0247 - Vampir-Terror
trat?«
Roy Ember nickte wieder.
»Ich habe Bedenken«, sagte Zamorra. »Die Pubertät ist zwar eine sogenannte kritische Entwicklungsphase, und es ist auch die Phase, in der bei Menschen mit latenten Para-Kräften die berüchtigten Poltergeist-Phänomene auftreten. Aber zwischen Poltergeistern und Vampiren besteht doch ein himmelweiter Unterschied.«
Nicole stieß ihn wieder an. »Wir stoßen doch immer wieder auf neue Dinge«, sagte sie. »Du selbst hast doch schon einige Phänomene entdeckt und sogar Bücher darüber geschrieben, Sachen, die man vorher für völlig unmöglich hielt.«
Der Parapsychologe fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen. »Sicher, Nici, aber…«
»Ich bin sicher, daß es dieser Junge ist«, beharrte Roy Embers. »Ich fühle es einfach.«
Zamorra sog hörbar die Luft ein. »Und was schlagen Sie nun vor? Sie sagten vorhin, Sie kennen seinen Namen nicht. Wieso? So etwas bleibt doch im Gedächtnis haften.«
Embers zuckte mit den Schultern. »Nun, der Junge befand sich in einer Parallelklasse, und er hatte wohl irgend einen Allerwertsnamen. Ich habe ihn nicht behalten, wir haben uns auch nie wieder gesehen. Er fiel mir nur jetzt wieder ein - eben, weil er damals so einen spektakulären Mist baute. Aber er muß es sein, ich bin vollkommen sicher.«
Zamorra lächelte. »Dann gehen Sie zur Polizei und erstatten Sie Anzeige.«
»Seit dem Vorfall heute vormittag habe ich andere Ambitionen«, erwiderte Embers. »Deshalb bin ich zu Ihnen gekommen, wo ich Sie gerade hier so schön sitzen sah.«
»Sie sind Reporter«, sagte Zamorra. »Sie wollen dem pressefeindlichen Inspector eins auswischen, indem Sie den Fall vor seiner Nase lösen, nicht wahr?«
»Sie haben mich durchschaut, Sir«, gestand Embers lächelnd.
»Ich weiß nicht, ob ich Ihr Spielchen mitmachen kann«, erwiderte Zamorra.
»Zur Aufklärung eines Verbrechens ist die Polizei da. Dafür wird sie bezahlt, darin besteht ihr Auftrag. Wenn Laien dazwischenpfuschen, geht oftmals alles schief.«
»Es ist keine persönliche Rachsucht, daß ich Caldex bloßstellen will«, wehrte Embers ab. Zamorra schüttelte den Kopf. »Natürlich ist es das«, sagte er. »Sie wollen sich profilieren. Seht her: die Polizei versagt. Einer von den verhaßten Pressefritzen aber klärt den Fall auf. Verschwinden Sie, Mister Embers.«
»Sie sind ganz schön unverschämt«, erwiderte Embers ruhig. »Ihnen liegt doch selbst viel daran, den Fall aufzuklären. Sonst wären Sie doch nicht hinter diesem Flüchtenden hergerannt!«
»Vielleicht habe ich ihn aus ganz anderen Gründen verfolgt«, sagte Zamorra.
»Das nehme ich Ihnen nicht ab.«
Nicole lehnte sich zurück. »Schau mal, Chérie«, sagte sie. »Wir können doch Embers’ Tip nachgehen und mit der Polizei Zusammenarbeiten.«
Zamorra schwieg. Er sah die beiden abwechselnd an und überlegte. Nach ein paar Minuten beugte er sich vor.
»Gut, Mister Embers. Ich will erst einmal wissen, was an Ihrer Story dran ist. Vielleicht stimmt sie, dann können wir weitersehen. Wenn nicht, dann blamieren wir uns nicht, solange die Sache unter uns bleibt. Wir werden also diesen… Möchtegemvampir irgendwie aufspüren.«
»Wie?« fragte Nicole. »Wir kennen doch seinen Namen nicht.«
»Aber unser Freund Embers wird bestimmt nicht vergessen haben, in welcher Schule sie beide waren. Da gibt es Unterlagen. Man wird sich an den Fall erinnern und wissen, wer es war. Dann haben wir den Namen und die Spur.«
Die Spur, dachte er. Die einzige brauchbare Spur überhaupt. Denn wo der Kult der Vampire zu suchen ist, weiß ich auch nicht… Varnae! Wer oder was ist Varnae?
Er sah Embers nachdenklich an. »Sagt Ihnen der Name ›Varnae‹ etwas, Mister Embers?«
Überrascht schüttelte der Fotoreporter den Kopf. »Nein, wieso…«
»Ach, es war nur so eine Frage«, brummte Zamorra. Er winkte dem Wirt. »Die Rechnung, bitte…«
***
Der Vampir kauerte auf dem Dach des Einfamilienhauses und beobachtete mit seiner nichtmenschlichen Geduld das gegenüberliegende Gebäude. Bis auf das Parterrefenster war das Haus dunkel. Dort zeichnete sich jetzt eine Silhouette ab, schloß das offenstehende Fenster und zog die Gardienen zu. Einen Moment später erlosch das Licht.
Varnae grunzte zufrieden.
Die Frau in dem gegenüberliegenden Haus ging jetzt zu Bett.
Seine Zeit war gekommen.
Die dunkle Straße, die quer durch die Siedlung führte, war menschenleer. Hier stand ein Reihenhaus neben dem anderen nach einem stereotypen
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