025 - Die Treppe ins Jenseits
Anwalt warf einen fragenden Blick auf den Arzt, und Dr. Ortskill
nickte. »Erfüllen Sie ihr diesen Wunsch, Mister Mylan! Ich hoffe nur, dass in
dem Testament nichts steht, was sie weiter erregt und eine nochmalige kritische
Situation heraufbeschwört.«
Larry Brent blieb in Eves Nähe, und er spürte, wie gut ihr das tat. Sie
fühlte sich sicher, wenn er da war. Larry beobachtete Eve ständig. Sie war
verändert. Aber verrückt?
Thomas Mylan bereitete alles für die Testamentsverkündung vor. Gemeinsam
mit Dr. Ortskill rückte er einen Tisch in die Mitte des Raumes.
Larry fragte Eve nach dem Fremden. Sie hatte niemanden gesehen, niemanden –
außer ihrem toten Vater.
X-RAY-3 war bereit, die Dinge aus anderer Sicht zu sehen als Dr. Ortskill
dies tat. Wenn Eve Baynes ihren Vater gesehen hatte – dann konnte das verschiedene
Gründe haben. Lebte Edward Baynes etwa noch? Wer aber war dann der Tote in dem
Rolls Royce gewesen? Die Untersuchungsergebnisse lagen ziemlich deutlich auf
der Hand, und sie wogen schwer. Reste des Anzugs, den Edward Baynes zuletzt
getragen hatte, waren identifiziert worden. Utensilien, die er bei sich trug –
Ring, Uhr, Manschettenknöpfe ... Das Gebiss hatte ebenfalls ausreichend
Aufschluss gegeben. Zwei Goldkronen oben links – der Zahnarzt, bei dem Edward
Baynes in Behandlung war, hatte eine derartige Behandlung bestätigt.
»Es war keine Puppe gewesen, die Sie sahen, Eve? Sie erwähnten, dass die
Gestalt, die Sie für Ihren Vater hielten, bei Ihrer Berührung zu Boden fiel.«
»Ja, ja«, sie nickte. »Es hört sich seltsam an, ich weiß, Larry. Es war ein
Mensch aus Fleisch und Blut. Es ging alles so schnell, ich war vor Schreck und
Entsetzen kaum in der Lage, die Dinge richtig zu erfassen. Der Körper meines
Vaters aber fühlte sich kalt an, Larry, kalt wie Eis! Ich spürte die Kälte
durch die Anzugsjacke, die er trug.«
Larry konnte sich eines gewissen Unbehagens nicht erwehren, als er diese
Worte aus Eves Mund vernahm. Dr. Ortskill warf einen Blick zu ihnen hinüber,
als er sie miteinander sprechen sah. Larry sah eine gewisse Besorgnis in den
Augen des Arztes. Dann verlas Thomas Mylan das Testament. Er brach das Siegel
eines blauen Couverts auf und faltete den Bogen auseinander.
Wie zu erwarten war, fiel das Gros des Vermögens an die beiden Töchter
Janett und Eve. Mit je zehntausend Pfund waren Robert Mullingham, Dr. Ortskill
und der Gärtner Allan Carter bedacht. Allan Carter erhielt außerdem das Recht
zugesprochen, bis zu seinem Lebensende das Landhaus auf den Felsen zu bewohnen.
Nach seinem Tod durfte Eve bestimmen, was mit dem Anwesen geschehen sollte. Nicole
Mercier erhielt einhunderttausend Pfund. Damit hatte sie bis zu ihrem
Lebensende ausgesorgt. Orwin Baynes, der jüngste Bruder des Toten, war
ebenfalls wie Schwester Gila mit zehntausend Pfund bedacht. Eine Klausel
bestimmte, dass sich der Anteil dieser Erbberechtigten automatisch erhöhte,
falls einer sein Erbe nicht annahm oder nicht annehmen konnte.
»Das ist eine sehr weise Bemerkung von Mister Baynes gewesen«, schaltete
sich Larry plötzlich während einer Sprechpause ein, und alle Augen richteten
sich auf ihn. »Ein Erbe kann seinen Anteil nicht entgegennehmen, also wird sich
der Betrag von zehntausend Pfund unter den anderen Beteiligten aufteilen. Der
Unglückliche ist Sir Orwin Baynes. Er ist tot! Er kam um, als er dieses Anwesen
betrat.« Und mit diesen Worten legte er die Reste der Uhr und die Fliege, die
Orwin Baynes getragen hatte, auf den Tisch vor Thomas Mylan. »Ich habe diese
Dinge auf der Treppe gefunden.«
Nicole Mercier presste die Hand vor den Mund. Schwester Gila wurde bleich.
Die anwesenden Herren waren sprachlos.
Thomas Mylan fing sich zuerst wieder. »Diese Bemerkung jetzt, Mister Brent
– was soll sie? Was bezwecken Sie damit?«
Jedem wurde in diesem Augenblick klar, dass der angebliche Chauffeur eine
furchtbare Anschuldigung vorbrachte, eine Anschuldigung, die jedem von ihnen
galt.
Larry Brents energisches Gesicht war kalt wie Stahl. »Orwin Baynes wurde
ermordet. Er war der erste, der hier erschien, und man erwartete ihn bereits.
Ich erwähnte den Fremden, auf den ich in diesem Haus stieß. Niemand kennt ihn.
Und doch bin ich überzeugt davon, dass zumindest einer von uns hier Kontakt zu
ihm hat. Ich kann mir schlecht vorstellen, dass er hier allein agiert.
Vielleicht war geplant, noch mehr Erbberechtigte aus der Welt zu schaffen –
aber bisher gelang es nicht, Mister Mylan. Das
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