0257 - Der Teufel mit dem Lorbeerkranz
mehrere Prätorianer auf Geheiß des Longinius vor und warfen sich über den Jungen. Einen Moment später lag Michael Ullich schweratmend, an Händen und Füßen gefesselt auf dem Marmorboden der Audienzhalle. Auch Tina Berner hatte man wieder eingefangen.
Michael Ullich sah die verzweifelte Hilflosigkeit in ihren dunkelbraunen Augen. Entkommen war unmöglich geworden.
»Was… was ist geschehen, Göttlicher?« stotterte Cornelius Sabinus.
»Als der Barbar zudringlich wurde, nahm ich die Gestalt an, die ich eigentlich führen müßte!« ließ Scaurus Caligula reden. »Ihr saht mich in all meiner göttlichen Majestät. Habe ich euch nicht immer wieder gesagt, daß ich kein Mensch mehr bin? - Ich bin ein Gott!«
»Verzeiht, großmächtiger Cäsar!« dienerte Cassius Longinius. »Sollen wir den Barbaren, der es wagte, Hand an Euren göttlichen Körper zu legen, mit dem Tode bestrafen?«
»Nein!« schüttelte Caligula den Kopf. »In wenigen Tagen beginnen die Spiele im Aphitheater. Er soll im Angesicht von ganz Rom sterben. Freue dich, Barbar! Denn für deinen Tod werde ich mir etwas ganz Besonderes einfallen lassen… !«
***
Mit seinem eigenen Körper fing Zamorra den ersten Stein auf, der sonst den Kopf des zusammengebrochenen Christen getroffen hätte. Ein glühender Schmerz raste in ihm hoch. Instinktiv verschränkte er die Hände über dem Hinterkopf und duckte sich zusammen.
Mit schaurigem Johlen ließ der Mob einen wahren Steinhagel auf Professor Zamorra und die drei Christen einprasseln. Das schrille Kreischen der Weiber mengte sich in das Gebrüll der Männer. Die Schmerzensrufe der Unglücklichen wurden übertönt.
Mehrfach versuchte Professor Zamorra und die anderen Todgeweihten, die Menschenmenge zu durchbrechen und zu fliehen. Aber sie wurden von der wahnsinnigen Menge zurückgestoßen.
Professor Zamorra sah den Tod vor Augen. War es ihm bestimmt, hier im Staube der Tibervorstadt des alten Rom sein Leben zu lassen? Sollte der Weg des gefürchteten Dämonenjägers hier zu Ende sein?
Metallisch klingende Stimmen brüllten plötzlich Kommandos. Schlagartig ließ der Steinhagel nach. Als Professor Zamorra aufblickte, sah er stämmige Männer der Prätorianergarde den Pöbel mit den Speeren zurückdrängen.
Carsten Möbius eilte auf Professor Zamorra zu und half ihm auf die Beine. »Das Bündel mit dem Schwert und dem Stab mußte ich gut verstecken!« raunte er Professor Zamorra zu. »Ich gab das Bündel einem Priester im Tempel der Fortuna Virilis zur Aufbewahrung. Das Losungswort, um das Bündel wieder zu erhalten, lautet… !«
Aufbrandender Lärm ließ die weiteren Worte des Carsten Möbius unhörbar verhallen.
Der rasende Pöbel verlangte beim kommandierenden Centurio, daß ihm die vermeintlichen Gotteslästerer wieder ausgeliefert würden.
»Es sind Christen! Sie haben Gott gelästert… !« heulte die Menge.
»Wir haben so viele Götter, daß es auf ein paar mehr oder weniger nicht ankommt!« erklärte der Centurio verständnislos. »Christen?! - Nie gehört, das Wort! Solange sie keine Feinde des Kaisers sind, mögen sie glauben, was sie wollen!«
»Feind des Kaisers! Dort ist einer davon!« brüllte ein junger Mann. »Er hat versucht, sich hier als Vertreter des Kaisers aufzuspielen!« Mit ausgestrecktem Arm wies er dabei auf Professor Zamorra.
»Ja, er wollte uns die Übeltäter entreißen,indem er sich auf den Kaiser berufen hat!« brüllten andere Stimmen. »Das ist Amtsanmaßung! Er ist des Todes schuldig!«
»Wenn das so ist, werden wir es untersuchen!« erklärte der Centurio. »Nehmt den Mann fest!« Bevor Professor Zamorra noch einen Fluchtversuch machen konnte, hatten ihn zwei Prätorianer ergriffen und ihm mit Riemen die Hände auf dem Rücken verschnürt.
Unangenehm verspürte er die Spitze eines Schwertes in seiner Seite. Ein Entkommen war unmöglich.
»Der Kaiser selbst wird dein Urteil sprechen!« erklärte der Centurio. »Bete zu deinen Göttern, wie immer sie heißen mögen, daß der Göttliche bei guter Laune ist. Den letzten Deliquent, der eine ähnliche Tat begangen hat, haben wir sehr lange schreien hören! - Sammelt noch einige Ankläger ein!« befahl der Prätorianer dann unvermittelt. »Und noch einige Zeugen. Es sind genug vorhanden!«
Die Wirkung dieser Worte war unbeschreiblich. Mit grausamer Freude gingen die Prätorianer daran, aus der zurückweichenden Menge wahllos Gefangene zu machen. Schreiend und brüllend versuchten die Menschen zu entkommen. Sie
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