0251 - Xorron - mein Lebensretter
»Wäre doch gelacht, wenn wir das bißchen nicht schaffen«, knurrte Suko, wobei er einen schrägen Blick der Vampirin auffing.
Der Inspektor grinste. »Woran denkst du?« fragte er. »An mein Blut? Das kannst du dir abschminken, Lady X!«
Als Antwort zog sie ihre Lippen zurück und präsentierte die beiden Vampirzähne.
»Die haue ich dir noch in den Leib, diese kleinen Beißerchen!« versprach sie Suko, bevor er damit begann, durch das jetzt offene Dach nach draußen zu klettern. Die Öffnung war breit genug, so daß er mit seinen Schultern hindurchkam. An einem Holzbalken hielt er sich fest, strampelte noch mit den Beinen und schaffte es, auf das Dach zu gelangen.
Er blieb liegen, denn es war nicht einfach, auf die Füße zu kommen, weil das Dach ziemlich schräg und durch die Feuchtigkeit auch sehr rutschig war. Sogar hier wurde er vom Widerschein der Flammen getroffen. Genaues konnte er nicht erkennen, da ihm die Dachschräge den Blick in die Tiefe verwehrte. Dann kam Lady X. Sie hatte sich die Maschinenpistole um die Schulter gehängt. Geschmeidig waren ihre Bewegungen. Wie eine Schlange glitt sie auf die Schräge und blieb neben Suko.
»Was machen wir jetzt?«
Der Inspektor deutete nach vorn. Genau an der Stelle, wo das Dach sein Ende fand, schloß sich das nächste Haus an, das allerdings nicht in gleicher Höhe, sondern um etwa einen Yard tiefer lag. Wenigstens schätzte Suko dies. »Dort müssen wir hin.«
»Dann geh!«
Suko machte den Anfang. Auf allen vieren bewegte er sich vor und hielt aufgeschreckt inne, als unter ihnen etwas zusammenkrachte, wobei sich die Erschütterung sogar auf das Dach übertrug.
Die Flammen breiteten sich aus, und es würde sicherlich nicht lange dauern, bis sie auch das Dach erfaßt und die Pfannen weggesprengt hatten.
Über ihnen lag ein grauer Himmel. Von der Straße her leuchtete der Widerschein des Feuers. Zuckenden Schatten gleich tanzte er über die graue Himmelsfläche. Es war eine gespenstische Atmosphäre, in der sich die beiden so ungleichen Partner voranbewegten. Man hatte sie in die Enge getrieben, und sie sahen keine andere Möglichkeit, zu einem Erfolg zu kommen, deshalb diese Tour. Suko erreichte zuerst das Ziel. Noch hielt das Dach, hatte sich das Feuer nicht so weit ausgebreitet, daß es auch die Konstruktion erfaßte, doch als Suko nach unten blickte, da erkannte er, daß ihre Chancen nicht gut standen. Pandoras Brut hatte die Straße regelrecht überschwemmt. Und nicht nur diese, auch an den anderen Seiten des Hauses lauerten sie und hatten mit ihren Flammenpeitschen Feuer gelegt. Suko sah einen alten Schuppen lichterloh brennen. Zwischen den Wesen bewegten sich schattenhaft und wie Marionetten die Bewohner von Billings. Sie waren durch den Keim der Unheilbringerin voll infiziert worden. Suko mußte den Sprung auf das Nachbardach schaffen. Wirklich keine große Entfernung. Normalerweise eine der leichtesten Übungen des Chinesen, und Suko holte tief Luft, bevor er sich auf das Nachbarhaus fallen ließ. Er wäre gern in diesem Augenblick eine Katze gewesen. Sie hätte sich festgekrallt. Suko konnte es nicht, obwohl er es versuchte. Er verlor fast das Gleichgewicht, mußte nachgreifen, rutschte dabei weg, hatte aber Glück im Unglück, denn er bewegte sich genau auf einen Schornstein zu, der ihm nicht nur im Weg stand, sondern ihm auch den nötigen Halt bot, so daß Suko seine Arme um das Mauerwerk klammern konnte. Geschafft!
Er zog die Beine etwas an, drehte seinen Unterkörper, um mit den Knien Halt zu finden, und konnte nicht nur zurück, sondern auch auf Lady X schauen, die ebenfalls in diesem Moment sprang.
Sie hatte es so machen wollen wie Suko. Im ersten Moment sah es auch so aus, als würde sie es schaffen, dann aber war ihr ausgerechnet ihre Waffe im Weg. Der Lauf der MPi kantete auf eine Dachpfanne, dadurch geriet Lady X aus der Richtung, und sie rutschte ab.
Im Nu befand sich die Vampirin auf dem Weg zum Dachrand. Suko hörte ihren Fluch. In einer reaktionsschnellen Bewegung löste er einen Arm vom Schornstein und streckte ihn so aus, daß er Lady X den Weg versperrte. Trotzdem reichte es nicht.
In einer Entfernung von vielleicht einer Handspanne glitt die Untote an Sukos Fingern vorbei.
Dabei fluchte sie wie ein Seemann, und sie verfluchte auch den Inspektor, denn sie glaubte, daß Suko sie reingelegt hatte. Verzweifelt war sie bemüht, die Rutschpartie nach unten zu beenden, doch das Dach hatte einfach eine zu starke Neigung. Zudem
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