0258 - Der Dämonensauger
reichte aus, um die Umgebung erkennen zu lassen. Colin Blescy sah nach vorn und sah seinen Schatten.
Und den gleich doppelt.
Jäh blieb der Dämon stehen. In ihm heulten gleich ein paar Dutzend Alarmsirenen.
Zwei Schatten!
Hinter ihm stand jemand, den er bis zu dieser Sekunde nicht bemerkt hatte! Wie hatte der es geschafft, sich Colin so zu nähern? Und wie lange war er schon hinter ihm?
Selbst Dämonen empfinden Furcht. In diesem Augenblick kroch sie eiskalt in ihm hoch, als er sich umdrehte. Hinter ihm stand ein hochgewachsener Mann in dunkler Kleidung, mit fahlem Gesicht und scharf vorspringender Hakennase.
Der Mann öffnete den Mund.
Zwei lange Zähne sprangen weit hervor.
Der Dämonensauger war da, und wortlos warf er sich auf Colin Blescy.
***
»Hallo«, sagte Rany Blescy. »Gryf. Ich wußte, daß du in diesem Zimmer wohnst.«
»Was willst du?« fragte er schroff und schloß die Zimmertür hinter sich. Er empfand keine Furcht. Hier nicht. Wenn die Dämonin ihn hätte töten wollen, hätte sie es längst gekonnt. Sie trug das Schwert in der Hand, Zamorras Schwert, und es entzog sich ihr nicht. Demzufolge hatte Gwayjur immer noch vor, der Schwarzen Magie zu dienen.
Rany Blescy legte das Schwert auf den niedrigen Tisch und streckte Gryf die leeren Handflächen entgegen.
»Ich mußte dich sehen«, sagte sie. »Ich - liebe dich.«
»Ich dachte es mir schon«, sagte er kühl, bemüht, seine eigenen Gefühle zu verbergen. Rany Blescy wurde von Stunde zu Stunde menschlicher. Daß sie ihre Liebe zugab, brachte sie noch einen Schritt weiter nach vorn.
»Anscheinend«, sagte er ruhig, »haben wir beide unsere entscheidenden Begegnungen immer nur bei Nacht. Aber gestern gefielst du mir besser.«
Ihre Augen funkelten. »Weil ich da -nackt war?«
»Natürlich«, sagte der Druide.
Sie verzog das Gesicht. »Ich bin nicht gekommen, um mit dir zu schlafen«, sagte sie.
»Nicht nur«, erweiterte Gryf. Die Dämonin widersprach nicht. Sie sagte ihm, aus welchem Grund sie gekommen war. Gryf trat ans Fenster und sah hinaus. Als er sich wieder umdrehte, hockte Rany Blescy auf der Bettkante. »Was ist?« fragte sie. »Arbeiten wir zusammen?«
»Und danach?« fragte er.
»Verschwinden wir gemeinsam von hier.«
»Wir werden sehen«, sagte Gryf. Er trat zu ihr, faßte sanft zu und zog sie zu sich hoch. Dann küßte er sie. Ihre Lippen brannten förmlich, und sie klammerte sich an ihn wie eine Ertrinkende.
»Hilf mir, Gryf«, flüsterte sie. »Auch später… Gegen meine Sippe. Ich bin nicht mehr wie sie.«
»Ich spüre es«, flüsterte der Druide. »Ich hätte nie für möglich gehalten, daß es so etwas einmal geben könnte…«
»Es gibt es, Gryf«, sagte sie leise. Ihre Hand fuhr unter sein Hemd, berührte, streichelte. Doch der Druide schob die Dämonin leicht zur Seite.
»Das hat Zeit bis später«, sagte er. »Wir müssen uns um diesen Dämonensauger kümmern. Weißt du, wo er sich aufhält?«
»Gryf«, murmelte sie leise. »Gryf…« Und wieder wollte sie ihn küssen. Wollte ihn auf das Bett ziehen, sich ihm hingeben. Er sah das Gedankenbild, das sie abstrahlte, ohne es zu wissen. Tief atmete er durch. Vorhin hatte sie noch gesagt, sie sei nicht gekommen, um mit ihm zu schlafen. Aber jetzt wollte sie.
Doch sein Verstand machte ihm klar, daß es jetzt wirklich nicht die richtige Zeit war. Gryf, der sonst nie etwas anbrennen ließ, schüttelte den Kopf.
»Der Schwarzblutvampir«, wiederholte er sanft.
»Wir können gemeinsam versuchen, ihn zu orten. Wir müssen ihn anpeilen, seinen Aufenthaltsort feststellen. Zu zweit schaffen wir es. Wir haben beide besondere Kräfte.«
»Nicht wir zwei allein«, sagte Gryf. »Zamorra und Nicole machen dabei mit.«
Zamorra! dachte Rany in einem Aufwallen von Bitterkeit. »Muß Zamorra dabei sein?« fragte sie.
»Ja.«
Sie zuckte mit den Schultern. »Schön. Wenn es unbedingt sein muß. Du siehst etwas zerrupft aus. Was war los?«
Er berichtete von dem Eindringen der Dämonin in Nicoles Zimmer.
»Das muß Hacel gewesen sein!« sagte Rany erschrocken. »Habt ihr sie verletzt?«
»Ich nehme es an«, sagte Gryf. »Zamorras Pulver wirkte auf sie natürlich anders als auf einen Vampir, aber sie schien schwer angeschlagen zu sein. Sonst wäre sie ja wohl auch kaum geflohen.«
»Mhm«, machte Rany. »Sie wäre dann ein leichteres Opfer für den Vampir. Ich muß ihr helfen… Nein! Ich werde es nicht tun. Ich gehöre nicht mehr zu ihr.«
Gryf musterte sie nachdenklich.
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