0246 - Im Räderwerk der Unterwelt
ihm ein paar Kugeln vor die Füße, damit er selbst nicht zum Schießen kommt. Er ist bestimmt kein Held, aber er hat Angst vor seinen Vorgesetzten.«
***
Ich startete, legte den ersten Gang ein und gab langsam Gas. Phil und Leewater verrenkten sich fast die Hälse, um den Posten im Auge zu behalten. Als der Wagen die ersten fünf Meter gerollt war, trat ich das Gas durch. Mit einem Ruck schoss der Wagen vorwärts. Ich trat die Kupplung, warf den zweiten Gang ein und trat wieder das Gas durch. Aufheulend schoss der Wagen über die Straße, stetig an Geschwindigkeit zunehmend. Einmal krachte es hinter uns, und gleichzeitig rief Leewater: »Jetzt hat er geschossen.«
»Spart eure Munition«, erwiderte ich gelassen. »Wir sind gleich weit genug von ihm weg, dass er uns nicht mehr gefährlich werden kann. Außerdem ist er sowieso kein guter Schütze, sonst hätte er uns treffen müssen.«
Aber vielleicht hatte der Posten auch nur dem Schein nach seine Pflicht erfüllen wollen und selbst in die Luft gezielt. Jedenfalls beließ er es bei dem einen Schuss.
Ungefähr zwei Minuten Autofahrtzeit von dem Posten entfernt, versperrte abermals ein Schlagbaum die Straße. Dahinter sahen wir die Gebäude des Flugplatzes, die Hallen und die Unterkünfte aus der Finsternis emporwachsen. Vom Schlagbaum selbst war nicht viel zu sehen, denn es standen ungefähr zehn uniformierte Männer davor und hielten uns mit drohenden Gesichtern Maschinenpistolen entgegen.
»Jetzt wird’s ernst«, sagte Leewater. »Der Posten hat die Hauptwache hier alarmiert.«
»Sicher«, nickte ich. »Aber dann wird wohl auch ein Offizier in der Nähe sein. Sehen wir uns die tapferen Streiter mal aus der Nähe an.«
Wir stiegen aus. Ein Sergeant rief uns, durchdrungen von seiner Wichtigkeit, zu: »Hände hoch!«
»Geld oder Leben!«, spottete Leewater.
Phil schob ostentativ seine Hände bis fast zu den Ellenbogen in die Taschen seines Reisemantels. Ich hatte sie ohnehin schon da.
»Verflucht noch mal, könnt ihr nicht hören?«, bellte der Sergeant.
Er gehörte zu den wackeren Militärtypen, für die es einfach unvorstellbar ist, dass sich jemand nicht nach ihren Befehlen richten könnte. Verzweifelt trat er von einem Fuß auf den anderen, als er sah, dass wir furchtlos näherkamen, ohne seiner Aufforderung Folge zu leisten.
Als wir bis auf zwei Schritte heran waren, blieben wir von allein stehen. Leewater sagte: »Spielt ihr hier verrückt? Oder was ist los? Kennt ihr mich auf einmal nicht mehr? Dann seht euch gefälligst den Stern auf meinem Jackett an, zum Teufel!«
»Sheriff«, brummte der Sergeant, »natürlich kennen wir Sie! Aber dies ist militärisches Sperrgebiet, und wir haben unsere Befehle! Das müssen Sie doch verstehen.«
»In dieser Tonart lassen wir mit uns reden«, verkündete Leewater großzügig. »Wir möchten erst einmal mit dem wachhabenden Offizier sprechen. Holt ihn!«
»Also nur, weil Sie’s sind, Sheriff«, gab der Sergeant nach. »Aber bleibt wenigstens hier vor dem Schlagbaum stehen, damit ich nicht noch mehr Ärger kriege!«
»Wenn es nicht allzu lange dauert, werden wir hier stehen bleiben«, bestätigte Leewater.
Der Sergeant verschwand in einem flachen Bau, in dem alle Fenster erleuchtet waren. Aber die uns zugewandten Fenster gingen in menschenleere Räume, auch tauchte der Sergeant nicht darin auf. Er musste einen Raum auf der uns abgewandten Seite betreten haben.
Es dauerte fast fünf Minuten, bis er wieder zum Vorschein kam. Jetzt war er in Begleitung eines jungen Offiziers. Wenn mich die spärlichen Kenntnisse militärischer Rangabzeichen, über die ich verfüge, nicht täuschten, musste es ein Captain sein. Er hatte ein scharf geschnittenes Gesicht, verkniffene Züge und war von verhältnismäßig kleiner Statur.
»Wie sind Sie hier durchgekommen?«, fauchte er uns an. »Hat der Außenposten nicht darauf aufmerksam gemacht, dass Sie hier nicht fahren dürfen?«
Leewater wollte etwas sagen, aber mit einer Handbewegung brachte ich ihn zum Schweigen. Wortlos trat ich auf den Captain zu und hielt ihm meinen Dienstausweis hin. Er warf einen flüchtigen Blick darauf, zuckte die Achseln und bellte: »Na und? Können Sie meine Frage nicht beantworten?«
Er wollte es nicht besser haben. Trotzdem hatte ich die Absicht, ihm eine Zurechtweisung vor allen Leuten zu ersparen und sagte deshalb ruhig: »Ich möchte lieber allein mit Ihnen sprechen. Können wir da reingehen?«
»Mann!«, raunzte er. »Ich habe Sie
Weitere Kostenlose Bücher