0250 - Pandoras Botschaft
die Nasenlöcher, der letzte Schlitz für den Mund. Wenn er diesen öffnete, dann präsentierte er etwas wie Zähne oder Reißer, die an Stahlzinken eines aufgerichteten Kamms erinnerten.
So unförmig Xorron auch wirkte, er war dennoch schnell, geschickt und gewandt. Das hatte er bewiesen, als er seinen ersten Chef, Solo Morasso, retten wollte, als dieser in das Becken mit den gefräßigen Piranhas gefallen war. Auch Lady X war aus ihrem wichtigen Helfer nicht schlau geworden. Während er das Magazin der Waffe mit den Silberkugeln auflud, schaute sie ihn aus den Augenwinkeln an. Sie fürchtete sich zwar nicht vor ihm, hatte manchmal jedoch ein ungutes Gefühl, wenn sie ihn so anblickte. Falls Xorron einmal durchdrehte, dann würde er auch sie unangespitzt in den Boden schlagen. Soweit durfte es nicht kommen. Die beiden dämonischen Wesen waren nicht auf der Straße geblieben, sondern hatten sie verlassen. Dabei hatten sie noch eine eigentlich etwas beunruhigende Beobachtung gemacht. Die Leiche des Mönchs war schon gefunden worden. Ein einsamer Schäfer, der trotz des Winters die Bergwelt durchwanderte, hatte sich in der Nähe aufgehalten und den Toten entdeckt.
Lady X war klar, daß Nachforschungen angestellt werden würden, und vielleicht erhielt auch John Sinclair Bescheid. Sie richtete sich jetzt schon darauf ein, daß sie ihm wieder gegenüberstehen würde. In den Karpaten waren sie sich zuletzt begegnet. Im Schloß des Vampir-Grafen von Leppe war es zum großen Kampf gekommen, und Sinclair hatte der Vampirin wieder einen Stolperstein in den Weg gelegt. Ihren großen Plan allerdings wollte sie nicht aufgeben. Rumänien war genau das Land, das sie anzog. In diese Urheimat der Vampire wollte sie ihre Wirkungsstätte verlegen und dort auch den Geheimbund der Vampire ins Leben rufen.
Das allerdings hatte noch ein wenig Zeit. Erst mußten die Vorbereitungen abgeschlossen werden, und dazu gehörte auch die Beschaffung der geweihten Silberkugeln. »Fertig?« fragte sie.
Xorron wandte ihr seinen Kopf zu. Aus den Schlitzen schaute er sie an. Es war kaum zu erkennen, daß er die Augen geöffnet hatte. Er sprach auch nicht, sondern nickte.
»Dann gib die Waffe her!«
Xorron warf sie seiner Herrin hinüber.
Lady X fing die Maschinenpistole auf. Es waren noch Kugeln übriggeblieben. Zweimal konnte sie bestimmt nachladen, und diese Silbergeschosse ließ sie in einer Schachtel verschwinden, die sie einsteckte. Lady X war zufrieden.
Auch das Versteck hatte sie gut gewählt. Es lag am Hang, der eine Südseite aufwies. Weggetaut war der Schnee. Bäume umgaben sie, und sie hatte einen freien Blick hinunter in ein Tal, wo ein schmaler Wildwasserbach schäumte.
Er quirlte über die Steine und Felsen. Dabei sah er aus, als hätte jemand Waschpulver hineingeschüttet.
»Wohin führt der Bach?« wollte Xorron wissen. Er sprach mit einer seltsam klingenden Stimme, die mehr an einen Computer erinnerte.
Lady X folgte mit ihren Blicken dem Verlauf des Bachs und bewegte nickend den Kopf. »In die Nähe von Billings«, erklärte sie.
»Dort sind Menschen?«
»Ja.«
»Wäre das nicht etwas für uns?«
Die Scott lächelte schmal. »Eigentlich schon«, gab sie zu. »Nur müssen wir jetzt zusehen, daß wir erst einmal die Kugeln wegschaffen. Wir werden uns mit Hilfe des Würfels nach Südamerika teleportieren, denn ich will wissen, was Vampiro-del-mar so alles anstellt.« Damit war Xorron einverstanden. Die Reste der Mordliga hatten hoch oben in den Anden ein gutes Versteck gefunden, eine Naturhöhle, in der sie sich verbergen konnten. Lady X nannte sie die provisorische Operationsbasis, denn die richtige wollte sie in Rumänien errichten, wo das Grauen seine Heimat hatte, wie sie immer behauptete. Pamela Scott nahm den Würfel.
Sehr behutsam faßte sie ihn an. Er klemmte zwischen ihren Händen, und sie lächelte, als sie auf die Fläche starrte. Dieser Würfel war etwas Besonderes. Man konnte ihn manipulieren. Er gehorchte jeweils seinem Besitzer. Lady X manipulierte ihn zum Schlechten hin, ein anderer würde damit Gutes tun. So war der Würfel ähnlich einem Chamäleon, das je nach Lage immer seine Gestalt farblich veränderte. Im übertragenen Sinne galt dies auch für den Quader.
Ein wirklich seltenes Stück. Lady X genoß es jedesmal, wenn sie ihn in der Hand hielt. Vor allen Dingen dann, wenn sie Ruhe hatte und es auskosten konnte.
»Werden wir wieder zurückkehren?« fragte Xorron.
»Ich denke schon.«
»Und was wollen
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