0248 - Auf dünnen Seilen tanzt der Tod

sich, den eine gewisse Gruppe von ertappten Sündern in solchen Situationen aufzuweisen pflegt.
    »Nehmen Sie Platz«, sagte Phil und warf dem Lieutenant einen fragenden Blick zu.
    »Wir lassen die-Vernehmungsprotokolle immer nach einer Tonbandaufnahme tippen«, sagte der Lieutenant und schaltete ein Bandgerät ein, während er mit der anderen Hand das Mikrophon in die Mitte des Schreibtisches schob.
    Phil begann das Verhör mit den üblichen »Fragen zur Person«. Da Bruce seine Personalien glaubhaft durch zwei amtliche Dokumente - einen Führerschein und einen Wandergewerbeschein, beides ausgestellt in Kalifornien - nachweisen konnte, erübrigten sich die fernschriftlichen Rückfragen, die sich in solchen Fällen häufig ergeben. Phil kam zur Sache.
    »Mr. Bruce, Sie sind hinreichend verdächtig, aus dem Panzerschrank im Bürowagen des Zirkusunternehmens Johnson einen Betrag von rund achttausend Dollar gestohlen zu haben. Gestehen Sie diese Tat?«
    »Ja, Sir. Ich gebe ja alles zu.«
    »Gut«, sagte Phil. »Erste Frage, Mr. Bruce: Woher hatten Sie den Schlüssel zum Panzerschrank?«
    »Den fand ich direkt neben der Treppe vom Bürowagen. Ich sah was glitzern, bückte mich und fand ein kleines Kettchen, das zerrissen war, und den Schlüssel. Im Büro war keiner. Ich wollte zuerst den Schlüssel Miss Johnson geben. Aber wie ich sah, dass keiner im Büro war, da - na ja, da habe ich eben den Schrank aufgeschlossen und das Geld genommen. Ich hab’s nicht für mich getan, Sir. Ich wollte Miss Marchese heiraten.«
    »Lido Marchese«, murmelte Phil. »Gehilfin des Messerwerfers, achtundzwanzig Jahre alt, kokett und durchtrieben. Was sagte denn Miss Marchese zu dem Plan?«
    Bruce senkte den Kopf.
    »Ich habe noch nicht mit ihr gesprochen. Ich hab’ nur mal zufällig gehört, wie sie dem Messerwerfer sagte, sie gäbe sonstwas dafür, wenn sie einer aus diesem verdammten Dreck rausholte. Sie wäre es leid und so.«
    Phil nickte schweigend.
    »Wo ist das Gewehr?«, fragte er.
    Bruce hob den Kopf wieder und sah Phil verständnislos an.
    »Welches Gewehr? Ich weiß doch wirklich nicht, von was für einem Gewehr Sie reden, Sir. Ehrenwort. Ich weiß es nicht.«
    Phil sagte: »Mr. Bruce! Am gleichen Abend, als Sie das Geld aus dem Panzerschrank stahlen, wurde aus dem Arbeitszimmer des Direktors eine Winchester gestohlen. Miss Johnson war höchstens zehn Minuten weg. Wollen Sie mir einreden, dass innerhalb von zehn Minuten zwei verschiedene Diebe unabhängig voneinander in den Bürowagen eindringen, ohne sich gegenseitig in den Weg zu laufen?«
    Bruce zuckte mit den Schultern.
    »Ich weiß es nicht, Sir. Ich habe kein Gewehr genommen, ich bin überhaupt nicht ins Zimmer des Direktors gegangen. Ich war froh, dass ich mit dem Geld schnell genug wegkam, ohne jemandem in den Weg zu laufen.«
    »Wie lange mag es gedauert haben? Wieviel Minuten sind verstrichen von dem Augenblick an, da Sie das Kettchen mit dem Schlüssel fanden bis zu der Sekunde, da Sie mit dem Geld den Bürowagen wieder verließen?«
    »Das kann ich nicht genau sagen, Sir. Ich schätze - vielleicht zwei Minuten. Es ging ziemlich schnell.«
    Phil nahm Bruce fast eine Stunde ins Kreuzverhör, an dem sich auch der Lieutenant mit geschickt placierten Zwischenfragen beteiligte. Es kam nichts anderes dabei heraus, als was Bruce bereits gesagt hatte.
    Da Bruce das anschließend geschriebene Vernehmungsprotokoll bereitwillig Unterzeichnete, versprach der Lieutenant, die wenigen Formalitäten zu erledigen, die notwendig waren, damit der Staatsanwalt von Syracuse Anklage erheben konnte. Phil bedankte sich und fuhr zurück zum Zirkus.
    Eine Sache war geklärt, abgeschlossen und für ihn erledigt. Aber noch hingen drei Problemkreise in der Luft. Möglicherweise gab es Verbindungen zwischen ihnen, das musste erst noch ermittelt werden. Vorläufig waren sie streng voneinander getrennte Delikte. Nummer eins: Mord an der Joan Sidwell, Künstlername Orsini, ausgeführt im Jahre 1943. Brandstiftung im Zirkus während eines Gastspiels in Scranton, Nummer zwei. Und drittens schließlich der Diebstahl einer Winchesterbüchse aus dem Arbeitszimmer des Zirkusdirektors in jener knappen Zeitspanne, in der auch der Panzerschrank von Bruce ausgeraubt worden war. Natürlich war diese letzte Sache die harmloseste. In der Liste: Mord, Brandstiftung, Diebstahl, ist der Diebstahl zweifellos die harmloseste Geschichte.
    Das glaubte Phil bis zu dem Augenblick, wo er seinen Cadillac durch das offen