0258 - Der Raub der Broadway-Königin
er.
Unter diesen Umständen konnte Wynter natürlich recht brauchbar für uns sein. So versicherten wir uns also der gegenseitigen Unterstützung und schieden im besten Einvernehmen.
***
Vier Tage waren seit dem Kidnapping vergangen. Als wir am Donnerstagmorgen ins Distriktsgebäude kamen, herrschte dort schon helle Aufregung. Es lag etwas in der Luft, und wir sollten sehr schnell erfahren, worum es ging. Walter Stein erwartete uns bereits in unserem Office.
»Da seid ihr ja endlich! Ich habe schon bei dir angerufen, Jerry, aber du warst schon weg. Auch bei Phil blieb die Leitung tot. Es geht los. Vor einer Viertelstunde haben die Entführer bei Aiken angerufen.«
»Und?« fragte ich gespannt.
Walter schüttelte den Kopf. »Es ist zum Schießen, Jerry. Wir halsen ja schon manches Kidnapping bearbeitet, aber so etwas ist mir noch nicht passiert. Es spricht allen Erfahrungen Hohn. Aiken soll die 250 000 Dollar in neutrales, graues Packpapier verpacken. Dann soll er das Paket in eine Aktentasche stecken und damit eine Vertrauensperson zur Tavem-On-The-Green in den Central Park schicken. Um 16 Uhr wird dort jemand erscheinen und das Paket in Empfang nehmen. Als Erkennungszeichen soll Aikens Bote eine zusammengefaltete ›Tribune‹ unter den Griff der Aktentasche schieben. Der Millionär hat den Gangstern einen von ihm engagierten Privatdetektiv als Überbringer vorgeschlagen. Sie sind damit einverstanden.«
Ich sah Phil an. »Clive Wynter? Das wäre gar nicht so übel. Dann könnten wir die Beschattung des Mannes übernehmen, der das Geld holen kommt.«
»Da ist noch etwas, Jerry«, warf Walter Stein ein. »Man hat Aiken gewarnt, irgendeinen Trick zu gebrauchen. Das Geld würde auf Umwegen an die richtige Adresse gelangen. Erst wenn es dort angekommen sei, würde man die Mädchen freilassen. Dem Boten dürfe also nichts passieren.«
Ich nickte. »So ungefähr habe ich mir das gedacht. Sie haben ein gutes Versteck für die Mädchen. Wir müßten also äußerst vorsichtig vorgehen. Einmal dürfen wir die Spur nicht verlieren und zum anderen nicht voreilig zugreifen. Bevor wir uns mit Aiken absprechen, möchte ich aber noch etwas klären.«
Ich nahm den Telefonhörer ab und rief das Stadthaus an. Innerhalb von fünf Minuten bekam ich die gewünschte Auskunft und legte befriedigt auf.
»Clive Wynter ist seit fünf Jahren im Lizenzverzeichnis eingetragen. Sein Leumund ist einwandfrei. Daß er helle ist, hat er ja wohl bewiesen. Am besten sprechen wir die Sache mit dem Chef durch.«
Meine Frage, ob auch O’Leare schon nähere Anweisungen für die Geldübergabe bekommen hätte, mußte Stein verneinen. Der Filmboß ließ sich auf jeden Fall nichts anmerken.
Phil rieb nachdenklich sein Kinn. »Das ist aber faul, Jerry. Man verspricht Aiken, die Mädchen nach Erhalten des Lösegeldes freizulassen. Dann haben sie doch kein Druckmittel mehr O’Leare gegenüber.«
Der Einwand war berechtigt. Ich rief im Astor-Hotel an und verlangte Mr. Eastman zu sprechen. Unter diesem Namen hatte sich Jimmy Reads dort einquartiert. Er war gerade wieder mit der Filmkamera unterwegs, aber June Holland meldete sich. Das Hotel wurde ihren Worten nach von Reportern geradezu belagert. Ob sich die Gangster schon gemeldet hatten, wußte sie nicht. Ich empfahl ihr erhöhte Wachsamkeit und unterrichtete sie über die allgemeine Lage. Dann gingen wir zu Mr. High hinüber.
Er hörte sich meinen Bericht in Ruhe an und nickte dann.
»Hinter der Entführung stecken ein paar ganz ausgekochte Burschen, Jerry. Andere Kidnapper entwerfen die kompliziertesten Übergabebedingungen. Hier wählt man eine ganz frecne und dreiste Tour. Mr. Aiken hat mich gerade angerufen. Wir sollen nur den Versuch machen, die Spur des Boten zu verfolgen. Eingreifen sollen wir erst, wenn die Mädchen nach Einhaltung aller Bedingungen nicht zurückkommen.«
»Wie stellt er sich das vor, Chef?« stöhnte Phil. »Dann besteht doch kaum noch Hoffnung, die Mädchen lebend zu bekommen.«
Mr. High nickte ernst. »Und wenn ihr vorher zugreift, Phil? Dann begründen die Gangster die Ermordung damit, daß Aiken uns ins Spiel gezogen hat. Das kommt alles auf eins heraus. Viel Hoffnung besteht doch wohl so und so nicht.«
Ich biß die Zähne zusammen. Er hatte nur zu recht. Den Brüdern kam es auf zwei Morde mehr auch nicht mehr an.
Um 14 Uhr machten wir uns fertig. Während Phil einen neutralen Dienstwagen benutzte, nahm in ein Yellow Cab und fuhr langsam durch die Fifth Avenue
Weitere Kostenlose Bücher