0252 - Die Tochter des Totengräbers
wobei er meine Füße nicht losließ.
Den Spaß wollte ich ihm verderben. Ich wuchtete meinen Oberkörper hoch und nahm statt der Beretta wieder den geweihten Silberdolch in die rechte Hand.
Durch mein Gegengewicht hatte er sich weiter aus dem Grab ziehen können, denn irgendwie mußten meine Beine ähnlich wirken wie die Reckstange für einen Turner.
Die Schädelplatte konnte ich sehen. Sie schimmerte in einem dunklen Grau; Dreck klebte auf ihr, und an der Seite war sie sogar zersplittert.
Die rechte Hand mit dem Dolch wuchtete nach unten.
Genau in die Mitte des Schädels hieb ich die Klinge hinein, und sie durchdrang den Kopf, als bestünde er aus Butter. Dabei sprengte sie ihn in zahlreiche Stücke, die wie die Schalen einer Nuß zur Seite flogen.
Ein dumpfes Geräusch klang aus dem Innern des Grabes, vielleicht ein Stöhnen oder Ächzen. Mir war es egal. Ich wußte, daß der Zombie keinem mehr etwas zu Leide tun konnte. Langsam rutschte er wieder in das Grab hinein, wo er endgültig verfaulen würde.
Bevor die linke Hand verschwand, fielen noch zwei Finger ab, danach sah ich nichts mehr von ihm.
Ich atmete auf und stemmte mich hoch. Ein wenig zittrig war mir schon zumute, und auf meiner Stirn klebte der Schweiß.
Was der Zombie mit Leichtigkeit geschafft hatte, bereitete mir unsägliche Mühe. Ich bekam den Grabstein kaum hoch, mußte noch mal ansetzen und schaffte es, ihn zur Seite zu kippen, nachdem ich ihn hochkant gestellt hatte.
Darunter befand sich Knochenmehl. Das war von Sir Edward Jeffries zurückgeblieben. Nichts wies mehr auf diesen gefährlichen Spuk hin.
Ich hob mein Kreuz auf und verließ den kleinen Friedhof mit einem guten Gefühl, denn auch das Testament dieses Wesens war verbrannt.
Auf halber Strecke sah ich Bill. Er lief mir auf unsicheren Beinen entgegen, sah mich, winkte und wartete, bis ich bei ihm war.
»Himmel, John«, sagte er. »Was war mit mir los?«
Ich grinste. »Du hattest einen Vollrausch.«
»Das kannst du deiner Großmutter erzählen. Was ist tatsächlich geschehen?«
Ich berichtete es ihm auf dem Weg ins Haus. Bill konnte es nicht fassen, daß er als Gastkörper mißbraucht worden war, aber er hatte den Fall mit heiler Haut überstanden, sah man von den Schrammen im Gesicht einmal ab.
»Und was machen wir mit dem Mädchen?« fragte er, als wir vor der Tür noch einmal stehenblieben.
Ich hob die Schultern. »Es ist nicht unser Problem, Bill. Marion ist von dem Bann erlöst. Ich hoffe nur, daß ihre Eltern ihr verzeihen werden.«
»Ja, John, das hoffe ich auch…«
ENDE
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