0244 - Der Eulenmann
der Wirt seine Antwort in Worte kleiden. Er deutete in Richtung Nevers und knurrte: »Da.«
Bei der Hochstimmung verkniff sich Jacques den Wunsch, sich besonders höflich zu verabschieden und knallte die Tür deshalb besonders laut zu.
Dann sprang er wieder in seinen Peugeot und gab Gas.
Richtung Nevers?
Was wollte Zamorra in Nevers? Sich mit dem Kommissar unterhalten? Jacques griff zum Funkgerät Lind rief durch.
Beim dritten Versuch meldete sich der Kommissar.
»Chef, ist Zamorra bei Ihnen aufgekreuzt?«
»Nee… aber ich wollte gerade im Gasthof anrufen, ob er noch da ist!«
»Können Sie sich sparen. Er fuhr Richtung Nevers, und Lenoir ist tatsächlich hinter ihm her wie der Teufel hinter der armen Seele…«
Es klang in seinen Ohren noch lange nach, dieser Satz, und dabei ahnte Jacques nicht einmal, wie lang die Finger des Teufels wirklich waren, der nach armen Seelen angelt…
***
Als Zamorra aus seiner Bewußtlosigkeit erwachte, sah er über sich nur blauen Himmel und ein paar friedlich dahinziehende Wolken. Weniger friedlich war der bohrende und nagende Schmerz in seinem Nacken.
Der Teufel soil’s holen, dachte Zamorra grimmig. Immer auf die Kleinen, und immer auf dieselbe Stelle!
Da meldete sich der Teufel schon und kicherte. »Na, Dämonenknecht, aufgewacht?«
Die Stimme kannte er doch! Aber -Teufel oder Lenoir, groß schien der Unterschied in diesen Tagen nicht zu sein. Zamorra hob mühsam den Kopf, kämpfte die Schmerzwelle nieder und sah Lenoir, der auf dem Fahrersitz von Zamorras Wagen hockte, das Gewehr schußbereit in der Hand und auf Zamorra gerichtet.
Diesmal hatte er in seinem angeschlagenen Zustand nicht die geringste Chance.
Sie befanden sich irgendwo in freier Landschaft. Zamorra sah sich um. Weit und breit war keine Behausung zu sehen. Nicht einmal die Dunstwolke einer hinter Hügeln liegenden Stadt. Hügel, Felder, Wiesen, Büsche und Bäume… und Zamorra roch Wasser.
Er richtete sich noch weiter auf und sah den breiten Strom, das mußte die Loire sein.
»Soll ich dich hineintauchen?« fragte Lenoir kichernd. »Dämonen mögen kein fließendes Wasser, stimmt’s?«
»Idiot«, murmelte der Professor. »Das gilt für Vampire, du Troll. Was ist jetzt? Bist du zufrieden?«
»Noch nicht ganz«, kicherte Lenoir.
»Entführung«, sagte Zamorra und wollte ganz aufstehen. Er versuchte den Nackenschmerz zu ignoieren, aber so ganz ging das nicht. Er verzog das Gesicht. Der Schweiß brach ihm aus den Poren. »Das ist eine böse Sache, mein Junge, weil sie außerordentlich strafbar ist. Und noch strafbarer ist bewaffneter Menschenraub. Leg die Töte weg, und wir fahren zurück. Dann will ich die Sache vergessen.«
»Aber ich vergesse nichts«, sagte Lenoir schrill. »Ich vergesse nie mehr etwas. Du gehörst zu dem Monstrum, das Frances umgebracht hat, und du wolltest gestern mich umbringen. Heute bringe ich dich um.«
Zamorra kam langsam hoch.
»Liegenbleiben«, drohte Lenoir. »Wenn ich schieße, treffe ich gewöhnlich recht gut.«
»Wenn du mich umbringen wolltest, hättest du das viel einfacher haben können«, seufzte Zamorra. »Also, raus mit der Sprache. Was soll diese Dummdeubelei?«
»Du wirst mir verraten, wo sich dein Komplize, der Mörder, verborgen hält.«
Zamorra wollte lachen, aber der Schmerz in seinem Nacken ließ das nicht zu.
»Du bist verrückt, Junge. Das möchte ich selber gern wissen! Ich will das Biest unschädlich machen.«
»Schwätzer. Mich legst du nicht herein.« Philippe lachte schrill. »Du wirst es mir verraten, bevor du stirbst! Und glaube nicht, du kämst mir davon! In dieser Waffe stecken geweihte Silberkugeln!«
Der meint es ernst, durchzuckte es Zamorra. Der hält mich tatsächlich für einen Schwarzblütigen!
Mann, würde der staunen, wenn er Nicoles Blut sähe…
»Los, rede! Wo ist dein Komplize?« schrie Philippe.
Zamorra atmete tief durch und schwieg. Wie sollte er einem Verrückten etwas klar machen? Er sah sich nach allen Seiten um. Es gab keine Deckungmöglichkeit, und Lenoir war zu weit von ihm entfernt. Er würde ihn auf jeden Fall mit einer Kugel erwischen und zumindest verwunden. Zamorra erahnte das Kaliber der Waffe. Allein der Kugeleinschlag würde ihm in seinem augenblicklichen Zustand das Bewußtsein nehmen. Und dann war alles vorbei.
Er sah keine Mögichkeit mehr, zu entkommen. Sicher, wenn er wirklich ein dämonisches Wesen wäre, böte ihm das Entkommen keine Schwierigkeiten. Aber er war nun einmal trotz allem ein
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