0253 - Todesurteil für Zamorra
abgeholt werden …
Der Schwarzmagier rief einen seiner Skelett-Krieger zu sich. Als der Mann vor ihm stand, setzte Leonardo seine schwarze Kraft ein. Das Skelett veränderte sich, wurde von künstlichem Fleisch überwachsen. Es war eine Illusion, mehr nicht, denn Leonardo wendete den schwächsten Zauber an, den er wirken konnte. Aber das würde reichen. Bis Zamorra merkte, in welche Falle er tappte, war ohnehin alles zu spät.
Die Rüstung schwand, Kleidung entstand.
Dann stand Raffael Bois vor Leonardo.
Nein, es war nicht Raffael. Es war nur sein Abbild, sein schwarzmagischer Doppelgänger.
»Nimm eines von den pferdelosen Fahrzeugen«, befahl Leonardo, »und fahre flugs gen Lyon. Dort, wo die stählernen Vögel ihr Nest haben, wirst du Zamorra und seine Gefährtin finden. Bringe sie hierher – lebend.«
»Ich höre und gehorche«, zischelte der falsche Raffael.
Er verneigte sich und zog sich zurück. Leonardo de Montagne ließ sich auf seinem Thronsitz nieder, welcher aus Menschenknochen gearbeitet worden war. Er dachte an Zamorras Amulett, das eigentlich ihm zu gehören hatte.
Die Kraft einer entarteten Sonne … barg nicht allein schon die Art der Entstehung des Amuletts den Keim des Dunklen in sich? Was war denn eine entartete Sonne?
Raffaels Doppelgänger unterdessen erreichte die Garage, die einst der Pferdestall war. Er sah sich um und fand den Citroën CX, Zamorras »Zugeständnis an den Patriotismus«, wie Nicole zuweilen scherzhaft zu sagen pflegte. Der umgewandelte Skelett-Krieger kam auf Anhieb mit dem Wagen klar. Die finstere Magie, die ihn erfüllte und am künstlichen Leben erhielt, sorgte dafür.
Er fuhr los und steuerte den Citroën die Serpentinenstraße hinunter, um dann Kurs auf Lyon zu nehmen.
Der Unheimliche war unterwegs. Und Zamorra, das Opfer, war immer noch ahnungslos.
Leonardo sonnte sich bereits in dem Gedanken, in kurzer Zeit der Herr des Amuletts zu sein …
***
Teri Rhekens Vermutung stimmte, daß die Abschirmung, die Zamorra und Nicole umgab, nur passiv wirkte, also nur dann aktiv wurde, wenn jemand gezielt versuchte, Zamorra zu erreichen, sei es persönlich oder durch die Kraft der Gedanken.
Gryf merkte es, als die Ankunft der Maschine aus Paris ausgerufen wurde und er immer noch nichts spürte, das ihn von hier vertreiben wollte. Der Druide lächelte. Also ließ sich Leonardo de Montagne doch austricksen. Man mußte nur genügend Geduld haben und auf die richtige Idee warten können …
Gryf war und blieb vorsichtig. Er rechnete damit, daß hier, kurz vor dem Ziel, dunkle Mächte versuchen würden, sich an Zamorra heranzumachen. Denn als nächstes würde er Château Montagne erreichen. Und dann …
Das Schloß war eine Falle. Aber würde Zamorra nicht Verdacht schöpfen? Deshalb lag es nahe, daß der Gegner hier zuschlagen würde, in Lyon, unmittelbar nach der Landung des Flugzeuges.
Gryf erhob sich aus dem Sessel, in dem er wachsam gewartet hatte. Er sah in die Runde. Nur zwei, drei Menschen hielten sich in der großen Wartehalle auf. Einer griff jetzt nach seiner Aktentasche und schritt langsam zur Abfertigung hinüber. Offenbar wollte er mit der Maschine, die Zamorra brachte, abfliegen.
Gryf lächelte.
Er selbst hatte das alles nicht nötig. Zeit seines Lebens, das immerhin weit über achttausend Jahre zählte – die genaue Zahl wußte er selbst schon seit siebentausendfünfhundert Jahren nicht mehr –, war er immer ein Tramp gewesen. Er tauchte mal hier und mal da auf, und seine Fähigkeit, als Druide den zeitlosen Sprung durchführen zu können, brachte ihn innerhalb einer Sekunde an fast jeden gewünschten Punkt der Erde.
Und manchmal darüber hinaus …
Plötzlich stutzte er. Ein weiterer Mann betrat die große Wartehalle, wohl um sie zu durchqueren. Es traf Gryf wie ein elektrischer Schlag. Er kannte diesen weißhaarigen, alten Mann mit der aufrechten Haltung.
Raffael Bois …
Unwillkürlich bildete sich auf Gryfs Körper eine Gänsehaut. Raffael Bois hier, wo Château Montagne in der Hand des Gegners war?
Hatte Kerr nicht erzählt, daß Raffael als erster Leonardo in die Klauen fiel? Was machte er also jetzt hier auf dem Flughafen? Gryfs Gedanken überschlugen sich. Von seinen zahlreichen Besuchen her kannte er Raffael und wußte, daß der alte Diener alles andere als ein harter Kämpfer war. Und wenn Kerr es schon mehr als schwer gehabt hatte und nur durch einen glücklichen Zufall entkommen konnte, so würde es Raffael mit
Weitere Kostenlose Bücher