0251 - Der Erbe des Bösen
auf. Jäh erloschen die schreienden Gedanken des Meeghs. Von einem Moment zum anderen verschwand der Schattenschirm. Sekundenlang sahen die Menschen ein Gebilde, wie sie es sich erschreckender kaum vorstellen konnten. Aber noch ehe sie überhaupt begriffen, wie es aussah, zerbröckelte es zu feinem Staub. Bill konnte gerade noch zugreifen und etwas umklammern, das etwas langsamer zerfiel.
Fenrir winselte.
Bill humpelte zu ihm hinüber. »Was ist los, alter Junge?« fragte er und streichelte das Fell des Wolfes. Odinsson stand unterdessen auf und starrte den Staub an, der von dem Meegh übriggeblieben war.
»Himmel«, keuchte er. »Was war das denn für eine Kreatur? Bill, hast du eine Ahnung?«
Bill Fleming schüttelte den Kopf.
»Balder, ich möchte es nicht wissen, was das war… Ich bin froh, daß ich es nicht richtig gesehen habe! Vielleicht hätte ich den Verstand verloren. Jetzt verstehe ich auch, warum diese Biester sich hinter den Schattenschirmen verstecken. Vielleicht bringt sie sonst ihr Aussehen gegenseitig um…«
»Die Burschen in der Blauen Stadt sollen aber ein wenig menschlicher ausgesehen haben«, sagte Odinsson.
»Mensch-Insekten«, sagte Bill verbessernd. »Aber das waren doch nach ihren eigenen Aussagen veränderte Meeghs, die mit ihrem ursprünglichen Aussehen nichts mehr gemein hatten.«
Es geht schon wieder, meldete sich Fenrir. Mir tun alle Zähne weh. Ich glaube, ich habe da in Feuer gebissen…
Er klappte die Schnauze auf. Bill sah, daß das Gebiß des Wolfs eine dunklere Färbung angenommen hatte, und das Zahnfleisch war stark gerötet.
Dabei hat der komische Vogel nicht mal nach Fleisch geschmeckt, beschwerte sich Fenrir.
»Aber er hat uns was Schönes hinterlassen«, sagte Bill und hob die Faust. Darin lag ein klobiges schwarzes Ding -das, welches er durch sein blitzschnelles Zupacken vor dem Zerfallen gerettet hatte.
»Jetzt sind wir am Drücker, buchstäblich«, sagte der Historiker. »Und jetzt wird aufgeräumt!«
Er zielte beidhändig und löste die Waffe aus.
Ein trotz seiner tiefen Schwärze leuchtender Strahlenfinger schoß aus der Mündung hervor und traf die Stelle der Wand, wo sich die versteckte Türöffnung befand.
Im nächsten Moment war die Hölle los.
***
Wie ein Sturmwind fielen sie über das Dorf her. Die ersten Menschen, die sie sahen, hielten sie für eine Sinnestäu-IZAMORRAl schung. Reitende Skelette in blitzenden Rüstungen - das durfte es doch nicht geben! Das war unmöglich!
Dann wurden die ersten Männer und Frauen, ohne Unterschied des Alters, auf die Pferde gezerrt. Und die anderen begriffen, daß es hier keine Sinnestäuschungen gab. Einige eilten in die Häuser. Gewehre, sonst nur zur Jagd benutzt, tauchten auf.
Als der erste Schuß krachte und trotzdem den Gegner nicht tötete, stürmten die Skelettreiter das Haus, aus dessen Eingang heraus geschossen wurde. Der Schütze war tot, ehe er begriff, daß es ihm an den Kragen ging. Skelette sprangen von den Pferden, drangen in das Haus ein und töteten jeden, der sich in seinem Innern befand. Dann ging das kleine Häuschen in Flammen auf.
Die wenigen Telefonleitungen wurden gekappt. Die Skelettreiter wußten genau, wie sich die Menschen des zwanzigsten Jahrhunderts zu verständigen pflegten. Ein Polizeinotruf riß mitten im Wort ab.
Der Überfall dauerte keine fünfzehn Minuten. Dann jagte die wüde Horde zurück zum Château Montagne. Der letzte Reiter verhielt noch einmal auf der Straße und schrie den verzweifelten, hilflosen und wütenden Menschen etwas zu. Dann folgte er seinen Gefährten.
Die im Dorf zurückblieben, sahen sich an.
Das Grauen war nach so vielen Jahrhunderten zurückgekehrt.
»Leonardo ist wieder da… Warum tut Zamorra nichts?«
Vorläufig aber mußten sie selbst etwas tun. Das brennende Haus löschen, ehe die Flammen auf die Nachbargebäude übergreifen konnten.
Das Entsetzen überschattete die Arbeiten.
Oben im Schloß triumphierte das Grauen.
***
Kerr bockte wie ein wildes Pferd. Der Skelett-Krieger, der in seinem Rücken gelandet war, flog durch die Luft. Gewandt wie eine Katze kam Kerr wieder auf die Beine.
Er sprang dem Krieger nach, den er abgeschüttelt hatte, und warf sich auf ihn. Zwei Schwerter pfiffen durch die Luft und verfehlten ihn nur um Haaresbreite. Die Skelette nahmen keine Rücksicht mehr auf Kerrs Leben! Offenbar war er doch nicht sonderlich wichtig für Leonardo.
Ein Hieb der Knochenfaust warf ihn zurück. Der Schmerz explodierte in ihm
Weitere Kostenlose Bücher