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0256 - Ein Mörder läßt sein Opfer grüßen

0256 - Ein Mörder läßt sein Opfer grüßen

Titel: 0256 - Ein Mörder läßt sein Opfer grüßen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Mörder läßt sein Opfer grüßen
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steckte eine zweite Zigarette an und schob sie ihm zwischen die zit ternden Finger. Er nickte dankbar, führte die Zigarette mit einer fahrigen Bewegung zum Mund und zog den Rauch tief ein. Als er ihn wieder ausatmete, sah er sich angsterfüllt um. Er sprang auf und schloss die Lüftungsklappe an einem Fenster. Er sah nach, ob draußen jemand an der Tür horchte. Erst als er sicher war, dass wir nicht belauscht wurden, kam er dicht zu mir heran und stieß hervor: »Der Bettler! Dieser Teufel! Sie müssen ihn verhaften, Cotton! Sie müssen diesen Teufel verhaften! Am besten ist es, Sie erschießen ihn an Ort und Stelle! Er hat Verlaine erschossen!«
    »Wann?«, fragte ich ruhig.
    Oddman mochte ein Schauspieler sein. Wenn ein Mensch spürt, dass es ihm an den Kragen geht, kann er zu den überraschendsten Leistungen fähig sein. Schließlich schlummern, wie bekannt, in jedem Menschen ungeahnte Talente und Kräfte. Vielleicht wollte mich Oddman nur auf den Leim führen. Vielleicht spielte er mir ein erstklassiges Theater vor. Es war uns oft genug passiert. Ein alter G-man ist ein misstrauischer G-man.
    »Wann, Oddman?«, wiederholte ich. »Wann hat er Verlaine erschossen?«
    »Als er sah, dass Sie ihn festnahmen. Er lief hinüber zur Achterbahn. Kennen Sie den hohen Aussichtsturm, der zur Achterbahn gehört? Da oben sitzt ständig ein Mann und beobachtet den Lauf der Wagenreihen auf der Achterbahn. Es könnte ja mal was passieren.«
    Er schwieg und zog wieder an der Zigarette, die ich ihm gegeben hatte.
    »Und?«, drängte ich. »Was hat der Bettler mit diesem Turm zu tun?«
    »Er hat im Gerüst ein Gewehr versteckt. Ich habe es nur durch Zufall entdeckt. Als Sie Verlaine festnahmen, musste ich hinüber zur Achterbahn, weil an der Kasse die Schokolade und der Kaugummi ausgegangen waren. An der Kasse verkaufen sie nämlich auch Süßigkeiten. Sie hatten mir ein Kind rübergeschickt mit einem Zettel, dass ich ihnen neue Ware bringen sollte.«
    »Fahren Sie fort, Oddman!«
    »Ich nahm das Zeug und trug es hinüber. Da sah ich den Kerl im Turmgerüst hinauf klettern. Er machte es ziemlich geschickt. Ich glaube nicht, dass man ihn vom Platz aus sehen konnte. Und auf einmal zog er, es war schon ziemlich weit oben, ein Gewehr aus einem Spalt zwischen zwei eng beieinanderstehenden Streben. Ich schrie, aber was nutzte das denn bei dem Radau, den sechzehn Lautsprecher allein von der Achterbahn machen?«
    »Und Sie haben gesehen, dass er schoss?«
    Oddman nickte, ohne dass ein Ton über seine trockenen Lippen kam.
    »Das können Sie beschwören, Oddman?«, fragte ich eindringlich.
    Wieder nickte er stumm.
    »Joey Oddman«, sagte ich schwer, »warum haben Sie das nicht sofort der Polizei gemeldet?«
    Oddman hob den Kopf. Über sein zerfurchtes Gesicht liefen Tränen. Obgleich er weinte, war kein Laut davon zu hören. Seine Stimme war so leise, dass ich mich anstrengen musste, um ihn zu verstehen. Er sagte tonlos: »Er ist doch mein Sohn…«
    ***
    Kurz nach sieben hielt der Lastwagen wieder an. Phil hörte, wie die Tür aufgeschlossen und die beiden quietschenden Flügel aufgezogen wurden. Er verhielt sich still und reglos.
    Nick Polder kam heraufgeklettert und packte vier von den acht Luftballontrauben, die an der Decke des Lastwagens hingen. Er sprang vom Wagen ab. Phil riskierte einen spähenden Blick.
    Nick Polder verschwand mit den Luftballontrauben durch die Tür, die zu Oddmans Warenausgabe gehörte. Phil nutzte die Gelegenheit und kletterte aus seinem Versteck hervor. Er ließ sich leise vom Lastwagen hinabgleiten, huschte nach vorn und stieg ins Führerhäuschen auf der dem Fahrer abgewandten Seite.
    Fast zwanzig Minuten musste er warten, bis der Wagen entladen war. Ein paar Mal hörte er hinten Polders und Oddmans Stimmen. Dann wurden die beiden Türflügel geschlossen und kräftige Männerschritte kamen am Wagen entlang und nach vorn.
    Phil zog seine Pistole, während er sich nach vorn zusammenduckte.
    Polder schwang sich hinauf, zog die Tür des Führerhauses auf und setzte den rechten Fuß herein, bevor er Phil entdeckte. Und dann war es zu spät.
    »’reinkommen, und Tür zu!«, sagte Phil und ließ seine Pistole sehen.
    Nick Polder zögerte eine Sekunde, dann gehorchte er. Er setzte sich ans Steuer und sah Phil von der Seite her an.
    »Abfahren!«, befahl Phil.
    Polder fuhr sich mit der Zungenspitze über die trockenen Lippen. Er gehorchte. Rumpelnd setzte sich der Lastwagen in Bewegung.
    Sobald sie den

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