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025 - Die toten Augen von London

025 - Die toten Augen von London

Titel: 025 - Die toten Augen von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Seine eine Hand kam mit der Hängelampe in Berührung, und bevor Larry verstand, was vorging, schloß sich die Hand um die elektrische Birne, die unter dem Druck klirrend zersprang. Das Zimmer lag in Dunkelheit. Schießen konnte er nicht, ohne das Mädchen zu gefährden. Larry stellte einen Fuß vor, spannte jeden Muskel, um den Anprall des Körpers, der sich jetzt auf ihn stürzen würde, aufzufangen. Und dann war er auch schon in den Griffen des blinden Jake. Diana hatte nicht übertrieben, als sie von seiner Riesenkraft sprach - sie war unheimlich, erschreckend. Larry, selbst ein handfester Mann und Amateur-Mittelgewichts-Meister, fühlte seine Kräfte schwinden.
    Er wagte auch später nie sich auszudenken, was bei diesem Kampf herausgekommen wäre, wenn ihn nicht das Geräusch einer zufallenden Tür und die Stimme eines Mannes auf der Treppe unterbrochen hätte. Jake hob den Inspektor wie ein Bündel in die Höhe und schleuderte ihn in eine Ecke. Dort landete er keuchend und halb betäubt auf einer Porzellanetagere. Jake aber riß die Tür auf und flog die Treppe hinunter, schneller als ein Sehender es je gewagt hätte.
    Larry kam mühsam auf die Füße, nahm seine Taschenlampe und fand die Pistole, die ihm entfallen war. Er lief zum Fenster, öffnete es hastig und blickte hinaus. Doch Jake war bereits um die Straßenecke verschwunden.
    Jemand brachte eine andere Glühbirne, und Larry kümmerte sich um das Mädchen. Sie war immer noch bewußtlos und hatte blutrote Flecken am Hals.
    »Wir müssen unbedingt einen Arzt kommen lassen«, sagte Larry.
    Die Wirtin sah ihn mißtrauisch an.
    »Was hatten Sie hier im Zimmer eigentlich zu suchen?« fragte sie.
    Die Polizeiwache befand sich ganz in der Nähe, und der Polizeiarzt war glücklicherweise anwesend. Nach wenigen Minuten traf er ein.
    In der Zwischenzeit erwachte Fanny aus der Bewußtlosigkeit, doch bekam sie sogleich einen hysterischen Anfall, der für alle Anwesenden sehr peinlich war.
    »Es wäre besser, Doktor, wenn wir sie in ein Spital bringen ließen«, schlug Larry vor, und der Arzt pflichtete bei.
    Eine halbe Stunde später war jede Polizeistation Londons im Besitz einer Personenbeschreibung des blinden Jake. Die Jagd begann.
    Larry ging auf die Straße hinunter. Er fühlte sich schwindlig und am ganzen Körper zerschlagen. Die frische Luft tat ihm gut. Um drei Uhr morgens betrat er seine Wohnung und fand Sunny friedlich schlafend in einem Stuhl. Er ging an ihm vorbei zum Kamin. Die Hände in den Hosentaschen stand er eine Weile in Gedanken versunken und starrte auf den Teppich. Dann klopfte er seinem Diener, der zusammenzuckte und zu blinzeln begann, auf die Schulter.
    »He, Sunny, wach auf! Was mir heute passiert ist - er packte mich beim Genick und warf mich quer durchs Zimmer ...«
    »Wirklich, Sir? Wann wünschen Sie morgen früh Ihren Tee?«
    Larry zuckte die Schultern, schlüpfte aus den Schuhen, legte Jacke und Krawatte ab, warf sich so aufs Bett und zog mit einem Ruck die Bettdecke über sich. Er tat es nicht nur, weil er sehr müde war, sondern auch, weil er wußte, daß Sunny sich darüber ärgerte.

15
    In St. George, Hannover Square, fand eine vornehme Hochzeit statt. Lange Reihen eleganter Autos säumten beide Straßenseiten. Unter den Gästen befand sich auch Mr. Fred Grogan. Nicht daß er eingeladen worden wäre, das Brautpaar kannte ihn überhaupt nicht, und selbst wenn irgend jemand hier das zweifelhafte Vergnügen gehabt hätte, ihn zu kennen, man würde ihn trotzdem nicht eingeladen haben. Aber eine solche Kleinigkeit wie eine Einladungskarte machte Fred kein Kopfzerbrechen. Er erschien in St. George mit glänzendem Zylinder, weißen Glacéhandschuhen und wunderbar gebügelten Beinkleidern. Als er durchs Kirchenportal in den breiten Mittelgang trat, hielt man ihn versehentlich sogar für den Bräutigam.
    Gekommen war er nicht etwa, um Eingang in die gute Gesellschaft zu finden, sondern um dem Schauspiel beizuwohnen, wenn die verzweigten Familien von Braut und Bräutigam sich gegenseitig mit Zurückhaltung und ausgesprochener Mißbilligung betrachteten. Er wußte, daß an Hochzeiten ganze Scharen von Basen und Vettern aus der Vergessenheit auftauchten, sich in seltener Vollzähligkeit auf einem Haufen zusammenfanden und daß die Damen sich mit ihren kostbarsten Juwelen behängten.
    Die Feierlichkeit dauerte sehr lange und langweilte ihn maßlos. Er bedauerte, einen derart auffälligen Platz eingenommen zu haben, der es ihm unmöglich

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