0253 - Bankraub kurz nach Mitternacht
die Tür öffnete und die Kette baumeln ließ. Das Mädchen sah übernächtigt aus.
»Haben Sie nicht geschlafen, Sarah?«, fragte ich.
»Doch, Sir. Aber nicht gut. Ich habe Angst.«
»Wovor, Sarah?«
»Ich weiß nicht, Sir. Aber wer einen ermordet, kann auch zwei töten.«
»Da ist was dran, Sarah«, nickte ich ernst. »Ich glaube aber nicht, dass es der Mörder auf Sie abgesehen hat. Es sei denn, Sie hätten uns etwas verschwiegen.«
»Oh, Sir, ich habe alles gesagt, was ich wusste!«, rief sie hastig.
Ich klopfte ihr auf die Schulter.
»Schon gut, Sarah. Ist Mister Perkins zu Hause?«
»Nein, Sir. Mister Perkins ist schon vor einer Stunde zur Bank gefahren.«
»Dann können wir uns vielleicht in die Küche setzen, Sarah? Wir müssen uns noch einmal unterhalten.«
»Ja, Sir. Bitte.«
Sie ging vor uns her auf die Küchentür zu. Auf der Eckbank nahmen wir Platz. Sarah fragte, ob sie uns einen Kaffee anbieten dürfte. Wir nahmen dankend an, weniger weil wir noch gern einen Kaffee getrunken hätten, als vielmehr wegen der Tatsache, dass Küchenpersonal gewöhnlich seine Scheu verliert, wenn man es in der vertrauten Umgebung beschäftigen lässt. Jede Unterhaltung dabei verliert den Charakter eines Verhörs.
Sarah nahm eine Dose Pulverkaffee, blickte hinein, sie war noch gut halb voll, und stellte sie wieder beiseite, um eine neue Dose aufzureißen, die noch den Originalverschluss hatte. Sie riss das dünne Blatt Weißblech heraus, mit dem der Kaffee luftdicht abgeschlossen war.
»Warum nehmen Sie eine neue Dose, Sarah?«, fragte Phil. »In der anderen war doch noch genug.«
»Und wenn der Kaffee auch vergiftet ist?«, fragte Sarah. »Kann man denn wissen, wo der Mörder überall sein Gift hineingetan hat?«
Phil sah mich verdattert an. Ich runzelte die Stirn und fing an, nachzudenken. Eve Perkins war an einem Gift gestorben, das sich in einem Cognacglas befunden hatte. Der Cognac selbst stand in einem Glas in der Bibliothek. Theoretisch wäre es durchaus denkbar gewesen, dass vor Eve Perkins jemand daraus getrunken hätte. Auch der Mörder musste dieses Risiko gewusst haben. Was lag also näher als die Annahme, dass er sich gesichert hatte, indem er mehrere Giftfallen stellte, also mehrere Dinge vergiftete, um ganz sicher zu gehen, dass sein Anschlag auch der von ihm gemeinten Person das Leben rauben würde?
»Sie haben recht, Sarah«, sagte ich ernst. »Wir hätten selbst schon auf diesen Gedanken kommen müssen. Packen Sie alles, in dem Gift sein könnte, zu einem großen Paket zusammen. Wir lassen jede Speise, jedes Getränk und jedes Nahrungsmittel in unserem Labor prüfen.«
»Ach, das wäre aber sehr freundlich«, nickte das Mädchen erleichtert. »Man kann doch all die guten Sachen nicht wegwerfen! Das wäre doch die reinste Sünde. Und ich habe heute früh noch nicht gewagt, etwas zu essen.«
»Vielleicht war es besser so. Aber Mister Perkins wird sicher gefrühstückt haben, nicht wahr?«
»Ja, Sir. Natürlich.«
»Dann können Sie unbesorgt von den Speisen essen, die Mister Perkins heute Morgen zu sich nahm. Wenn davon etwas vergiftet gewesen wäre, wüssten Sie es jetzt schon lange.«
Das Mädchen klatschte die Hände zusammen und rief: »Dass ich daran nicht gedacht habe! Ich habe einen fürchterlichen Hunger! Eigentlich wollte ich mir ein frisches Brot besorgen, aber ich wagte mich auch nicht aus der Wohnung hinaus. Überall, wo ich hinkomme, werden sie mit mir über den Tod von Mrs. Perkins sprechen wollen. Ach, es ist furchtbar…«
Sie seufzte tief, war aber noch jung und gesund genug, um sich gleich darauf der Zubereitung eines kräftigen Frühstücks für sich selbst zuzuwenden. Sie fragte uns ein paar Mal, ob wir nicht mithalten möchten, aber wir lehnten es dankend ab. Während sie noch mit ihren Vorbereitungen beschäftigt war, kamen wir zu dem Thema, das uns hierher geführt hatte.
»Hören Sie, Sarah«, sagte ich, »während Sie sich Ihr Frühstück machen, können Sie uns erzählen, wie gestern der Tag hier ablief. Wir fangen am besten mit dem Frühstück an. Oder hat vor dem Frühstück schon jemand angerufen?«
»Nein, so früh telefoniert doch noch keiner.«
»Post ist vor dem Frühstück auch noch nicht gebracht worden. Oder ein Brief von einem Boten?«
»Was für ein Brief denn?«
Ich unterdrückte ein Seufzen. Sarah mochte ein herzensguter Kerl sein, aber mit zu viel Intelligenz war sie gewiss nicht gesegnet.
»Ich meine nur so«, brummte ich.
»Wir möchten
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