0242 - Shengs Racheschwur

Parkettboden. Und ein schweres Gewicht krachte in Zamorras Rücken.
    Zwei Männer in dunklen Gewändern fielen kichernd und schnatternd über ihn her!
    ***
    Nicole brauchte ein paar Sekunden, um ihre Überraschung zu überwinden. Dabei hatte sie Gelegenheit, die Gesichter der beiden Männer zu erkennen. Sie waren irgendwie - leer. Tot. Geistlos.
    Hatte sie es mit Wahnsinnigen zu tun?
    Wenn ja, dann gingen die aber sehr methodisch vor! Einer zwang ihr die Arme auf den Rücken, der andere griff nach ihren Beinen. Sie trat kräftig zu. Mit einem schrillen Schrei flog der Mann zurück, stürzte und blieb am Boden liegen. Da schrie Nicole auch, weil der andere ihr anscheinend die verdrehten Arme brechen wollte. Sie keilte nach hinten aus, verfehlte ihr Ziel.
    Da gab sie dem Druck einfach nach, schnellte sich nach hinten, drängte ihren Gegner an die Wand. Vorher stolperte er noch, ließ locker. Nicole schlug um sich, stieß mit Ellenbogen und Fäusten blindlings zu und ließ dabei ihre Schockwaffe nicht los. Wie eine Katze federte sie herum und löste die Waffe aus.
    Fast erfaßte die Energie noch sie selbst. Wie vom Blitz gefällt brach der Dunkle zusammen.
    Nicole starrte ihn außer Atem an. Was war das für ein Mann? Shengs Diener? Dieser hier konnte ihr vor Ablauf von mindestens einer Stunde nichts sagen. Sie wandte sich dem zweiten zu, der immer noch am Boden kauerte und vor sich hin wimmerte, obgleich der Tritt gar nicht so hart gewesen war.
    Nicole blieb vor ihm stehen, stieß ihn mit der Stiefelspitze an. »Rede, Kerl«, sagte sie. »Was bist du?«
    Der Mann hob den Kopf. Aus seinen Augen rannen Tränen. Er öffnete den Mund, wie um etwas zu sagen, und ein Feuerstrahl fuhr daraus hervor und hätte fast Nicoles Gesicht versengt. Er sprang auf. Sekundenlang sah Nicole ihn wie ein doppelbelichtetes Bild: ein Mann in dunkler Kutte und ein schwarzer Panther. Er schrie, schlug um sich, erreichte sie aber nicht. Wie blind taumelte er an ihr vorbei, schluchzte, fauchte und brach wieder zusammen.
    Allmählich begriff sie.
    Ein Wahnsinniger! Ein Schwarzmagier, der seine Fähigkeiten nicht mehr unter Kontrolle hatte!
    Sie hütete sich, voreilige Schlüsse zu ziehen, entdeckte eine Tür und stürmte darauf zu.
    Eine Sekunde, bevor sie sie erreichte, wurde die Tür aufgestoßen. Das absolute Grauen grinste Nicole mit gebleckten Zähnen an… .
    ***
    Zamorra blieb für ein paar Sekunden ruhig liegen. Er verstand nicht, was die beiden Männer hervorstießen. Sie sprachen schnell und abgehackt und in einer Zamorra unbekannten Sprache - wenn es überhaupt eine Sprache war, und kein haltloses Brabbeln.
    Da stemmte sich Zamorra blitzschnell hoch. Der Kerl, der auf ihm reiten wollte, flog zur Seite. Den anderen erwischte Zamorras Ellenbogen und stieß ihn zurück. Da war der Professor schon wieder auf den Beinen. Er zog den Blaster hervor und richtete ihn auf die beiden Männer.
    »Nicht bewegen!« befahl er.
    Dann bückte er sich und hob sein Amulett auf, das ihm entfallen war. Seine beiden Gegner bewegten sich nicht, aber plötzlich glaubte er nicht mehr daran, daß sie es aus Furcht vor seiner Waffe taten.
    Da war etwas anderes im Spiel. Der Wahnsinn…?
    Sie waren wahnsinnig! Er spürte es, als er ganz kurz mit seinen schwarzen Para-Kräften nach ihren Gedanken tastete. Und da begriff er. Er hatte einmal vor langer Zeit solch ein »leeres« Gehirn gespürt. Das war in jener Dimension, in der Straße der Götter. Ein Adept hatte der Kraft seines Dhyarra-Kristalls nicht standgehalten, und der Dhyarra hatte seinen Geist vernichtet. Das hier - war dasselbe.
    Zamorra pfiff leise durch die Zähne.
    Er zählte durch. Sieben Dunkle waren es… Shengs Helfer bei dem Versuch, den Kristall zu kontrollieren? Dann mußten sie dadurch den Verstand verloren haben. Alle!
    Aber bezog das auch Sheng selbst mit ein?
    Die wahren Hintergründe ahnte Zamorra nicht. Und von den Wahnsinnigen würde er sie nicht erfahren.
    Er sah sich um. Im Moment waren sie mit anderem beschäftigt und dachten nicht daran, ihn anzugreifen. So fand er Zeit, zu erkennen, wo er sich befand.
    Der Raum umfaßte annähernd die gesamte Etage, wenn er sich die Größe des Hauses in Erinnerung rief. Auch hier gab es keine Einrichtungsgegenstände. Daraus war zu schließen, daß es tatsächlich leer stand und der Dämon sich deshalb hier unauffällig eingenistet hatte. Der Boden war mit eigenartigen Zeichnungen bedeckt. Dazwischen waren Schriftsymbole, die Zamorra dem