0245 - Verdammt und begraben
Mann geworden.
»Ich mußte es tun«, sprach ich weiter, wobei ich meine Stimme kaum erkannte. »Es hat keine andere Möglichkeit gegeben…«
»Nein, John Sinclair, nein!« Er schüttelte den Kopf, sein gesamter Körper bebte, dann riß er den rechten Arm hoch und plötzlich zeigte die Spitze des Pfahls auf mich. Ich wußte plötzlich, was sich in seinem Kopf festgesetzt hatte.
Er wollte mich pfählen!
Wieder drang ein irrer, kaum menschlich zu bezeichnender Schrei aus seiner Kehle, ein Gefühl aus dem furchtbaren Schmerz heraus geboren, und er warf sich vor.
Wenn er eine Pistole gehabt hätte, er hätte es vielleicht damit versucht. So blieb ihm nur der Pfahl, der drohend und gefährlich vor meinem Gesicht auftauchte.
Er rammte ihn nach vorn.
Schräg fuhr er auf mich zu. Auf meine Brust hatte Marek gezielt, doch ich drehte mich zur Seite, duckte mich gleichzeitig, und mir gelang es, so dem Stoß des Pfahls zu entgehen.
Marek fiel gegen mich. Ich nahm beide Hände zu Hilfe und stieß ihn von mir weg.
Er taumelte zurück, drehte sich und war sofort wieder angriffsbereit. Diesmal jedoch konterte ich. Es tat mir zwar leid, aber ich sah keine andere Möglichkeit. Mit der flachen Hand schlug ich zu. Sie traf die Wange des Pfählers und schüttelte ihn durch. Er verlor für Sekunden die Übersicht, kassierte einen zweiten Schlag, und sofort riß ich ihm den Pfahl aus der Hand und schleuderte ihn zu Boden.
Marek taumelte zurück. Er geriet in die Nähe des Hauses und stieß mit dein Rücken gegen die Wand.
Ich ging ihm nach.
Marek rührte sich nicht. Er stand vornübergebeugt da und hatte auch den Kopf gesenkt. Als ich näherkam, da hörte ich, wie er weinte. Ich legte ihm die Hand auf die Schulter, denn auch mir war zum Weinen zumute, suchte nach Worten, um ihn zu trösten.
Mir fielen einfach keine ein. Es war so verflucht schwer, die passenden Sätze zu finden.
Ich hörte Schritte.
Suko und der Bürgermeister näherten sich uns. Mein Freund hatte den Pfahl aufgehoben. Er hielt ihn in der rechten Hand. Sukos Gesicht zeigte einen besorgten Ausdruck, während Mirca zu Boden blickte. Seine Hände schlossen und öffneten sich krampfhaft.
Frantisek Marek hob den Kopf. Er schaute mich an, zuckte mit den Schultern und rieb über sein Gesicht. »Ich… Ich muß mich entschuldigen. John, es tut mir leid, aber ich wußte auch nicht, wie das plötzlich alles über mich gekommen …«
»Du brauchst nichts zu sagen«, erklärte ich. »Nichts brauchst du zu sagen, wirklich…«
»Sie ist tot, nicht?«
»Ja.«
Er holte ein paarmal tief Luft. »Ich… ich habe sie mir genau angesehen. Du hast es mit einem Eichenbolzen oder etwas Ähnlichem gemacht. Das muß einen Grund gehabt haben. War sie ein …«
Ich nickte. »Ja, Frantisek. Deine Frau ist zu einem Vampir geworden. Mir blieb keine andere Möglichkeit, glaub mir.«
Er nickte. »Ich weiß«, flüsterte er dann. »Ich weiß es so genau. Ich kenne die Blutsauger.« Er streckte seinen Arm aus und legte mir die Hand auf die Schulter. »Es tut mir leid, John Sinclair, daß ich mich vergessen habe. Aber erst der tote Freund, jetzt die Frau, das war einfach zu viel für mich. Wie… wie ist es denn passiert?« wollte er wissen.
Ich berichtete.
Marek hörte genau zu. Er stellte keine Zwischenfragen, sondern schüttelte nur den Kopf. Zum Schluß meinte er: »Marie hatte nie etwas damit zu tun. Sie war unschuldig.«
»Darauf nehmen Vampire keine Rücksicht«, erklärte ich ihm. »Das hast du ja des öfteren erlebt.«
»Nur Marie…« Er schüttelte seinen Kopf, dann fragte er: »Wer hat es denn getan?«
»Ich habe keine Ahnung.«
»Weshalb seid ihr dann gekommen?«
»Sollen wir das nicht im Haus besprechen?«
Marek nickte. »Ja, ich will auch bei meiner Frau bleiben.« Dann zeigte er auf den Wagen. »Aber da ist noch Stephan. Ihn müßte man…«
»Darum kümmere ich mich«, erklärte der Bürgermeister. »Ich sage dem Einsarger Bescheid.«
»Danke.«
»Er ist in seine eigene Falle getappt«, murmelte Marek. »Ich konnte es nicht verhindern. Stephan war eben zu unvorsichtig, da hat ihn der Pfeil getroffen.«
»Welch eine Falle?« wollte Suko wissen. Auch der Bürgermeister hörte noch gespannt zu.
»Für einen Vampir. Wir wollten Baron von Leppe fangen.«
»Den will ich auch«, sagte ich.
»Vielleicht ist er tot. Vielleicht gibt es ihn. Keiner kann etwas sagen, ich jedenfalls weiß es auch nicht. Wir haben einen Blutsauger erwischt. Von Leppe aber war es
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