0245 - Verdammt und begraben
sein.
»Hat es schon etwas gegeben?« erkundigte sich Jarek, als er vor uns stehenblieb.
»Nein, wir warten noch.«
»Die ganze Nacht?«
»Möglich.«
Jarek strich über sein Gesicht. »Gut, dann werde ich mir ein Gasthaus suchen, um mich aufzuwärmen. Ich brauche auch einen kleinen Schluck, das ist immer gut.«
Dagegen hatte ich etwas. »Nein, Sie bleiben bei Ihrem Hubschrauber. Es kann sein, daß wir in der Nacht noch losmüssen.«
Da lachte er und deutete in die Runde. »Bei dem Nebel müßten Sie schon selbst fliegen.«
»Notfalls machen wir das auch«, bemerkte Suko.
»Supermann?« fragte Jarek.
»Batman«, erwiderte mein Freund und Kollege.
Darauf erwiderte Jarek nichts Direktes. Er sagte nur: »Ich verschwinde trotzdem in Richtung Gasthaus. Schnaps werde ich nicht trinken.« Er nickte uns zu und ging.
»Seltsamer Kauz«, sagte Suko.
Dann kam der Bürgermeister. Er schälte sich aus dem Dunst, der Atem ging schnell und heftig. Wir sahen ihm an, daß er den Schock noch immer nicht überwunden hatte.
»Wissen Sie mehr?« fragte Suko.
»Ja, ja. Marek ist tatsächlich nicht da. Er ist weggefahren.«
»Und wohin?«
Jetzt verzog der Mann sein Gesicht, als hätte er in eine Zitrone gebissen. »In den Wald zu seinem Freund Stephan, dem Köhler. Die beiden wollen Vampire jagen.«
Suko und ich waren überrascht. Eine Weile sagten wir nichts, bis Suko schließlich über sein Haar strich und den Kopf schüttelte. »Das gibt es doch nicht. Marek will im Wald Vampire jagen, und hier in Petrila laufen sie herum.«
»So ist es aber.«
Ich fragte konkreter. »Wen wollte er denn jagen?«
»Keine Ahnung.«
»Und wer hat Ihnen das gesagt?«
»Sein Gehilfe. Als Marek wegging, hat er hinterlassen, wen er treffen will. Das war es.«
»Wohnt dieser Stephan weit von hier?«
Der Bürgermeister schüttelte den Kopf und nickte sofort nach.
»Bei dem Nebel werden selbst kurze Entfernungen zu einer weiten Strecke. Sie würden sich verirren.«
»Dann kann es also noch dauern«, bemerkte ich.
»Möglich.«
Da es still innerhalb der Ortschaft war, hörten wir auch das Geräusch eines fahrenden Wagens. Es erklang von uns aus gesehen rechts auf. Wir drehten automatisch die Köpfe, starrten in die graue Nebelwand und sahen zwei tanzende, gelblich schimmernde Flecken, die sich uns näherten.
»Vielleicht ist er das«, sagte der Bürgermeister.
Ich war erstaunt. »Wieso? Hat der alte Marek einen Wagen?«
»Ja, einen Lada.«
»Seit wann?«
»Keine Ahnung.«
Es war tatsächlich Frantisek Marek. Der Wagen wurde quer über die Straße gelenkt und auf den kleinen Platz vor dem Anbau zugesteuert. Wippend kam der Fiat zur Ruhe. Die Tür wurde aufgestoßen, ein Mann in dunkler Kleidung verließ das Fahrzeug. Am gebeugten Rücken erkannte ich auch von hinten den alten Marek.
In meinem Magen hatte sich ein Kloß gebildet. Ich wußte nicht, wie ich Marek sagen sollte, was mit seiner Frau passiert war.
Schließlich hatte ich sie getötet.
Aber das war nicht der richtige Ausdruck. Man mußte schon sagen erlöst.
Frantisek Marek warf die Tür ins Schloß. Es gab einen dumpfen Knall. Der Pfähler drehte sich um, weil er die hintere Tür des Autos öffnen wollte.
Da traten wir aus dem Nebel.
Wir mußten dem alten Marek wie Geister vorgekommen sein, denn er zuckte zusammen und hob den rechten Arm. Dabei winkelte er ihn so an, daß die Spitze des Pfahls auf uns zeigte.
»Willst du uns pfählen?« fragte ich.
Er erstarrte, drehte den Kopf und schien meiner Stimme zu lauschen.
»Wir sind es wirklich, Frantisek.«
»John Sinclair?« hauchte er.
»Ja.«
»Verdammt, John Sinclair!« schrie er in seinem harten Englisch.
»Dich hat der Himmel geschickt!« Er rannte um den Wagen herum und warf sich in meine Arme. »Freund«, sagte er immer wieder.
»Mein Freund John Sinclair, daß du gekommen bist. Jetzt, in dieser, unserer Zeit…«
So herzlich hätte ich mir die Begrüßung nicht vorgestellt. Ich merkte, wie er zitterte, schluckte und brachte kein Wort hervor, weil ich an seine Frau denken mußte.
Schließlich löste er sich von mir. Dann wurde Suko auf die gleiche Art und Weise begrüßt, danach trat er zurück und schaute uns an.
»Aber weshalb steht ihr hier draußen? Ihr hättet doch ins Haus gehen können. Und du auch, Mirca…«
Der Bürgermeister fühlte sich angesprochen und hob unbehaglich die Schultern. »Eigentlich schon, Frantisek. Es ist so, weißt du…?«
Er hob die Schultern und drehte sich dann
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