn jetzt nicht an! Für wie lange, konnte er nicht sagen. Aber im Moment war es für ihn unschädlich. Hastig steckte er es ein.
    »Vergeßt es«, befahl er.
    Und das Unglaubliche geschah. Mills und Stakowsky vergaßen, was sie eben gesehen hatten!
    Innerlich lachend zahlte der Dämon den Restlohn für den Diebstahl aus, wohl wissend, daß die beiden Gangster nicht allzulange daran Freude haben würden. Dann erhob er sich.
    »Was ist mit Reggin?« fragte Mills.
    »Um den kümmere ich mich persönlich«, sagte Kidney. »Er wird weder euch noch mich verraten.«
    Dieser Sache war sich Rod Kidney sehr, sehr sicher.
    Er verließ mit raschen, federnden Schritten das Lokal, in welchem sie sich getroffen hatten.
    Rod Kidney, der Dämon, hatte noch einiges zu erledigen!
    ***
    Ich bin ein Idiot, dachte Zamorra und fuhr den Dodge Diplomat an den Straßenrand. Ein kompletter Idiot!
    In Gefahr, weil das Amulett verschwand?
    Mitnichten! Er besaß doch jederzeit die Möglichkeit, es zu sich zurückzuholen!
    Warum also sich übermäßige Sorgen machen? Er schaltete den Motor ab und beschloß, sofort zu tun, was nötig war.
    Zwischen ihm und dem Amulett bestand eine unsichtbare Verbindung. Es gehörte zu ihm, und er gehörte zum Amulett. Zu Nicole war diese Verbindung auch gegeben, aber wesentlich schwächer ausgeprägt. Trotzdem funktionierte es da: wenn Zamorra, oder auch Nicole, das Amulett zu sich rief und es innerhalb einer bestimmten nicht unbeträchtlichen Entfernung war, so kam es auf dem kürzesten Weg zu dem Rufer. Entfernungen spielten ebensowenig eine Rolle wie feste Wände oder Gebirgsmassive. Dabei legte es eine geradezu phänomenale Geschwindigkeit an den Tag.
    Zamorra streckte die Hand leicht vor, um es aufzufangen, wenn es kam. Dann sandte er seinen geistigen Ruf aus.
    Diese Methode hatte noch nie versagt.
    Jeden Moment mußte es auftauchen, widerstandslos von irgendwoher durch Straßen, Häuser und Autos fliegen, ohne sie zu beschädigen, und in Zamorras vorgestreckter Hand landen.
    Doch die Sekunden tröpfelten dahin und wurden zu Minuten, ohne daß etwas geschah.
    Zamorra wiederholte den Ruf!
    Doch das Amulett reagierte wieder nicht! Es kam nicht mehr zu ihm!
    Dafür gab es nur zwei Möglichkeiten. Die eine bestand darin, daß es zu weit entfernt war. Aber selbst der halbe Erdball stellte kaum eine Schwierigkeit dar. Und es so schnell so weit zu entfernen, dazu gehörte mehr als alles, was ein paar Gangster oder auch ein Dämon konnte. Das schaffte nicht einmal der Fürst der Finsternis