0254 - Treffpunkt Leichenhaus
Lampe. Es war eine nackte Glühbirne, die unter der Decke schaukelte und ihr Licht auf ein erstarrtes Kindergesicht warf.
Ein kleines Mädchen schaute die Vampirin an.
Bevor das Kind schreien konnte, war Lady X schon bei ihm. Sie schlug mit dem kalten Lauf zu.
Das Kind brach zusammen.
Tot war es nicht, aber es konnte die anderen nicht mehr warnen.
Die Scott kreiselte herum und kümmerte sich um denjenigen, der von der Tür getroffen und zu Boden geschleudert worden war.
In der Tat krümmte sich ein älterer Mann am Boden und hielt seine Hand gegen den Magen gepreßt, wo ihn die Klinke getroffen hatte.
Schwer schnappte er nach Luft.
In seinen Augen standen Tränen. Lady X sah es, als sie sich zu dem Mann hinunterbeugte und ihn auf die Beine zog.
Er wäre wieder zusammengesackt, wenn die Scott ihn nicht festgehalten hätte.
Sie schleuderte ihn in einen alten Holzsessel mit zerschlissener Sitzfläche.
Einen Schritt vor ihm baute sie sich auf, senkte die Mündung der Waffe und zielte auf den Kopf des Alten. »Du hast drei Sekunden Zeit, mir eine Antwort auf meine Frage zu geben. Schweigst du, werde ich schießen.«
Dem Mann stand die Angst ins Gesicht geschrieben. Er zitterte wie Blattwerk im Wind. Ein Wort brachte er nicht über seine Lippen, und er wartete auf die Frage.
»Wo befindet sich Ambiastro?« fragte Lady X.
Der Mann schluchzte. Eine Antwort gab er nicht. Er schüttelte nur den Kopf.
»Die drei Sekunden sind um!« erklärte Lady X kalt.
»Halt, halt!« Der Alte sah, daß diese ganz in Leder gekleidete Frau ernst machen wollte und streckte seinen Arm aus, als wollte er Kugeln abwehren.
»Dann rede!«
»Sie sind bei Azucena!«
»Wer ist das?«
»Die älteste aus der Sippe. Sie hat Ambiastro. Aber nur einen, wo die anderen sind, weiß ich nicht.«
»Das werde ich schon herausfinden«, erklärte Lady X kalt und fixierte den Mann.
Sie war eine Vampirin, ernährte sich vom Blut der Menschen, und hier lag jemand wehrlos vor ihr.
Die Scott ließ sich die Chance nicht entgehen. Sie drückte ihren Oberkörper nach unten, öffnete ihren Mund, der Mann sah die spitzen Zähne und wollte schreien.
Die Blutsaugerin preßte eine Hand auf seinen Mund. Die Finger der anderen fanden die Haare des Alten. Sie bog den Kopf zurück, und dann waren plötzlich die Zähne da, die sich dort hineinbohrten, wo unter der Haut die Halsschlagader zu sehen war.
Lady X trank das Blut.
Sie ließ sich Zeit dabei. Auf eine Minute kam es jetzt nicht mehr an.
Hatte der alte Mann ihr bisher noch Widerstand entgegengesetzt, so erlahmte dieser nun. Er spürte zuerst den Schmerz, und ihm folgte eine Schwerelosigkeit, die in den Tod führte…
***
Die Gestalt war schrecklich!
Ein Mittelding zwischen Skelett und Mumie. Sie schimmerte grünlich, der Schädel war als widerlich zu bezeichnen, denn über die Knochen spannte sich eine so dünne Haut, daß die Gebeine fast durchschimmerten.
Ein grauenhafter Anblick. Das Wesen hielt den Kopf des Zigeuners so umkrallt, daß dessen Hals freilag, damit das Skelett seine Vampirzähne in das Fleisch schlagen konnte.
Ich hätte gern geschossen, aber ich brauchte Ambiastro noch, deshalb versuchte ich es mit den Händen.
Meine Hände wuchtete ich auf die Schultern des Zigeuners und zog ihn zurück.
Er schrie, die Knochenhände wollten nicht loslassen. Ich sah sie jetzt aus der Nähe und erkannte auch die dünne Haut, die sich zwischen den Fingern spannte.
Durch meine Aktion war der Vampir mit aus dem Steinsarg gezogen worden. Mit einer Hand hämmerte ich gegen seine Arme, er ließ nicht los, und auch ein Hieb gegen den Kopf schaffte es nicht.
»Myxin!« schrie ich.
Der kleine Magier sollte sich etwas einfallen lassen, denn so konnte es nicht weitergehen.
Und er tat etwas.
Myxin sprach eine Formel. Es waren Ausdrücke, die ich nicht kannte und auch nicht behielt, aber sie zeigten ihre Wirkung, denn die Gestalt ließ Tassilo los.
Er brach neben mir zusammen, kippte noch gegen die alte Azucena und riß sie fast von den Füßen.
Für sie hatte ich keinen Blick mehr. Ambiastro war für Myxin und mich wichtiger.
Er stand vor uns.
Zum erstenmal konnte ich ihn genauer sehen. Ein magerer Körper, bedeckt mit einer dünnen Mumienhaut, durch die seine Knochen schimmerten. Dazu ein breiter Schädel mit Augenhöhlen, in denen weit hinten eine zuckende geleeartige Masse schwamm. Und die Haut zwischen seinen einzelnen Fingern hatte ich bereits gesehen, so daß sie mich in gewisser Weise an
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