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0248 - Auf dünnen Seilen tanzt der Tod

0248 - Auf dünnen Seilen tanzt der Tod

Titel: 0248 - Auf dünnen Seilen tanzt der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Auf dünnen Seilen tanzt der Tod (1 of 2)
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auf, streifte ihn ab und hielt nun das rohe Kissen in der Hand. Mit dem Zeigefinger fuhr er die Naht entlang.
    Ein Lächeln huschte über sein Gesicht, als er auf einer Länge von etwa zehn Zentimetern grobe, weite Stiche fand, die mit einem schwarzen, völlig unpassenden Garn ausgeführt worden waren. Er holte ein Taschenmesser hervor, klappte es auf und zerschnitt die Fäden. Achtlos ließ er das Taschenmesser fallen.
    Er setzte sich aufs Bett, packte das Kissen bei den oberen Zipfeln und schüttelte. Schaumgummistücke, die man als Einlage verwendet hatte, flatterten lautlos heraus.
    Und Geldscheine. Kleine Noten, keine einzige mit einem höheren Nennwert als zwanzig Dollar. Aber es kam ein Paket zusammen, das drei Viertel des Kissens ausgefüllt haben musste. Kenton raffte das Geld zusammen.
    Plötzlich war eine leise Stimme hinter ihm. Eine Stimme, die vor Wut bebte.
    »Lass deine dreckigen Pfoten von dem Geld, du Lump.«
    Kenton saß einen Augenblick wie erstarrt. Dann drehte er sich langsam um. Ganz langsam. Seine Hände rutschten mit gespreizten Fingern von den Geldscheinen weg, auf seine Oberschenkel und allmählich tiefer zu den Knien hin. Dabei drehte sich sein Oberkörper im gleichen Tempo mit.
    Rack Bruce stand seitlich hinter ihm. Und er hatte das Taschenmesser in der Hand, das Kenton leichtsinnigerweise hatte fallen lassen. Seine dunklen Augen glitzerten, seine Lippen waren fest aufeinander gerpresst und bildeten zwei blutleere, blasse Striche in dem sonnengebräunten Gesicht.
    »Was machst du an meinem Bett?«, fragte er leise.
    Kenton saß noch immer. Ganz langsam kam sein Gesicht hoch. Seine Augenbrauen hatten sich leicht zusammengezogen. Über der Nasenwurzel stand eine steile Falte.
    »Das müssen ungefähr achttausend Dollar sein«, sagte er, fast ohne die Lippen zu bewegen. »Jetzt möchte ich nur wissen, woher du den Schlüssel zum Panzerschrank hattest.«
    Sie standen sich in einer Entfernung von knapp zwei Armlängen gegenüber. Ihre Blicke fraßen sich ineinander.
    »Den Schlüssel«, höhnte Bruce. »Ich brauchte ihn nur aufzuheben. Er lag zwei Schritte neben der Treppe zum Bürowagen. Und der Wagen war unbesetzt. Die Gelegenheit war günstig. Ich wusste, dass die Abendeinnahme im Panzerschrank sein musste - hätte ich eine solche Gelegenheit vielleicht Vorbeigehen lassen sollen?«
    Kenton nickte ernst.
    »Ja, du Dummkopf. Das hättest du. Eine Gelegenheit zum Diebstahl ist immer auch eine Freikarte fürs Gefängnis. Es kommt nur darauf an, ob man sie gebraucht. Leg das Messer weg.«
    Bruce verzog das Gesicht, dass seine blitzenden Zähne sichtbar wurden.
    »Du möchtest wohl, dass ich dir die Hälfte abgebe, was?«
    Kenton blies verächtlich die Luft durch die Nase.
    »Kein Interesse«, sagte er.
    »Ich hätte dir auch nichts abgegeben. Was nützt einem Toten schon Geld, he?«
    Kentons Augen wurden hart. Die Pupillen zogen sich zusammen, bis sie winzige schwarze Punkte waren.
    »Leg das Messer weg«, wiederholte er. Seine Stimme war kaum zu hören.
    Irgendwo summte eine Fliege. Sie suchte den Weg ins Freie und surrte immer von neuem gegen die Fensterschiebe. In der tiefen Stille klang ihr schwaches Surren wie ein störender Lärm.
    Bruce ließ seinen Gegner nicht aus den Augen. Er tastete mit der linken Hand unsicher in der Luft herum. Kenton riskierte einen schnellen Blick nach links. Im gleichen Augenblick hatte Bruce die Pferdepeitsche auch schon zwischen den Fingern.
    »Du kommst hier nicht mehr lebend raus«, sagte er. Und trotz des furchtbaren Inhalts dieser Worte klang seine Stimme zum ersten Mal wieder normal. Es war ihr keine Erregung und kein Gefühl anzuhören. Sie klang, als hätte er die Uhrzeit gesagt.
    Langsam ging Bruce zwei Schritte zurück. Er riskierte nichts, nicht einmal ein Stolpern. Bevor er einen Schritt tat, tastete er mit dem Bein hinter sich den Boden ab. Als er weit genug von Kenton entfernt saß, beschrieb der rechte Arm ganz langsam einen Bogen nach hinten. Die Peitschenschnur züngelte über den Fußboden.
    Dann schlug er zu.
    Kenton bekam die dünne Lederschnur quer über den Hals und die Brust. Auf der nackten Haut bildete sich sofort eine leichte Platzwunde, aus der Blut sickerte. Er stand auf. Nicht eine Sekunde, nicht einen Herzschlag lang ließ er Bruce aus den Augen.
    »Du bist nicht einmal ein Gangster«, sagte er ruhig. »Du bist nur ein großer Dummkopf.«
    Bruce gurgelte wütend ein paar Schimpfwörter hervor, während er von neuem ausholte.

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