0254 - Geister-Party
unscheinbare Treppe neben der Reception und dem Frühstücksraum tiefer gegangen, hatten wie selbstverständlich mehrere Türen passiert, die zu diversen Konferenzräumen führten und waren dann an dem Ort aufgetaucht, wo auch außerhalb der Sperrstunde noch ein Ale zu bekommen war. Auf dem überdimensionalen Fernsehschirm lief das Video eines Spielfilms ab, der jedoch wenig Interesse fand.
Inzwischen war es Mitternacht geworden. Geisterstunde! Die Zeit, wo Lady Viviane und Sir Roderick ihren Geisterkörper fast zu fester Materie machen konnten.
Weder der grauhaarige Kellner noch die anwesenden Gäste ahnten, daß die selbst für britische Verhältnisse sonderbar gekleideten Herrschaften Besucher aus dem Totenreich waren.
Flüsternd ging die Runde, daß es sich anscheinend um Opernsänger handelte, die ein Gastspiel in Covent-Garden gaben und noch ihre Bühnengarderobe trugen. Sir Roderick genoß es sichtlich, daß er mal wieder richtiges Bier bekam.
»Im Dämonenreich ist man sicher hellhörig geworden, als man etwas von der Gespensteraktion merkte!« erklärte Nicole Duval. »Wir wollen Asmodis keine Chance geben, uns aufzuspüren!«
»Ich kann Ihnen nur die Sicherheit meines Schlosses anbieten, mein Freund!« erklärte der Earl. »Sie haben ja damals bereits festgestellt, daß viele Gespenster, die sich zusammentun, auch einen Dämon besiegen können!«
»Aber nicht, wenn die Hölle ihre gesamte Macht ausspielt!« erklärte Zamorra kategorisch. »Asmodis wollte in ihrem Schloß eine Art Brückenkopf bilden. Aber damals stand ich noch unter dem Schutz des Amuletts. Heute ist es einfacher für ihn. Wüßte er genau, wo ich mich befinde; London würde von Werwölfen, Vampiren und anderen Kreaturen des Schattenreiches nur so wimmeln. Gegen die nützt mir nämlich der Zauber des Ju-Ju-Stabes nichts. Und es wird noch einige Tage dauern, bis meine Freunde die Vorbereitungen getroffen haben, die Beaminster Cottage für mich zur sicheren Zuflucht zu machen. Jedenfalls werde ich morgen früh das ›Regent-Palace-Hotel‹ verlassen. Ich kann es nicht verantworten, daß unschuldige Menschen in einen Dämonenangriff hineingezogen werden. Wir dürfen nie vergessen, daß Asmodis ein Teufel ist , für den das Böse etwas Positives ist. Er wird weder Menschen- noch Dämonenleben schonen, wenn es darum geht, mich zu beseitigen!«
»Also benötigen Sie ein neues Versteck, Monsieur Zamorra!« faßte der Earl of Pembroke zusammen. »Ich hätte da eine Idee!«
»Lassen Sie hören!« Professor Zamorra war gespannt.
»Was halten Sie von einer kleinen Party auf Schloß Windsor?« fragte Sir Archibald. » Einer Geister-Party … «
***
Die mächtigen Mauern von Schloß Windsor, das fast vor der Haustür von London lag, hatten etwas Bedrohliches. Trotz seiner Vielfalt wirkte die mächtige Befestigungsanlage durch ihr dunkelgraues Gemäuer wie eine Zwingburg. Und das war sie in den Tagen, als Wilhelm der Eroberer den Bau begann, auch gewesen.
Heute residierte die königliche Familie nur noch zu bestimmten Zeiten dort. Ansonsten schoben sich internationale Besucherschlangen durch die Räume, um einen Hauch dessen zu bekommen, wie ihre Britische Majestät zu wohnen geruhen.
»Mein Freund, der Duke of Miltborne, hatte diese Idee!« erklärte der Earl of Pembroke, während er den Vauxhall über die Zugbrücke chauffierte. »Irgendwann habe ich festgestellt, daß auch er in seinem Anwesen einen Geist beherbergt. Das brachte den Stein ins Rollen. Es dauerte nicht lange, dann hatten wir einen netten Club von Gentlemen zusammen, in deren Haus es spukt und die mit ihren Hausgeistern so etwas wie eine Allianz geschlossen haben!«
»Wenn drei Briten zusammen sind, gründen sie einen Club!« bemerkte Nicole Duval lächelnd.
»Und was ist nun der Grund zu dieser merkwürdigen Party?« fragte Professor Zamorra. »Hier sind doch nicht nur Untertanen der Queen zu Gast!« dabei wies er auf die außerhalb der Mauern geparkten Autos, die meistens amerikanische Fabrikate waren. Eine Mercedes-Limousine wirkte innerhalb dieser PS-Flotte wie ein Kleinwagen. Das Herz des Auto-Enthusiasten Zamorra schlug höher.
»Ja, wir wollten eigentlich nur einmal dafür sorgen, daß sich unsere Schutzbefohlenen gegenseitig kennenlernen!« erklärte Sir Archibald. »Das mußte in einem würdigen Rahmen geschehen – und Windsor Castle ist der einzige, würdige Rahmen für ein solches Treffen. Immerhin gehörten die meisten Gespenster, die in den Häusern der
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