0241 - Der Dämonen-Schneider
ist.«
Bill versuchte, sich hochzuschnellen, sank aber wieder zurück; die Wunde schmerzte. »Wieso - auch?« stieß er hervor. »Tot? Zamorra tot?«
Kidney nickte. »Nun«, sagte er. »Sie werden nun sterben, denke ich.«
Seine Hand zuckte vor. Um seine Finger sprühten Funken, als er Bill Flemings Stirn berührte…
***
Zamorra handelte, ohne zu überlegen. Er schnellte sich empor. Seine hochgereckten Fäuste schmetterten gegen das Dach der Liftkabine, hebelten es hoch. Zu seinem Glück handelte es sich um einen jener modernen Lifts, in denen das Dachstück nur lose eingesteckt war, daß man nicht erst stundenlang zu schrauben brauchte. Wäre es anders gewesen, hätte Zamorra nicht einmal den Hauch einer Chance gehabt…
Seine Hände umklammerten den Rand. Mit einer gewaltigen Anstrengung zog er sich hoch, katapultierte sich förmlich aus dem Lift. Neben ihm war die Befestigung, und da hingen die starken Stahltrossen. Er packte sofort zu!
Wie hoch war er noch?
Jeden Moment konnte der Aufprall erfolgen!
Zamorra hangelte sich am Stahlseil empor.
Er kam einen Meter hoch. Da krachte es unter ihm. Mit fürchterlicher Wucht knallte die Liftkabine im Keller auf den Schachtboden und faltete sich zusammen.
Schwingend gab das Stahlseil nach. Aber im gleichen Moment löste Zamorra sich, sprang und erwischte mit den Fingerspitzen die leicht vorspringende Türkante des untersten Kellerausgangs. Eisern hielt er fest, obwohl er glaubte, seine Arme und Finger würden sich in alle Einzelteile zerlegen.
Er sah nach unten. Da schimmerte etwas, das noch knackte und knisterte. Langsam entspannte er sich, ließ sich hinunter. Knapp zehn Zentimeter unter seinen Füßen war das Dach der zertrümmerten Liftkabine. Das Seil hing jetzt schlaff. Daß es nicht über die oberste Umlenkrolle im Dach lief und jetzt herunterknallte, lag am Gegengewicht und bewies Zamorra zugleich, daß nicht das Seil gerissen war, sondern der Antrieb den Geist aufgegeben haben mußte und die Sperren brachen.
Er hatte mehr Glück als Verstand gehabt. Vor allem, daß er mit seinem Sprung nach oben genau die Kabinenhälfte erwischte, an der das Dachteil als Notausgang lose war.
Und wieder spielten Zufall und Glück sofort mit.
Jemand hatte das Krachen gehört und war schon da. Die Sicherheitstür wurde aufgesteuert. Ein junger Mann sah Zamorra entgegen. Er streckte die Hand aus. »Kommen Sie hoch?«
Zamorra nickte und sprang. Er ergriff die ausgestreckte Hand, schrie auf und ließ sich hochziehen. Dann kniete er vor dem Lifteingang und betrachtete seine Finger. Die waren von vorhin aufgeschranrmt und bluteten. Der junge Helfer starrte ihn entsetzt an. Jetzt erst schien er selbst zu begreifen, was vorgefallen war.
»Wie - wie sind Sie denn aus dem Schrottklumpen herausgekommen?« staunte er.
Zamorra verzichtete auf eine Erklärung. Er sah, daß die Schalttafel losgerissen und eine Sicherung überbrückt war; nur so hatte der Mann die Lifttür hier öffnen können.
»Außer mir war keiner drin«, sagte Zamorra und deutete in die Öffnung. »Lassen Sie bitte auskehren.« Dann erhob er sich und eilte davon.
»He, warten Sie! Sie sind verletzt«, rief der Mann hinter ihm her. Zamorra überhörte den Ruf. Sicher, die Finger waren aufgeschrammt, aber er hatte schon stärkere Blessuren überlebt. Und daß seine Kleidung vom geölten Stahlseil schwarz verschmiert war, störte ihn im Moment herzlich wenig.
Er dachte an Bill Fleming.
Und er hatte das Gefühl, daß Bill in höchster Gefahr war. Das Attentat auf Zamorra kam nicht von ungefähr. Zamorra konnte sich an allen zehn Fingern ausrechnen, daß der wohl hilflose Bill Fleming der nächste auf der Liste war.
Er jagte die Treppe hinauf, die nächste, und weiter und weiter…
Und er hoffte, daß er noch nicht zu spät kam…
***
Nicole fror innerlich. Die Ankündigung des Dämons klang noch in ihr nach, daß er sich ihr einmal ganz besonders widmen wolle, um die Sperre in ihr zu zerstören.
Sie ahnte, daß sie dabei alles verlieren würde, was das Menschliche in ihr ausmachte.
Sie war sich dieser Sperre gar nicht mehr bewußt gewesen. Vor langer Zeit hatte Zamorra sie in ihr errichtet. Es gab zu viele Gegner, die die Kunst des Gedankenlesens oder des Hypnotisierens verstanden, und dem wollte Zamorra einen Riegel vorschieben. Es gab bestimmte Geistestechniken, Abschirmungen zu errichten, und Nicole hatte fleißig trainiert. Unterstützt durch das Amulett, hatte Zamorra noch ein wenig nachgeholfen.
Weitere Kostenlose Bücher