0247 - Der Schädelthron
gefährlicheren Aktionen. Mein Weg führte mich zum Ausgang. Dorthin, wo sich die Luke im Boden befand.
Dicht davor blieb ich stehen. Etwa eine Fußlänge trennte mich vom Rand. Ein paarmal holte ich tief Luft, um meinen Atem zu beruhigen. Dann peilte ich nach unten. Dort war alles leer.
Das heißt, der Schädelthron stand noch, aber von meinen Freunden war nichts zu sehen.
Ich befand mich allein in der Blockhütte!
***
Das war ein Hammer.
Verdammt, so etwas konnte es doch nicht geben. Bill, Suko und Nils Björnsson waren vor wenigen Minuten noch dagewesen, und nun sah ich keinen mehr. Da stimmte einiges nicht.
Nie wären sie klammheimlich, ohne mir Bescheid zu geben, verschwunden. Da ich sie aber nicht mehr sah und auch mein Rufen keinen Erfolg zeigte, mußte etwas Schreckliches geschehen sein. Hatte man sie entführt?
Vieles deutete darauf hin. Allerdings ließen sich drei zu allem entschlossene Männer wohl nicht lautlos entführen, nein, da mußten unsere Gegner wirklich zu einem gemeinen Trick gegriffen haben, anders konnte ich es mir nicht vorstellen.
Aber wie hatten sie meine Freunde in die Falle locken können? Dies war die große Frage, und die Antwort konnte mir wahrscheinlich nur der bleiche, übergroße Totenschädel geben.
Die Eule mußte innerhalb des höllischen Spiels eine besondere Rolle spielen.
Es hatte natürlich keinen Sinn, hier am Rand der Luke stehenzubleiben. Damit erreichte ich nichts. Wenn ich mich umschauen und Spuren sichern wollte, mußte ich nach unten. Ich ging in die Hocke, federte ein wenig durch und stieß mich dann ab. Die Distanz war ziemlich hoch, und ich landete dementsprechend hart auf dem Bohlenboden. Aber ich brach und verstauchte mir nichts. Unverletzt konnte ich wieder aufstehen und mich umschauen. Ich sah das gleiche wie von oben, nur eben aus einer anderen Perspektive. Leer!
Keine Spur von meinen Freunden.
Allmählich wurde ich unruhig. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, daß sie verschwunden waren, ohne ein Wort gesagt oder gekämpft zu haben. Was war passiert?
Sosehr ich auch nachdachte, suchte, den Raum durchquerte, ich fand weder eine Lösung noch irgendwelche Spuren. Meine Freunde waren im wahrsten Sinne des Wortes wie vom Erdboden verschluckt.
Das jagte mir Angst ein, und ich beschloß, mich näher mit dem Totenschädel zu beschäftigen. Wenn es eine Chance gab, herauszufinden, auf welchem Weg die drei Freunde verschwunden waren, dann nur durch die Hilfe des Totenschädels.
Als ich auf ihn zuging, zog ich auch mein Kreuz. Dieses unheimlich und hoch vor mir aufragende Symbol war ein Teil einer schrecklichen Magie. Es verkörperte das Böse, ein uraltes Geheimnis, das ich unter Umständen mit Hilfe des Kreuzes lösen konnte.
Ich ließ den Schädel nicht aus den Augen, auch nicht die weiße Eule darauf.
Dennoch überraschte sie mich, und ich zuckte zusammen, als ich den schrecklichen Laut vernahm, den die Eule ausstieß. Zwar stand sie weiterhin in der gleichen Haltung auf dem blanken und beinern schimmernden Schädel, aber ihren Schnabel hatte sie geöffnet, und aus dem Schlund im Weiß des Kopfes fuhr eine dunkelrote Zunge, die dieselbe Farbe wie die Augen hatte. Ich stoppte.
Weshalb hatte die weiße Eule nur so reagiert? Hatte sie Angst, weil sie das Kreuz sah?
Das war eine Erklärung, aber sie genügte mir nicht, ich wollte die Wahrheit wissen, die ganze Wahrheit.
Doch bevor ich den großen Totenschädel erreichen konnte, hämmerte jemand gegen die Tür.
In nächsten Moment wurde sie auch schon aufgestoßen.
Nicht nur die Kälte fegte in den Raum, sondern auch feiner Schnee.
Mit ihm aber kam er - der Eulenmensch!
***
Im ersten Augenblick war ich geschockt, als ich dieses Geschöpf aus der Nähe sah. Ich kam mir vor wie in einem Wintermärchen, in dem zahlreiche phantastische Gestalten auftraten, aber das hier war Realität. Vor mir stand ein Vogelmensch.
Und meine Gedanken irrten zurück. Weit zurück. Ich dachte an einen längst versunkenen Kontinent, der den Namen Atlantis trug und in dem es einmal den Eisernen Engel gegeben hatte, der ebenfalls Herr über Vogelmenschen gewesen war, aber dieser hier sah anders aus als die Wesen damals, 10.000 Jahre vor unserer Zeitrechnung. Er war über und über mit Schnee bedeckt. In einer dicken Schicht lag er auf seinem Gefieder, aus dem der normale Kopf eines dunkelhaarigen Menschen ragte. Das Gesicht war verzerrt. Allerdings konnte man diesen Ausdruck nicht als schmerzlich bezeichnen,
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