0243 - Der Henker kam mit 13 Briefen
Vielleicht ist er knapp bei Munition und will nur noch gezielte Schüsse abgeben.«
Im Flüsterton erteilte ich meine Anweisungen. Phil und der Sergeant nickten. Wir hängten uns die Gasmasken um den Hals. Ich machte eine Tränengasbombe wurffertig und legte sie vor mich auf die Stufe. Nachdem ich noch die Maschinenpistole durchgeladen und entsichert hatte, rief ich laut: »Hier spricht das FBI. Sie haben keinerlei Chance mehr, ergeben Sie sich! Werfen Sie Ihre Waffen weg und kommen Sie mit erhobenen Händen an die Galerie vor. Wir geben Ihnen eine Minute Bedenkzeit, dann greifen wir an.« Da geschah etwas völlig Unerwartetes. Schritte kamen durch den Korridor aufs Treppenhaus zu, und eine Stimme kreischte in höchster Angst: »Nicht schießen! Nicht schießen! Gott sei Dank, endlich ist die Polizei da!«
Wenn der Gangster glaubte, er könne uns durch einen solch faulen Trick aufs Kreuz legen, war er schwer auf dem Holzweg. Wir rissen unsere entsicherten Waffen hoch und zielten auf die Galerie am oberen Ende der Treppe, wo jeden Moment der Ganove erscheinen musste.
Nun folgte die zweite Überraschung. Kaum war das verstörte Gesicht eines Mannes über dem Geländer aufgetaucht, da schrie auch der Sergeant: »Um Himmels willen, nicht schießen! Das ist ja Mister Chatter! In drei Teufels Namen, was tun Sie denn hier?«
»Was, Sergeant, Sie kennen den Mann?«, fragte ich verblüfft.
»Aber natürlich!«, erwiderte der Beamte fast beleidigt. »Das ist doch Mister Jones Chatter vom Detektivbüro Argus in der Clinton Street.« Er wandte sich an den Mann, der sich erschöpft auf der obersten Stufe niedergelassen hatte: »Mister Chatter, wo ist der Gangster geblieben? Noch in der Wohnung?«
Der seltsame Detektiv streckte seinen Kopf - er war rund und blank wie eine Billardkugel - vor und deutete wortlos auf den toten Crewell.
»Dummes Zeug!«, knurrte der Sergeant unwirsch. »Ich meine doch nicht Crewell, sondern den, der ihn über den Haufen geschossen hat!«
»Das war ich!«, verkündete Chatter ein wenig verlegen, aber doch nicht ohne Stolz.
Mich warf es beinahe die Treppe hinunter. Da hatten wir, zwei erfahrene G-men, doch tatsächlich einen waschechten Detektiv nach allen Regeln der Kriegskunst belagert, und es hätte nicht viel gefehlt, dann hätten wir ihm mit Unterstützung der City Police noch tüchtig die Hölle heiß gemacht. Aber die Handlungsweise dieses Mr. Chatter wollte mir gar nicht gefallen.
»Mister Chatter«, fuhr ich den Privatdetektiv an, »da werden Sie mir einiges erklären müssen. Wie kommen Sie eigentlich dazu, einen halb angezogenen, unbewaffneten Mann von hinten mit einer Maschinenpistole zu erschießen? Ich bezweifle sehr, dass Ihr Waffenschein für eine Tommy Gun ausgestellt wurde!«
Chatter wischte sich mit dem Handrücken über die Glatze.
»Hören Sie, G-man, die Sache war folgendermaßen: Ich erhielt einen anonymen Anruf, dass ein gewisser Burk Crewell, wohnhaft Doughty Street Nr. 3, IV. Stock, an dem Mordüberfall auf den Postwaggon des Express 472 beteiligt gewesen sei. Ich beschloss, der Sache auf 34 den Grund zu gdhen, und rückte hier an, um diesem Crewell auf den Zahn zu fühlen. Warum auch nicht?«
»Mister Chatter, reden Sie weiter!«, sagte Phil.
»Natürlich. Ich geh also hier ’rauf und klingle den Kerl aus dem Bett.«
Ich stach mit dem Zeigefinger nach Chatter und fixierte ihn scharf.
»Woher wissen Sie, dass Crewell im Bett lag?«
»Soll das ein Verhör sein?«, fragte der Privatdetektiv indigniert.
»Haben Sie Grund, dies anzunehmen?«
»Natürlich nicht. Aber der scharfe Ton Ihrer Frage klang ganz danach. Ich habe Crewell zwar nicht im Bett liegen sehen, aber er kam im Pyjama und ziemlich verschlafen an die Tür. Ich setzte ihm sofort die Pistole auf die Brust und erklärte ihn für verhaftet. Crewell sah mich entsetzt an. Er hatte sich jedoch schnell wieder in der Gewalt und protestierte heftig. Als ich ihm seine Beteiligung an dem Überfall auf den Postwaggon auf den Kopf zusagte, gab er klein bei und fragte noch, ob er sich anziehen dürfe. Während Crewell sich aufs Bett setzte und sich ankleidete, achtete ich besonders darauf, dass er nicht zu einer Waffe griff, etwa unters Kopfkissen. Plötzlich warf er mir die Bettdecke entgegen. Für einige Augenblicke sah ich überhaupt nichts mehr und hörte nur noch die Tür zuknallen und das Schloss zuschnappen. Der Ganove hatte durch die zweite Tür des Schlafzimmers das Weite gesucht. Als ich mich von der
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