0258 - Der Raub der Broadway-Königin
keinem Menschen darüber, Mrs. Eastman. Das war gar kein Reporter. Das war der Gangster, der das Lösegeld geholt hat.«
Mehr hörte June nicht mehr, denn sie stürzte bereits aus dem Zimmer. Jimmy Reads war nirgends zu sehen. Sie fuhr mit dem Lift nach unten und lief auf die Straße. Der angebliche Reporter bestieg gerade ein Taxi.
Es stand auf der anderen Seite, vor dem Loew’s State-Theater. Im gleichen Augenblick hielt auch vor dem Hotel ein Yellow-Cab. Ein' älteres Ehepaar stieg aus. June nahm die Chance sofort wahr. Aufgeregt deutete sie auf das andere Taxi.
»Wenn es Ihnen gelingt, diesem Cab zu folgen, zahle ich Ihnen zehn Dollar extra.«
Der Driver grinste verschmitzt. »Geht Ihr Gatte auf Abenteuer aus, Madam?« fragte er.
June nickte.
»Sie haben es erraten.«
»All right, Madam, Ihr Goldjunge soll sich wundern. Er müßte schon einen getarnten Hubschrauber besteigen, wenn er uns loswerden will.«
Der Driver hatte großes Glück, denn das andere Cab wendete jetzt und fuhr an ihnen vorbei. So brauchte er sich bloß dahinterzuhängen. Die Fahrt ging den Broadway entlang zur Manhattan Bridge und über diese hinweg. Aufträge dieser Art konnten dem Driver nicht fremd sein, denn er machte seine Sache recht geschickt. Es ging jetzt die Flatbush Avenue entlang bis zur Grand Army Plaza und anschließend durch den Brooklyn Prospect Park.
Junes Herz begann zu klopfen. Der Gedanke peinigte sie, den Wagen doch noch aus den Augen zu verlieren. Außerdem hatte sie keine Waffe bei sich. Diese Tatsache jedoch beunruhigte die FBL-Agentin weniger, denn an eine Verhaftung des Mannes war doch nicht zu denken, bevor die Laine-Mädchen gefunden wurden. Es ging ihr nur darum, auf der Spur zu bleiben.
Der Wagen vor ihnen bog ab in die Ocean Avenue. Für June gab es kaum noch einen Zweifel, daß das Ziel der Fahrt in Sheepshead Bay lag.
Sheepshead Bay? Nicht weit davon ab lag ja der Luna Park von Coney Island. Hatte man Diana Milton in unmittelbarer Nähe des Gang-Home ermordet?
Der verfolgte Wagen bog in die Emmons Avenue ein und folgte dann Shore Boulevard und Westend Avenue bis zum Oriental Boulevard. Gegenüber der Oxford Street ließ der Gangster halten. Junes Driver fuhr an dem anderen Taxi vorbei und hielt ein paar Häuser weiter.
Als June bezahlt hatte, ging der angebliche Reporter gerade an ihrem Cab vorbei. Sie stieg aus und folgte ihm. Auf der rechten Seite des Oriental Boulevard gab es keine Wohnblocks mehr. Hier hatten Firmen aller Art ihr Domizil aufgeschlagen. Eine lange Fabrikmauer tauchte auf.
Der Gangster blieb plötzlich stehen. Um nicht aufzufallen, ging June an ihm vorbei und beobachtete, wie er sich eine Zigarette anzündete. Sie sah sich nicht um und hatte schnell das Ende des Oriental Boulevard erreicht. Vor ihr lag das Wasser der Sheepshead Bay. June legte die Arme auf das eiserne Geländer und sah hinunter. Dann drehte sie sich um. Der Gangster war verschwunden. Langsam ging June den Weg zurück und entdeckte dabei ein mannsgroßes Loch in der Fabrikmauer. Aufgeregt stieg sie hindurch und bekam im gleichen Moment einen kräftigen Stoß, der sie zu Boden warf. Mit einem leisen Aufschrei sah sie hoch und erblickte das grinsende Gesicht des Mannes, den sie bis hierher verfolgt hatte. Vollkommen ruhig lag die Wickard B 4 in seiner Hand, und ihr Lauf zeigte genau auf Junes Magen.
***
Ich habe eine Schwäche für Walt-Disney-Filme. Aber wenn man im dunklen Kinosaal einen Jungen im Auge behalten muß, der 250 000 Dollar durch die Stadt spazierenträgt, dann ist es kaum ein Vergnügen war. Ich war froh, als es endlich hell wurde. Vor dem Ausgang sah ich Phils Oldsmobile stehen. Er atmete erleichtert auf, als er mich sah. Das kleine Durchgangskino lag in der Nähe des Grand Central Terminal. Dorthin führte der Weg des Jungen.
Der Betrieb im Grand Central Terminal ist unbeschreiblich.
Der Junge steuerte auf die Gepäckaufbewahrung zu. Dicht daneben sind auch die Schließfächer, in denen man für ein paar Cents kleines Gepäck unterstellen kann. Sie haben alle Nummern, die auch auf den dazugehörigen Schlüsseln eingeprägt sind. Diese Schlüssel stecken im Schloß des offenen Safes. Mann stellt sein Gepäckstück hinein, schließt die Tür und zieht den Schlüssel ab. Vielleicht sollte der Junge das Paket in einem solchen Fach deponieren und den Schlüssel an eine bestimmte Adresse schicken?
Der Teufel mag wissen, wie es passieren konnte, auf jeden Fall war er plötzlich wie vom Erdboden
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