0246 - Im Räderwerk der Unterwelt
soll zu mir kommen. Ich bin den ganzen Tag zu Hause, ich habe heute keinen Dienst.«
»Ja, gut, Joe. Ich werd’s bestellen. Er wird dann wohl in ungefähr einer Stunde kommen.«
»Ja, ich warte auf ihn. Danke für den Anruf. So long, Ruth!«
»Wiedersehen, Joe.«
Er legte den Hörer hin und atmete erleichtert aus. Gott sei Dank, dass ihm diese Möglichkeit noch rechtzeitig eingefallen war. Wenn der Sheriff zu ihm kam, konnte man ihn nicht dafür verantwortlich machen.
Also wie war das jetzt mit dem Brief? Bis der Sheriff kam, konnte er diese Sache bereits erledigt haben. Er musste sich nur endlich jemanden einfallen lassen, der imstande war, seinen eingelegten Brief an das FBI zu schicken.
Eine Weile ließ er die Freunde und Bekannten vor seinem geistigen Auge vorüberziehen, bis er plötzlich aufsprang. Natürlich: Bill Horris, der Elektrohäridler aus Salt Lake City! Von dem er sein Radio mit dem Plattenspieler gekauft hatte! Dem konnte er schreiben. Das Firmenauto des Händlers hatte einen ganzen Tag lang vor seinem Haus gestanden, als man das Radio mit der Antenne installiert hatte. Außerdem hatte er inzwischen oft Werbesendungen von diesem Händler erhalten und bestellte Schallplatten und Briefe mit den Rechnungen darüber. Es konnte überhaupt nicht auffallen, wenn er diesem Mann einen Brief schrieb. Und da der Händler in Salt Lake City wohnte, war es ein Kinderspiel für ihn, sich mit dem FBI in Verbindung zu setzen.
Joe machte sich sofort an die Arbeit. Er setzte sich an den Schreibtisch, zog Papier und Federhalter heran und fing an zu schreiben. Am Anfang ging es etwas stockend, aber je länger er schrieb, desto eifriger glitt seine Feder übers Papier. Oft hatte er den nächsten Satz schon im Kopf, bevor er den vorhergehenden zu Papier gebracht hatte.
Eine ganze Weile schrieb er so selbstvergessen und in seine Gedanken versunken, dass er Zeit und Raum um sich herum vergaß. Plötzlich aber hielt er inne. Ganz unvermittelt hatte er auf einmal das Gefühl, als stünde jemand hinter ihm.
Er wagte nicht, sich umzudrehen. Er spürte, wie sich seine Kopfhaut zusammenzog, wie ihm eiskalter Schweiß auf die Stirn trat, aber er war vor Furcht für ein paar Sekunden wie gelähmt.
Bis eine leise Stimme in seinem Rücken sagte: »Warum schreiben Sie nicht weiter, Conner?«
Es traf ihn wie ein Blitzschlag. Ganz langsam drehte er sich um. Der Mann, der bei ihrer ersten Begegnung auf der Couch gesessen hatte, stand hinter ihm. Wieder war er maskiert. Aber durch die Sehschlitze seiner Maske funkelten tückisch die Augen.
Joe wollte etwas sagen, aber er brachte nur ein trockenes Krächzen über seine Lippen. Er musste daran denken, was sie mit Ralph Steven gemacht hatten…
***
»Seltsam«, brummte Leewater, zog seine kurze Stummelpfeife aus der Hosentasche und blies daran mit aufgeblähten Wangen. »Dieses verdammte Ding ist auch ewig verstopft!«, schimpfte er.
Phil hielt ihm die Zigarettenschachtel hin. Der Sheriff bediente sich.
»Was für einen Grund kann er haben?«, fragte ich.
»Überhaupt keinen«, bellte Leewater zornig.
»Hören Sie, er kann doch krank geworden sein«, wandte Phil ein.
Der Sheriff schüttelte eigenwillig den Kopf.
»No. Und zwar deshalb nicht, weil er es sonst doch gesagt hätte! Was meinen Sie, Ruth?«
Die Sekretärin stand am Fenster und blickte hinaus. Sie trug einen grünen Turban, der wohl weniger Schmuck als vielmehr dazu da war, ihren Kopf zu verhüllen. Ohne sich umzudrehen, meinte sie: »Wenn Joe krank geworden wäre, hätte er es mir gesagt. Ganz bestimmt. Als er vor ein paar Monaten die schwere Grippe hatte, rief er mich an und bat mich, für ihn ein paar Besorgungen zu erledigen. Es gibt keinen Grund, warum er es mir nicht hätte sagen sollen.«
Von der Seite her gesehen, hatte sie natürlich recht. Wenn der Sheriff jemand anrufen und ihm sagen lässt, er möchte zu ihm kommen, und wenn dieser Jemand krank ist, lässt sich eigentlich kein Grund denken, warum man es dem Sheriff nicht sagen soll.
Ich zuckte die Achseln.
»Was zerbrechen wir uns überhaupt den Kopf darüber? Sie haben uns erzählt, dass es dieser Joe Conner war, der Sie bat, hinaus zu der Station zu fahren, die mit Ralph Steven besetzt war. Wir müs'sen uns einmal mit diesem Mann unterhalten. Wenn er nicht hierherkommen kann oder will, werden wir ihn aufsuchen. Kommen Sie mit, Sheriff?«
Leewater nickte.
»Natürlich komme ich mit. Ich will jetzt wissen, was mit Joe los ist. Kommen Sie! Wir
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