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0243 - Der Henker kam mit 13 Briefen

0243 - Der Henker kam mit 13 Briefen

Titel: 0243 - Der Henker kam mit 13 Briefen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Henker kam mit 13 Briefen
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widersprach ich. »Es könnte eine Art Alibi sein, die eigene Post klauen zu lassen. Oder…«, mir kam ein ganz verrückter Gedanke, »Snyder konnte den Detektiv aufgrund des erbeuteten Schreibens zum Mord an Crewell nötigen!«
    Mr. High hatte in irgendwelchen Akten geblättert. Jetzt sah er überrascht auf.
    »Donnerwetter, das wäre ja ein ganz neuer Gesichtspunkt. Jerry, Ihre Ansicht hat einiges für sich. Dann könnte es sich bei dem verschwundenen Schreiben der Gesandtschaft ebenfalls um einen kompromittierenden Privatbrief eines Diplomaten handeln. Es ist ja auch zu unwahrscheinlich, dass erfahrene Diplomaten Geheimpapiere mit der gewöhnlichen Post verschickt haben sollen. Aber wenn Ihre Theorie stimmt, Jerry, dann haben wir es mit einer ebenso hässlichen wie schwierigen Affäre zu tun: Erpressung in größtem Stil!«
    Weiß der Himmel, Mr. High hatte recht.
    Der teuflische Rollstuhl-Trick und Erpressung, das passte genau zu dem Charakter Snyders. Für solche Typen habe ich nicht die geringste Sympathie, sie sind durch und durch schlecht und ohne den kleinsten Funken menschlicher Regungen. Aber eines war gewiss; diesem Snyder und Konsorten würden wir das Handwerk legen!
    Wir verabschiedeten uns vom Chef und kehrten in unser Büro zurück. Die nächsten Stunden glichen der Arbeit eines Generalstabs. Für drei Aufgaben galt es zu planen, Leute einzuteilen und loszuschicken: erstens die Geschäfte für orthopädische Artikel zu besuchen und nach dem Käufer des Rollstuhls zu fragen (unser Fotolabor stellte hierfür noch etliche Kopien der Aufnahmen Millers her), zweitens die Chevrolet-Garagen abzuklappern, um nach dem Rizinusöl fahrenden Wägen zu forschen, und drittens Mr. Chatter zu überwachen (der erste Bescheid lautete negativ; der Argus-Chef hatte Büro und Wohnung verlassen).
    ***
    Das Postamt in der Church Street Nr. 90 ist das einzige in New York, das gleich für zwei Bezirke zuständig ist, 38 nämlich für den Bezirk 6 (Trinity) und 7 (Church Street) im Süden von Manhattan. In dieser Zone liegen sowohl rund eine Meile Broadway, also eine Ansammlung der exklusivsten und teuersten Geschäfte, als auch die City Hall mit dem Bürgermeisteramt, dem Finanzausschuss der Stadt und andere kommunale Verwaltungsbehörden, sowie das Gerichtsgebäude. Es liegt auf der Hand, dass durch das Post-Office in der Church Street eine Unzahl höchst wichtiger Sendungen geht, die überdies nicht für jedermanns Auge bestimmt sind.
    Abends, kurz nach achtzehn Uhr, herrscht auf dem Hof dieses Postamts ein unvorstellbarer Betrieb. Die riesigen Mengen der Abendpost müssen in Lastwagen verstaut werden, je nach Bestimmung, zur Pennsylvania Station oder zum Grand Central Terminal an die Bahn gebracht werden.
    Am 17. August war alles wie sonst, wenn man einen winzigen Unterschied außer Acht ließ: Zwischen den Reihen der fahrbereiten Postautos trieb sich ein Individuum herum, das man noch nie zuvor dort gesehen hatte. Der Mann war von klapperdürrer, hagerer Gestalt, um den die Postbotenuniform regelrecht schlotterte. Der Kopf erinnerte an einen Totenschädel.
    Auch war es ganz ungewöhnlich, dass der Mann eine große Briefträgertasche umgehängt hatte, denn die Briefträger waren längst unterwegs, überdies hatten sie im Hof des Fahrzeugparks überhaupt nichts zu suchen.
    Die Wagen rollten vom Hof und kurvten in den West-Broadway ein, um nach Norden zu den Bahnhöfen zu fahren. Einige dieser mächtigen Fahrzeuge waren gepanzert und mit bewaffneten Männern besetzt; in ihnen wurden beträchtliche Geldsummen oder auch wertvolle Schmuckstücke transportiert. Die Mehrzahl der Postautos hatten jedoch nur einen geschlossenen Kastenaufbau aus dünnem Aluminiumblech sowie unbewaffnete Beamte als Begleitpersonal. Eine besondere Vorsicht schien überflüssig. Noch niemals hatten sich Gangster für gewöhnliche Postsendungen interessiert.
    Bis auf einen hatten alle Wagen bereits den Hof verlassen. Aber nun war auch der letzte Postsack eingeladen, die Liste der eingeschriebenen Sendungen wurde abgezeichnet, der Fahrer ließ den schweren Motor an. Die beiden Begleitbeamten schwangen sich in den Transportraum. Noch ehe sie die Tür hinter sich zugezogen hatten, fuhr das Fahrzeug an.
    In diesem Moment enterte der hagere Postbote mit einem kühnen Satz durch die halb offene Tür in den Wagen. Die beiden Beamten waren völlig überrascht. Es war nicht erlaubt, irgendjemanden auf diesen Fahrten mitzunehmen, auch keine Kollegen. Robby

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