0258 - Der Raub der Broadway-Königin
erstickten Schrei. Bevor ich richtig begriff, setzte sich der Stapel in Bewegung. Wie eine Lawine rollten die Fässer von oben herab. Ich drückte mich ganz dicht an die untere Faßreihe heran, preßte mein Gesicht in den Boden und legte die Arme schützend über meinen Kopf. Es krachte und polterte. Eins der Fässer traf meinen Ellenbogen. Ein stechender Schmerz durchfuhr meinen Arm, der förmlich elektrisiert wurde. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis der riesige Stapel zur Ruhe kam. Ich war völlig eingekeilt worden und konnte mich kaum bewegen. Dann vernahm ich hastige Schritte und das Schlagen einer Eisentür. Ich richtete mich auf und kletterte über die wirr zusammengekeilten Fässer hinweg.
»Phil?«
Ich bekam keine Antwort. Auch den Jungen konnte ich nicht entdecken.
Langsam ging ich auf die Eisentür zu und öffnete sie. Es gab ein leises Knarren.
***
»Jerry?« hörte ich Phils Stimme. »Yeah, wo steckst du denn?«
»Hier, auf der Kellertreppe. Es gibt scheinbar keinen Lichtschalter hier. Er ist nach unten gelaufen. Bist du verletzt?«
»No, Phil, es gibt höchstens ein paar blaue Flecke.«
***
Ich holte Zündhölzer aus der Tasche und steckte eins an. Vorsichtig stiegen wir die Treppe hinunter. Es blieb alles ruhig. Am Fuß der Treppe entdeckte ich einen Schalter, aber die Lichtleitung war tot. In Phils Dienstwagen hatten wir eine Taschenlampe, aber der Oldsmobile stand ja am Grand Central Terminal. Wer konnte auch damit rechnen, daß die Verfolgung des Jungen sich über den ganzen Tag erstrecken und hier enden würde?
Phil hatte inzwischen sein Feuerzeug herausgeholt, aber er brauchte es nicht mehr, denn innerhalb von wenigen Sekunden ging ein riesiger Berg Holzwolle in Flammen auf. Der unbekannte Pistolenheld mußte ihn entzündet haben. Wir gingen hinter einem Stapel Lackeimer in Deckung und peilten die Lage. Nun wußten wir wenigstens, wo wir waren. Es war ein großer Lagerraum, der mit Lackeimern vollgestopft war. Überall hingen dichte Spinnweben. Sicherlich handelte es sich um eine stillgelegte Fabrik. Zwischen uns und dem Berg brennender Holzwolle standen hohe Stapel Lackeimer. Entweder gab es nun einen zweiten Ausgang hier unten, oder unser Feuerwerker saß selbst in der Falle, denn um die Kellertreppe zu erreichen, mußte er an uns vorbei. Wir konnten also abwarten, denn der hier aufbewahrte Lack gab dem Feuer reichlich Nahrung und würde den Kellerraum in kürzester Zeit in eine Flammenhölle verwandeln.
Phil sah mich an. »Ich gehe weiter durch, Jerry, und halte mich so lange es geht hinten auf. Vielleicht gibt es irgendwo noch eine Tür, dann kann ich ihm wenigstens den Weg abschneiden.«
Ich nickte. »Okay, Phil. Sei aber vorsichtig, daß du rechtzeitig den Rückzug antrittst!«
Er grinste bitter. »Meinst du, ich möchte mich rösten lassen?«
Katzenhaft schlich er davon und ging am anderen Ende des Kellers hinter einem Stapel Blechtonnen in Deckung. Es blieb weiterhin ruhig, und ich begann die Kaltblütigkeit des Burschen zu bewundern, der das Feuer gelegt hatte. Wir waren offensichtlich vom Brandherd weiter entfernt als er, und mir machte die Hitze schon zu schaffen. Die Flammen breiteten sich rasend schnell aus. Plötzlich vernahm ich Phils Stimme.
»Jerry, komm her! Schnell!«
Ohne lange zu überlegen lief ich los. Zwischen den zerbeulten Blechtonnen, die Phil als Deckung gedient hatten, führte ein schmaler Durchgang zu einer Tür. Ich sah Licht, stolperte über eine einbetonierte Schwelle und stieß mit dem Schienbein gegen eine leere Kiste. Den Schmerz spürte ich gar nicht bei dem Anblick, der sich mir bot.
Vier eiserne Feldbetten standen an den kahlen Ziegelwänden. Auf zweien von ihnen lagen verschnürte Pakete. Ein Mann und eine Frau. Ich erkannte sofort June Holland und Clive Wynter.
»Wir müssen sie sofort ’rausschaffen«, rief Phil. »Losbinden können wir sie später.«
Gesagt, getan. Ich warf mir unsere June über die Schulter, während sich Phil den Privatdetektiv schnappte.
Aus dem Kellerraum ertönte ein lautes Poltern. Irgendwo stürzte ein Stapel Eimer zusammen. Ich stolperte mit meiner Last durch die Tür und sah die Bescherung. Der Gangster hatte unzählige Lackeimer vor der Kellertreppe aufgehäuft und Benzin darüber geschüttet. Nun brannten sie lichterloh und versperrten den Ausgang aus diesem Feuerlabyrinth. Hustend taumelten wir darauf zu. Und dann ging alles blitzschnell.
An der Kellertreppe wurden Schüsse gewechselt. Als es wieder
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