0247 - Der Schädelthron
denn sie führten weiterhin ihren fliegenden Tanz auf, flogen wieder dicht über den Boden oder in der Höhe des Fensters, wirbelten mit ihren Flügeln den Schnee auf, so daß weiße Wolken einen regelrechten Ring um die fliegenden Bestien legten, und die waren durch nichts zu stoppen.
Ich saß in der Falle. Da brauchte ich mir nichts vorzumachen, es war einfach so.
Wie kam ich wieder raus?
Natürlich dachte ich sofort an meine Beretta und das Ersatzmagazin, das ich bei mir trug. Viel stand mir an Munition nicht zur Verfügung. Auch wenn jeder Schuß ein Treffer war, blieben noch genügend Strigen übrig, um mich zu töten.
Ich konnte es drehen und wenden, diesmal hatten mich die Strigen. Vielleicht bestand noch eine Chance, wenn ich ihr Denkmal zerstörte. Dieser Schädelthron mußte für die Bestien ungemein wichtig sein, wahrscheinlich hing von ihm ihr Wohl ab.
Die einzige Chance?
Und meine Freunde? Das schlechte Gewissen meldete sich.
Ich steckte in einer Zwickmühle, aber ich konnte keinen um Rat fragen, mußte jetzt und hier die Entscheidung treffen. Während draußen das orkanartige Brausen weiterhin die Blockhütte umtobte, drehte ich mich um, damit ich dem Schädel gegenüberstand.
Ich schaute ihn an - und meine Augen wurden groß.
Etwas hatte sich verändert.
Zwar hockte noch immer die weiße Eule auf der Schädelplatte, auch standen der Kopf und sie unbeweglich, aber in den grünen Augenhöhlen hatte sich etwas getan. Bilder waren entstanden.
Gesichter…
Die meiner Freunde…
***
Noch niemals zuvor hatten Bill, Suko und der norwegische Polizei-Inspektor so etwas erlebt. Es war eine unheimliche Reise, die sie begonnen hatten und die sie leider nicht steuern konnten. Andere Kräfte machten mit ihnen, was sie wollten, und sie zogen sie immer tiefer in die Erde hinein. In das Reich der Strigen…
Zoll für Zoll holte die Tiefe sich ihre Opfer. Obwohl sie noch mit den Oberkörpern aus dem seltsamen Untergrund schauten und auch die Arme bewegen konnten, drang dennoch kein Laut aus ihren Kehlen. Sie wollten um Hilfe schreien, aber ihre Stimmen versagten. Die andere Magie war einfach zu stark. Sie verschlang die Menschen. Wie Puppen kamen sich die Reisenden vor. In den langen Augenblicken schienen Atmung und Kreislauf zum Stillstand gekommen zu sein. Zwar sahen sie noch die Umgebung, auch den widerlich großen Totenschädel dicht vor ihren Augen, aber sie konnten nichts tun.
Die Funktionen ihres Körpers waren abgestellt. Alle drei befanden sich in der Gefangenschaft einer fremden Magie, gegen die sie nichts ausrichten konnten.
Die Tiefe fraß sie.
Es war kein Sumpf oder Moor, sondern etwas anderes, für das sie keine Erklärung hatten.
Die Welt um sie herum wurde kleiner. Immer weiter entfernte sich die Decke. Sie hatten den Blick gehoben, schauten auf die offene Luke, und sie kam ihnen vor wie die letzte Rettung.
Nur ließ sich dort niemand blicken. Der Mann, der ihnen eventuell noch hätte helfen können, hatte genug mit seinen eigenen Problemen zu tun.
John Sinclair blieb verschwunden.
Und sie wurden von dem Boden gefressen. Bis über die Schultern steckten sie bereits in diesem seltsamen Sumpf. Sie sahen jetzt die Kugeln dicht vor ihren Augen, wie sie sich bewegten und gegeneinanderstießen. Sie erkannten auch die dünne Schleimspur auf den schwarzen Häuten, die die Kugeln zusammenhielt, so daß sie eigentlich wie ein gewaltiges Netz wirkten.
Am grausamsten war die Tatsache, daß sich alle drei Menschen nicht artikulieren konnten, doch die Gefühle waren auf ihren Gesichtern abzulesen. Und darin standen Angst, Furcht und Schrecken. Der letzte Ruck.
War diese seltsame Reise zuerst gleitend und fast übergangslos vor sich gegangen, so spürten die drei Männer plötzlich einen gewaltigen Zug, der an ihren Füßen zerrte und sie den restlichen Weg schnell überwinden ließ. Auf einmal bewegten sich die Kugeln heftiger, und im nächsten Augenblick rollten sie über ihren Köpfen zusammen. Die drei waren verschwunden! Und die Reise ging weiter. Tiefer wurden sie in einen unheimlichen Schacht gedrückt, der seltsamerweise Luft enthielt, so daß sie atmen konnten. Es war ein in die Erde führender Tunnel. Vielleicht ein Dimensionstunnel?
Suko hatte den Gedanken, er kleidete ihn auch in gesprochene Worte und wunderte sich, daß er reden konnte.
»Verdammt, das gibt es doch nicht!« Diesmal sagte Bill etwas.
Und Nils Björnsson sagte etwas in seiner Heimatsprache. Da Zeit in diesem Tunnel
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