026 - Das Mordpendel
hatte. Sie kamen an den Drudenfuß. Und mit Ihrem Herumhantieren mit den magischen Symbolen machten sie uns fast verrückt. Die Drillinge fingen zu rebellieren an. Wir mußten sie beruhigen. Ihre Ansprüche wurden immer größer. Sie verlangten immer mehr.«
»Was verlangten sie?« fragte Hunter.
»Das erzähle ich Ihnen später«, meinte Reese ausweichend.
»Sie haben die Drillinge also die ganzen Jahrhunderte über gefangengehalten«, stellte Hunter fest.
»Ja, hier in London. Und dazu mußten wir einige Vorbereitungen treffen. Wir benötigten einen ganz bestimmten Ort. Und wir fanden ihn. Wir kauften einige Häuser, die seither leer stehen. Wir mußten verhindern, daß jemand den Drillingen zu nahe kam. Wir konnten sie aber nicht im Inneren eines Hauses gefangen halten.«
»Wollen Sie damit vielleicht sagen, daß die Drillinge sich die ganzen Jahrhunderte hindurch im Freien aufgehalten haben?«
»Ja, das will ich damit ausdrücken. Sommer und Winter waren sie im Freien.«
»Dann muß sie doch jemand gesehen haben?«
»Das haben wir verhindert. Und wenn sie tatsächlich jemand gesehen hätte, dann hätte er sich nicht weiter gewundert.«
»Das ist mir zu hoch«, sagte der Dämonenkiller. »Die Drillinge sehen ja abscheulich häßlich aus. Irgendwann hätte ich etwas von ihnen hören müssen.«
»Lassen Sie dich überraschen, Hunter«, sagte Reese. »In wenigen Minuten werden sie den Drillingen gegenüberstehen.«
Coco bemerkte die starke dämonische Ausstrahlung, als sie durch die schmale Gasse fuhren.
»Wohin fahren Sie, Osmonde?«
Doch der Fahrer antwortete nicht.
»Reden Sie endlich!« herrschte sie ihn an.
Osmonde bewegte die Lippen leicht. »Zur Black Angels Cathedral«, sagte er fast unhörbar.
Die unheimlichen Gedankenströme setzten für einige Sekunden aus. Osmonde bog auf einen kleinen Platz ein. Die Kathedrale der Schwarzen Engel, dachte Coco. Und plötzlich fiel ihr Phillips Zeichnung ein. Er hatte einen schwarzen Engel gezeichnet und ihnen damit einen Hinweis geben wollen, den sie nicht verstanden hatten.
Osmonde schaltete das Fernlicht ein. Teile der Kathedrale waren zu sehen: das spitz zulaufende Tor und winzige Türmchen. Die Kirche mußte uralt sein. Osmonde bremste, und Coco blickte zurück. Cohen war ihr nicht gefolgt. Sie konnte seinen Wagen nicht sehen.
»Steigen Sie aus!« sagte Osmonde.
Die zwei Ehepaare drückten sich ängstlich in die Sitze und schwiegen.
»Aussteigen!« sagte Osmonde mit veränderter Stimme. Er warf Coco einen Blick zu, dann starrte er die zwei Paare an.
Eine der Frauen griff willenlos nach dem Türgriff und drückte ihn nieder; dann stieg sie aus. Ihr Mann folgte ihr. Coco spürte deutlich die Ausstrahlung, die von Osmonde und der Kirche ausging, doch ihre magischen Fähigkeiten schützten sie vor dieser einfachen Beeinflussung. Sie paßte ihre Bewegungen den Touristen an, um nicht aufzufallen. Im Schatten des Wagens öffnete sie ihre Handtasche und zog das Sprechgerät halb heraus. Sie versuchte mit Cohen Verbindung aufzunehmen, der sich aber nicht meldete. Stirnrunzelnd schob sie das Sprechgerät zurück in die Tasche.
Das Kirchentor schwang knarrend auf, und eine vermummte Gestalt tauchte auf. Die Gestalt hob die Arme, und die Touristen erstarrten mitten in ihren Bewegungen.
»Bitte, folgen Sie mir!« sagte der Kuttenmann.
Coco imitierte die ruckartigen Bewegungen der Touristen. Die hypnotische Beeinflussung des Dämons konnte ihr nichts anhaben.
Während sie auf die Kirche zuging, warf sie Osmonde einen Blick aus den Augenwinkeln zu. Der Fahrer stand bewegungslos neben seinem Wagen und stierte die Kathedrale an.
Coco hob etwas den Kopf. Sie konnte nur wenige Einzelheiten der Kathedrale ausmachen; es war zu dunkel. Der Kuttenmann trat in die Kirche, und die Touristen folgten ihm. Coco trat als letzte ein. Ein seltsamer Geruch erfüllte die Kirche, der einen Brechreiz verursachte.
Sie zögerte weiterzugehen. Irgend etwas hielt sie zurück; ein unbestimmtes Gefühl, das sie sich nicht erklären konnte, irgend etwas warnte sie. Sie wußte, daß der Kuttenmann ein Dämon war, aber er schien ihr nicht mächtig genug zu sein, um als ernsthafter Gegner für sie zu gelten. Aber da war noch eine andere Ausstrahlung: Drohend schien sie in der Luft zu hängen, nicht faßbar, aber unglaublich schrecklich; eine Ausstrahlung, wie sie sie nie zuvor gespürt hatte. Ihre Neugier trieb sie weiter. Hinter ihr fiel das Tor krachend ins Schloß, und die
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