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0258 - Der Raub der Broadway-Königin

0258 - Der Raub der Broadway-Königin

Titel: 0258 - Der Raub der Broadway-Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Günther
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bis zur Transverse Road No. 1, die quer durch den südlichen Central Park führt und im Central Park West ausläuft. Gegenüber dem Heckscher Playground ließ ich den Driver halten. Nachdem ich bezahlt hatte, ging ich zu Fuß weiter. Vom West Drive führen verschlungene Wege zur Tavern-On-The-Green, dem bekanntesten Restaurant im meilenweiten Parkgelände. Teilweise darf es auch von Autofahrern benutzt werden. Auf dem Parkplatz stand eine ganze Reihe chromglitzernder Straßenkreuzer. Ich setzte mich unter einen der bunten Sonnenschirme auf der Terrasse und bestellte eine Tasse Tee. Dann harrte ich der Dinge, die da kommen sollten. Von Phil war noch nichts zu sehen, auch Wynter war noch nicht da. Aber wir wollten ja absichtlich früher da sein, falls man den Privatdetektiv beobachten sollte. Es herrschte schon ein beachtlicher Betrieb, und die Kellner hatten alle Hände voll zu tun.
    15.30 Uhr! Ein cremefarbener Oldsmobile bog auf den Parkplatz ein. Es war Phil. Er stieg langsam die Stufen herauf und wählte einen Tisch in der Nähe der Treppe. Sein Blick streifte mich kurz, dann beachtete er mich nicht mehr. Hinter mir ertönte Kinderlachen, die Sonne schien, Liebespärchen gingen engumschlungen über die Parkwege, und die Zeit verrann.
    15.45 Uhr! Ich hatte gerade einen eisgekühlten Whisky bestellt, als ein blauer Thunderbird unten hielt. Clive Wynter stieg aus und holte eine Aktentasche aus dem Wagen. Dann kam er herauf und setzte sich drei Tische weiter unter einen Sonnenschirm. Die Tasche stellte er auf einem Stuhl ab und schob die Tribune durch den Griff. Dann gab er dem herbeieilenden Kellner seine Bestellung auf.
    Langsam kroch die Spannung in mir hoch. Phil blätterte in einer Life-Ausgabe, und Wynter entzündete nervös eine Zigarette. Dann wurde ich abgelenkt. Ein etwa vierzehnjähriger, schmächtiger Junge, ging bettelnd von Tisch zu Tisch. Er trug verschlissene Blue-Jeans und blaue Gummisportschuhe mit einer dicken weißen Sohle. Hier und dort bekam er etwas. Jetzt kam er auf mich zu. Etwas verschüchtert stand er vor dem Tisch.
    »Darf ich um eine Kleinigkeit bitten, Mister? Ich möchte so gern Boot fahren. Daddy hat zur Zeit keine Arbeit und…«
    Ich griff lächelnd in die Tasche und drückte ihm ein paar Nickel in die Hand. Er strahlte vor Freude.
    »Thank you, Mister!«
    Damit drehte er sich um und ging auf den nächsten Tisch zu.
    Der Kellner brachte meinen Whisky, und ich nippte daran. Mir wurde allmählich warm. Weniger von der brütenden Hitze als vor Aufregung. Es fehlten nur noch zehn Minuten an der Zeit, dann mußte der Bote aufkreuzen.
    Der Junge war inzwischen auch an Wynters Tisch gekommen. Lächelnd sah ich, daß auch Wynter etwas herausrückte.
    In diesem Augenblick hielt ein Chevrolet-Impala auf dem Parkplatz. Ein Mann stieg aus und kam die Treppe herauf. Er blieb am Terrassengeländer stehen und ließ seine Blicke suchend über die Menschen gleiten. Dann ging er auf Wynters Tisch zu. Meine Nerven begannen zu vibrieren. Unwillkürlich beugte ich mich etwas vor — und ließ mich enttäuscht zurücksinken. Der Fremde ging an Wynter vorbei und begrüßte eine junge Dame, die ein paar Tische weiter saß.
    Ich sah zu Phil hinüber, aber der war verschwunden. Suchend sah ich mich um. Er ging gerade die Treppe hinunter, und dann wußte ich mit einem Schlage, was die Glocke geschlagen hatte. Unten lief der Junge, der mich gerade angebettelt hatte. An einer Kordel trug er ein graues Paket. Ich riß den Kopf herum und starrte Wynter an, der mit der Zeitung in der Hand auf den Jungen deutete. Es sah ganz unabsichtlich aus, aber ich hatte begriffen. Ich sprang auf und .suchte meinen Kellner. Hastig beglich ich meine Rechnung und machte mich dann auf die Socken.
    Der Junge sah sich nicht einmal um. Ab und zu blieb er stehen und warf mit Steinen nach den Baumästen. Während er die Parkwege entlangging, wirbelte er das Paket verspielt herum. Ich war bereit, mein ganzes Monatsgehalt zu verwetten, daß er keine Ahnung hatte, womit er da spielte. 250 000 Dollar in den Händen eines unwissenden Vierzehnjährigen. Der Trick war in der Kriminalgeschichte einmalig.
    Am East Drive fuhr Phil an mir vorbei. Einen Moment später war der Wagen meinen Blicken entschwunden. Ich pilgerte hinter dem Knirps her. Wachsam beobachtete ich alles um mich her. Ich rechnete damit, daß irgendwo jemand auf tauchen würde, um dem Jungen das Paket abzunehmen. Aber ich sollte mich ganz gewaltig irren. Es war überhaupt ein Tag

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