0244 - Stahlschmuck für den Massenmörder
keine Detectives der Stadtpolizei zum Schutz der Geschworenen abgestellt hatten.
Eigentlich war ja alles glatt gegangen, bis…
Suller blieb stehen und zog das Messer heraus. Die schmale Klinge war so lang wie eine ausgewachsene Männerhand. Beide Seiten der Klinge waren rasiermesserscharf. Die Spitze lief lang aus und war stark genug, durch die Schwarte einer fünfjährigen Wildsau zu dringen.
Das Messer…
»Verdammt!« Dem alten Mann fiel es plötzlich wie Schuppen von den Augen. Dann setzte Humphrey Suller sich in Trab, und die alten Beine taten es noch recht gut. Unmittelbar am nächsten Ausgang des Central Parks erwischte er ein Taxi.
Als Suller eine halbe Stunde später seine Wohnung betrat, staunte der in der Diele sitzende Cop nicht schlecht.
»Donnerwetter, Mister Suller, wo kommen Sie denn her? Ich dachte, Sie sind in Ihrem Schlafzimmer?«
»Reden Sie jetzt nicht, junger Mann. Ich bin heute um Haaresbreite noch einmal davongekommen.«
»Von was sind Sie davongekommen?«
»Hier!« Suller steckte dem Uniformierten das schmale Wurfmesser entgegen. »Ganz knapp muss das Ding an meinem Genick vorbeigezischt sein. Wenn nicht zufällig das Sahnebonbon…«
»Zum Teufel, was für ein Sahnebonbon?«
Der Polizist sah den Geschworenen an, als habe dieser soeben erklärt, er wolle eine Besteigung des Mount Everest per Fahrrad unternehmen.
»Unterbrechen Sie mich nicht dauernd, junger Freund, Also, die Sache war so…«
Suller erzählte seinem Beschützer die Geschichte, und als er geendet hatte, sagte dieser: »Es wird Zeit, dass wir die Leute von der Detective-Abteilung benachrichtigen.«
Über Sullers Telefon war schnell eine Verbindung hergestellt. Der Leiter der Mordkommission des zuständigen Reviers nahm die Meldung entgegen und veranlasste alles Notwendige. Eingeleitet wurde die Aktion damit, dass der Captain der Mordkommission die Nummer LE 57700 wählte und wartete, bis sich die sonore Männerstimme mit den Worten meldete: »FBI, Federal Bureau of Investigation!«
***
Nora Flynn gehörte zu jenen eleganten jungen Damen, die sich ihr Äußeres etwas kosten lassen. Für Kosmetik, maßgeschneiderte Textilien und Schmuck gab die junge Dame bestimmt mehr aus, als ihrem Portemonnaie gut tat.- Als wir Nora Flynn das erste Mal gesehen hatte, war sie in ein grünes Kostüm gehüllt gewesen. Heute trug sie sehr viel und sehr teuren Schmuck. Auch in Grün. Mochte der Teufel wissen, was das für Steine waren, die sie an Hals, Ohren, Fingern und Handgelenken in Ohrringe, Broschen, Ketten und Armbänder gearbeitet, trug.
Was mir lediglich auffiel, war Noras großes Interesse für grüne Steine, wie überhaupt das Grün in allen Schattierungen ihre Lieblingsfarbe zu sein schien. Während der nächsten Tage, als diese Entdeckung zur Gewissheit für mich geworden war, habe ich Nora danach geiragt.
Sie gab mir eine einleuchtende Antwort: »Warum ich soviel Grün trage, Agent Cotton? Nun: Grün ist in dieser Saison die von der Mode diktierte Farbe!«
Ich gab mich damit zufrieden, obwohl mir das bisher noch nicht aufgefallen war.
Am Nachmittag des 14. August aber, als wir gerade den Mordanschlag überstanden hatten und mit den Detectives Warner und Spencer das Haus betraten, galt mein erstes Interesse nicht den grünen Schmuckstücken, sondern dem Gesundheitszustand der jungen Dame.
Damit aber konnte ich ganz zufrieden sein, denn Nora saß quietschvergnügt in einem Sessel, hatte ein ziemlich hoch gefülltes Glas mit Whisky vor sich stehen und blickte uns erwartungsvoll entgegen.
»Na, so schlimm kann der Mordversuch ja nicht gewesen sein«, sagte ich, nachdem wir uns begrüßt hatten.
»Erzählen Sie uns bitte noch mal alle Einzelheiten!«
»Oh, Mister Cotton.« Sie spielte das verängstigte kleine Mädchen und rollte entsetzt mit den braunen Rehaugen. »Ich habe mich ganz jämmerlich gefürchtet. Es kam so plötzlich, und als es dann zitternd stecken blieb…«
Sie war wie umgewandelt, während man gestern noch vernünftig mit ihr reden konnte, benahm sie sich heute wie ein Teenager, dem es darum geht, mit vier Polizeibeamten um jeden Preis zu flirten. Von der wutschnaubenden Rachegöttin des gestrigen Tages war nichts mehr geblieben. Das allerdings war sehr beruhigend für mich.
Sehr zu Unrecht, wie sich herausstellen sollte. Nora war nämlich eine der raffiniertesten Schauspielerinnen, die mir je begegnet sind. Und wir gingen ihr so gründlich auf den Leim, dass wir eigentlich bis zu den Knien in
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