026 - Das Mordpendel
einer Weile. Osmondes Bus stand in Flammen. Das Feuer loderte hoch und erhellte den Platz und die Kathedrale. Die drei furchterregenden Gestalten, Wasserspeier vermutlich, bewegten sich nicht mehr. Cohen schüttelte den Kopf. Er hatte ja in seiner Laufbahn schon einiges erlebt, aber so etwas noch nicht. Für ihn gab es keinen Zweifel, die Statuen waren für einige Minuten zum Leben erwacht.
Dann fiel ihm Coco ein. Sie und die anderen Touristen befanden sich in der Kathedrale. Er stand auf und umspannte den Griff der Pistole. Zögernd überquerte er den Platz. Der Bus brannte noch immer, doch die Flammen waren kleiner geworden.
Er ging um den Wagen herum und ließ dabei die Steinfiguren nicht aus den Augen. Doch sie bewegten sich nicht mehr. Cohen blieb vor dem Tor stehen und drückte die Klinke nieder, aber die Tür ließ sich nicht öffnen. Er preßte sein Ohr gegen das Eisentor. Kein Laut drang aus der Kirche.
Er holte sein Spezialbesteck aus der Tasche, bückte sich und untersuchte das Schloß. Er versuchte einen Dietrich in das Schloß zu schieben, was ihm aber nicht gelang. Fluchend richtete er sich auf und trommelte mit einer Faust gegen die Tür. Natürlich öffnete ihm niemand.
Der Dämonenkiller und Hector Reese gingen die Waterloo Road entlang. Wieder fiel dem Dämonenkiller auf, daß kein Mensch auf der Straße zu sehen war. Reese bog in eine schmale Gasse ein, und Hunter blieb überrascht stehen. Er sah vor sich Cohens Wagen. Die Wagentür stand offen, Cohen war verschwunden.
»Dieser Wagen gehört einem meiner Mitarbeiter«, sagte Hunter. »Ich wundere mich, wie er hierher kommt.«
Reese war ebenfalls stehengeblieben und starrte den Dämonenkiller mißtrauisch an.
»Hier ist eine magische Falle aufgestellt«, erklärte der Dämon. »Sie verhindert, daß normale Leute hier weitergehen. Sie werden zurückgetrieben. Wir wollen keine Besucher. Auch Ihrem Mitarbeiter dürfte es nicht gelungen sein, weiterzugehen. Wahrscheinlich irrt er irgendwo herum. Aber ich frage mich, wie es ihm möglich gewesen ist, hierher zu finden. Sie haben mir etwas verborgen, Hunter.«
Der Dämonenkiller schüttelte den Kopf und ging langsam weiter. Reese folgte ihm.
»Wo sind die Dämonen-Drillinge?«
»Sehen Sie diese Häuser einmal genau an!« forderte Reese ihn auf.
Hunter konnte nichts Ungewöhnliches an den Häusern feststellen.
»Sie stehen leer«, sagte Reese. »Kein Mensch wohnt darin. Am Ende der Gasse befindet sich ein kleiner Platz, auf dem eine Kathedrale steht, eine Sehenswürdigkeit, die Sie in keinem Reiseführer finden werden. Die Kathedrale wird höchstens in alten Aufzeichnungen erwähnt. Nur wenige Sterbliche haben die Kirche seit dem Jahr 1532 gesehen; und diese wenigen hatten keine Gelegenheit mehr, davon zu berichten.«
»Wie heißt die Kathedrale?« fragte Hunter.
»Black Angels Cathedral«, sagte Reese.
»Sie haben recht; von dieser Kathedrale habe ich noch nie zuvor gehört.«
»Und auf dieser Kathedrale befinden sich die Drillinge«, sagte Reese.
Der Dämonenkiller blieb überrascht stehen.
»Sie haben schon recht verstanden«, sagte Reese. »Die Drillinge sind zu einem Bestandteil der Kathedrale geworden. Asmodi gelang es, die drei unheimlichen Geschöpfe zu versteinern. Sie erwachen nur gelegentlich zum Leben: Dann wüten und toben sie, aber sie können ihren Platz nicht verlassen. Jahrhundertelang waren sie ruhig. Sie saßen über dem Hauptportal und verlangten nicht viel. Ein Opfer pro Jahr, das war aber auch notwendig, um sie am Leben zu erhalten. Doch seit Asmodis Tod ist ihre Gier kaum zu stillen. Sie verlangen immer mehr Opfer.«
»Was für Opfer?«, fragte Hunter mit betender Stimme.
»In den ersten Jahren genügten Tieropfer. Wir löteten einige Stiere oder Kälber in der Kathedrale. Und dazu läuteten wir mit den unheimlichen Glocken. Die Drillinge bezogen die Lebensenergie von den sterbenden Tieren. Doch das reichte ihnen bald nicht mehr. Wir mußten Menschen nehmen, die durch die Glocken getötet wurden.«
Hunter hatte entsetzt zugehört.
»Und seit Asmodis Tod wurde es immer ärger«, fuhr Reese leise fort. »Wir konnten sie nur zur Ruhe und Erstarrung bringen, indem wir immer mehr Menschen opferten. Jetzt müssen täglich mindestens fünf Menschen sterben.«
Hunter schloß die Augen. Vieles wurde ihm nun verständlich. Die sich in letzter Zeit häufenden Vermißtenmeldungen sprachen eine deutliche Sprache. Er schauderte. Die Touristen hatten sterben müssen, damit
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