0254 - Am Hafenkai regiert Gewalt
konnte, packte ich den Pförtner am Kragen.
»Wer war das, und was wollte er?«, schrie ich ihn an.
»Ich weiß es nicht. Er hatte einen Passierschein, und da musste ich ihn einlassen.«
»Und wer stellt diese Passierschiene aus?«
»Die Firma.«
Nun, die Firma Crain würde mir Rede und Antwort stehen müssen. Vorläufig interessierte ich mich dafür, was die Burschen am Ende des Piers gewollt hatten. Einer der Streifenwagen blieb stehen. Der zweite folgte uns.
Vorsichtig fuhren wir bis dicht an den Fluss. Das Wasser plätscherte. Die Wellen schimmerten silbern im Licht des Mondes, der gerade hinter einer Wolke herauskam. Alles schien ruhig und friedlich zu sein.
Die Cops liefen herum und schnupperten, um sich nützlich zu machen, aber sie fanden nichts. Wenn es hier überhaupt etwas zu finden gab, so war das im Fluss. Ich beugte mich vor, und da sah ich etwas unter dem Ponton, der voraus seitlich in den Fluss ragte. Es sah aus wie ein Paket, das leise in den Wellen schaukelte. Es war zu tief, als dass wir es hätten erreichen können.
»Besorgen Sie uns einen Haken oder so etwas« rief ich einem der Cops zu, der in seinen Wagen sprang und im Eiltempo zurückfuhr.
Ein paar Minuten später war er wieder da und brachte eine der langen, mit einem Stahlhaken versehenen Stangen, wie sie beim Verladen und Verstauen von Ballen und Säcken benutzt werden. Ich erwischte das Paket damit und versuchte es hochzuziehen, aber es war zu groß und zu schwer. Es war auch kein Paket, sondern es war ein prall gefüllter Sack.
Mit drei Mann zogen wir, bis wir diesen endlich über die Kante des Piers heben konnten.
Einer der Cops zog ein Messer heraus und sah mich fragend an. Ich nickte. Das Gewebe knirschte.
In dem Sacks steckte eine Leiche. Als ich ihr ins Gesicht sah, überlief es mich eiskalt. Es war Patty Deegan.
***
Sie hatte eine Verabredung gehabt, eine Verabredung mit dem Tod. Ihre Hände waren auf den Rücken gefesselt und ihr Mund mit Heftpflaster verklebt.
Zehn Minuten später war die Mordkommission da. Doc Price von der Stadtpolizei konnte nur feststellen, dass der Tod vor einer guten halben Stunde durch Ertrinken eingetreten war. Man hatte die Unglückliche also gefesselt im Sack in den Fluss geworfen.
Als Erster wurde der Pförtner verhaftet, obwohl er leidenschaftlich behauptete und beteuerte, er wisse von nichts.
»Wer waren die Leute, die uns am Einfahren hinderten?«, fragte ich ihn. »Die Männer von der Nachtpatrouille«, sagte er. »Seitdem hier an der Waterfront ein paar große Einbrüche und Diebstähle erfolgt sind, haben die Gesellschaften aus ihren eigenen Leuten Patrouillen gebildet, die die Piers bei Nacht kontrollieren.«
»Und wo sind die Burschen jetzt?«
»Ich weiß es nicht«, sagte er achselnzuckend.
»Dann bleiben Sie eben so lange im Kahn, bis Sie sich daran erinnern«, drohte Lieutenant Cressbom, der Führer der Mordkommission. »Mit Kerlen, wie Sie einer sind, werden wir immer noch fertig.«
Natürlich wurden alle benachbarten Piers sofort abgesucht, aber außer den Pförtnern und einigen uniformierten Wächtern fand sich nichts, und niemand wollte etwas gesehen haben.
Um drei Uhr fünfzehn wurde Mr. Louis Crain, der Chef der Getreidelagerungs- und Transportgesellschaft, aus seinem Bett in der 73. Straße aufgescheucht und vernommen. Er war entrüstet und schäumte vor Wut über die Störung seiner Nachtruhe. Gewiss, es gab Passierscheine, die gelegentlich ausgestellt wurden, wenn jemand außerhalb der offiziellen Geschäftszeiten an einem der Piers der Gesellschaft zu tun hatte, aber wer gerade diesen Passierschein ausgestellt hatte und für wen, entzog sich seiner Kenntnis.
»Ich bin gerne bereit, am Morgen nachzuforschen«, sagte er. »Jetzt aber lassen Sie mich in drei Teufels Namen in Ruhe.«
Wir zogen also unverrichteter Dinge wieder ab, jedoch nicht, ohne Mr. Crain und sein Haus unter Beobachtung gestellt zu haben.
Inzwischen hatte die Stadtpolizei das Haus in der 49th Avenue in Queens besetzt. Es war verlassen, aber musste noch bis vor ganz kurzer Zeit bewohnt gewesen sein. Die Nachbarn hatten gegen zwei Uhr verschiedene Wagen wegfahren hören, sich aber weiter nicht darum gekümmert. Die Mieterin war anscheinend eine Mexikanerin gewesen, die unter dem Namen Gomez bekannt war. Man wusste nur, dass sie fast jeden Abend eine Menge Besucher gehabt hatte und es meistens sehr hoch herging.
Das Haus gehörte Mr. Perry Niles. Jetzt hatten wir einen Grund, den König der
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