0254 - Am Hafenkai regiert Gewalt
Veröffentlichung dessen, was Sie eben gesagt haben, können Sie der schwebenden Untersuchung einen nicht wieder gutzumachenden Schaden zufügen. Wir hoffen, dass Eigins Mörder oder vielmehr der den Auftrag dazu gegeben hat, vorläufig noch nicht ahnt, wie viel wir wissen. Ihre Veröffentlichung würde ihm wahrscheinlich auf die Sprünge helfen, und was das bedeutet, dürfte Ihnen klar sein.«
»Mehr wollte ich gar nicht, Jerry«, kicherte Louis. »Es wäre ja das erste Mal, dass ich Ihnen in den Rücken falle, aber ich kann die gottverfluchte Geheimnistuerei nicht leiden und habe Sie gezwungen, Färbe zu bekennen. Was bekomme ich nun, wenn ich es bei der offiziellen Version belasse?«
»Genau das, was Sie wollen, Sie schmutziger Erpresser. Sie bekommen Ihre Exklusiv-Story, sobald der Fall geklärt ist.«
»Und ein paar Scotch«, forderte er.
»Meinetwegen auch die. Ich kann sie dann mit gutem Gewissen aufs Spesenkonto schreiben.«
Damit war auch das erledigt. Das nächste war eine Haussuchung in Fargos Wohnung, Clinton Street 106.
Es war ein typisches East-End-Haus, alt, verwittert, fünfstöckig und beherbergte vierzig verschiedene Mietparteien. Die Wohnung der Fargos lag im dritten Stock, hatte zwei Zimmer und eine Küche und war altmodisch, aber sauber.
Trotz genauester Nachforschung kam bei dieser Haussuchung nicht das Geringste zutage.
Ich setzte mich mit Sergeant Marbel vom 17. Revier in der Delancey Street in Verbindung, und dieser versprach mir, er werde dafür sorgen, dass Tag und Nacht ein Detective dort auf Posten stünde für den Fall, dass Fargo den-Versuch mache, sich dort etwas zu holen.
Wieder einmal mussten wir einen neuen Feldzugsplan entwerfen, und wieder einmal zogen wir den alten Neville zu Rate. Er ließ sich berichten, rieb die Nase, kratzte sich zuerst hinterm Ohr und dann am Kinn, bis er endlich in ein Hohngelächter ausbrach.
»Ihr seid Kanonen. Das muss ich schon sagen. Gebt acht, wie ich die Sache sehe: Der Mord an Eigin geschah am Pier 18, und wenn man berücksichtigt, dass der Kerl über fünftausend Dollar in der Tasche hatte und sich in sein Sündenregister vertieft hat, so gibt es nur eine Lösung, und die heißt: Erpressung. Der Boss auf Pier 18 ist letzten Endes King Niles und wahrscheinlich als dessen Beauftragter Mr. Craine von der Getreidelagerungs- und Transportgesellschaft, in dessen Namen sein Prokurist William Lee handelt. Elgin wurde also, immer nach meiner Theorie, in direktem oder indirektem Auftrage King Niles, umgebracht. Ihr müsst immer bedenken, dass der Bursche stark verdächtigt war, bei einem Callgirl-Ring und beim Verkauf von Rauschgift beteiligt gewesen zu sein. Beides sind Transaktionen, die auch bei den Bossen der Waterfront als einträglich bekannt und beliebt sind. Nehmen wir nur an, Eargo habe diesen Elgin ermordet, weil er zu viel wusste und King Niles oder einen seiner Leute erpresste. Dann kamt ihr und stecktet eure Nasen hinein. Eure Unterhaltung mit Lyons wurde abgehört, und man fasste den schnellen Entschluss, die beiden G-men verschwinden zu lassen.«
Neville dachte einen Augenblick nach und schüttelte den Kopf.
»Was ist los, was passte Ihnen nicht?«, fragte Phil.
»Das Letztere. King Niles wird niemals so blöde sein, zwei G-men in seinem Bezirk in einen Silo werfen zu lassen, aus dem sie ja früher oder später wieder zutage kommen müssen. Das würde ein heilloses Theater geben, und selbst, wenn man ihm nichts würde nachweisen können, so stünde er von diesem Augenblick an auf der Liste der Leute, die das FBI besonders auf dem Strich hat. Und er könnte es nicht wagen, auch nur das Geringste zu unternehmen, ohne fürchten zu müssen, geschnappt zu werden. Allerdings besteht die Möglichkeit, dass Fargo selbst in einer Art von Kurzschlusshandlung Mist gemacht hat. Das wäre auch die Erklärung für sein fluchtartiges Verschwinden. Für mich steht fest, dass Fargo seinen Boss King Niles mehr fürchtet als die City Police und das FBI zusammen. Wohin könnte Fargo sich verkrümelt haben? Es gibt nur eine Möglichkeit, King Niles und sein Gegenspieler, Ed Jarlatan sind spinnefeind. Well. Ein Mann wie Färgo, der zehn Jahre im Königreich von Niles gearbeitet hat, wird von der Konkurrenz jederzeit mit offenen Armen aufgenommen, das heißt, Fargo ist Jarlatans Boy. Wenn ihr nun noch dazu bedenkt, dass dieser Jarlatan, von dem ich einiges weiß Armenier ist, also keiner der ausgekochtesten unter der Sonne, so ist die Sache klar. Wenn
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