0246 - Im Räderwerk der Unterwelt
nehmen den Wagen. Aber weit ist es nicht.«
Wir setzten uns in Bewegung. Bis wir das Zimmer verlassen hatten, drehte sich die Sekretärin des Sheriffs nicht um, sodass wir keine Gelegenheit hatten, ihr Gesicht zu sehen.
Diesmal benutzten wir den Wagen des Sheriffs, und er setzte sich ans Steuer. Als wir ausstiegen, brummte er schon: »Die Haustür steht ja sperrangelweit offen! Soll das schon als Einladung für uns gedacht sein, gleich einzutreten, oder was ist da wieder los?«
Wir gingen auf die Tür zu und lauschten. Nicht das leiseste Geräusch war zu hören. Aus den Augenwinkeln sah ich, dass Phil seine Dienstpistole zog und mit dem Daumennagel den Sicherungsflügel vorschob.
Vielleicht hatte er recht. Dies konnte eine Falle sein. Seit wir in diesem Nest waren, hatte es schon zwei Mordanschläge gegeben, die Handgranate und das angebohrte Gasrohr, warum sollte nicht auch noch ein dritter erfolgen?
Ich holte ebenfalls meine Waffe aus dem Halfter. Mit dem Daumen gab ich Leewater ein Zeichen, zurückzubleiben. Mit einem Blick verständigte ich mich mit Phil. In derlei Auftritten haben wir so unsere Erfahrungen.
Phil nickte und zeigte mit dem Daumen schräg nach unten. Ich nickte zurück und zeigte nach links oben. Wir holten tief Luft und preschten los.
Getreu unserer lautlosen Abmachung warf sich Phil rechts im Flur auf den Fußboden, während ich mich an die linke Wand presste und die obere Hälfte mit Augen und Pistole unter Kontrolle nahm. Dieses Vorgehen hat den Vorteil, dass es einen eventuell Wartenden in die Verlegenheit bringt, dass er so schnell nicht weiß, ob er nach unten oder geradeaus schießen soll. Dieses kurze Zögern kann für einen selbst zum entscheidenden Schuss ausreichen.
Aber diesmal hatten wir uns ganz umsonst Mühe gegeben. Wie sich bald herausstellte, war das Haus leer. Völlig leer. Keine Menschenseele war darin.
Wir blieben im Wohnzimmer stehen, nachdem wir den Sheriff hereingerufen hatten.
»Da!«, sagte Phil und zeigte auf den verschobenen Teppich und den umgestürzten Sessel.
Ich nickte.
»Irgendwas ist hier vorgegangen«, brummte Leewater. »Und zwar nichts Gutes. Zum Teufel noch mal! Ich sollte eine Kompanie von der Nationalgarde anfordern und vorübergehend in Wendover stationieren lassen. Man kann hier wirklich nicht mehr für Ruhe und Sicherheit der Bewohner bürgen! Ich möchte nur wissen, was hier eigentlich gespielt wird.«
»Dem Wunsch schließe ich mich an, Sheriff«, sagte ich und beugte mich vor.
Auf dem Schreibtisch lag ein Füllfederhalter. Er war aufgeschraubt. Ich nahm mein Taschentuch heraus, deckte es über den Halter und hob ihn hoch, um mir die Feder anzusehen.
»Es kann noch nicht lange her sein«, sagte ich. »Die Tinte ist noch nicht an der Feder getrocknet. Und wenn man einen Füllhalter zu lange offen herumliegen lässt, passiert das unweigerlich.«
»Das sieht ja so aus, als ob dieser Conner mitten im Schreiben überrascht worden wäre«, sagte Phil und kniete nieder. »Aber was hat er geschrieben? Das vielleicht?«
Phil brachte einen zerknüllten Bogen Papier aus dem Papierkorb zum Vorschein. Er zog ihn auseinander und strich ihn auf seinem linken Oberschenkel glatt.
»Da!«, sagte er. »Seht es euch an! Auf jeden Fall ist es sehr interessant!«
Er legte das Blatt auf den Schreibtisch. Wir beugten uns darüber und lasen: »Lieber Bill, Sie müssen mir einen persönlichen Gefallen tun. Da Sie in Salt Lake City leben, ist es kein Problem für Sie. Beigefügt finden Sie einen Brief, der unbedingt und schnell an das FBI weitergeleitet werden muss. Bitte, tun Sie es! Und denken Sie nicht, dass ich verrückt bin, wenn Sie die beigefügten Zeilen lesen! Es ist…«
In diesem kurzen Text waren viele Wörter durchgestrichen und durch neue ersetzt worden. Offenbar hatte sich Conner oft schon mitten im Satz doch noch für eine andere Formulierung entschlossen. Das mochte auch der Grund sein, warum er diesen Bogen in den Papierkorb geworfen hatte. Ein derart unordentliches Schreiben sandte kein normaler Mensch ab.
»Er wollte also dem FBI etwas mitteilen«, murmelte Leewater. »Aber was?«
»Augenblick«, sagte ich. »Niemand kann wissen, ob er diese Absicht nicht verwirklicht hat. Der Brief kann schon im Briefkasten stecken. Er kann beim Schreiben einer anderen Sache unterbrochen worden sein oder er kann den offen daliegenden Füller einfach vergessen haben. Wir wollen uns nicht voreilig zu falschen Schlüssen verleiten lassen. Sheriff, zuerst
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