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026 - Das Totenhaus der Lady Florence

026 - Das Totenhaus der Lady Florence

Titel: 026 - Das Totenhaus der Lady Florence Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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nächsten
vierzehn Tage oder drei Wochen keinen Schritt außer Haus tun zu müssen – er
wollte sich ganz in die Klausur zurückziehen. Er hatte das Haus vom Keller bis
zum Boden durchschritten und wusste über alle Räume Bescheid. Und er fing
bereits an, sich in dieser ein wenig bedrückenden Einsamkeit zurechtzufinden
und war überzeugt davon, dass er hier gute Arbeit leisten würde. Er war
vollkommen ungestört.
    Die Holzscheite knisterten im Kamin im Wohnzimmer und in der Bibliothek.
    Richard Burling warf einen letzten Blick nach draußen. Es wurde Abend, ohne
dass es eigentlich richtig Tag geworden war.
    Richard Burling zog die Vorhänge zu. Der Wind, der vom Meer her wehte, war
etwas stärker geworden. Es ächzte im Dachgebälk, draußen rauschte es in den
Trauerweiden und Zypressen.
    Die Dielen unter seinen Schritten knarrten. Das Holz war alt und morsch. Es
war, als hätten sich die dunklen Holzwände während der letzten Stunden, seitdem
er hier war, wieder mit Leben erfüllt. Überall brannten die Lampen, die alte,
schwere Standuhr ging wieder, und ihr monotones Ticken erfüllte dumpf und
rhythmisch den großen Wohnraum.
    Richard hatte sich abgewöhnt, nach den Klinken zu greifen, die nicht
vorhanden waren. Sobald er nur noch zwei Schritte von einer Tür entfernt war,
wich sie vor ihm zurück und gab ihm den Weg in das angrenzende Zimmer frei.
    Überhaupt funktionierten alle elektrischen Anlagen im Haus hervorragend.
Das war nicht verwunderlich. Der Hausherr war eine Kapazität auf dem Gebiet der
Lichttechnik, der Elektrizität und der Strahlung gewesen. In der
ausgezeichneten Bibliothek von Sir David hatte Richard Burling eine Unzahl
wissenschaftlicher Werke, die nur dieses Gebiet umfassten, gesehen. Über alle
Arten des Lichts und seiner Erscheinungen hatte Sir David Material gesammelt
und studiert. Es gab seltene Drucke von Huygens, der im Jahr 1690 die
sogenannte Undulationstheorie veröffentlichte. Es gab dicke Wälzer von Fresnel,
Planck und Einstein. Der Physik des Lichts, seine Erscheinungsform, die
Geschichte und die Religionsgeschichte, die biologische Bedeutung der
Lichtquellen, über jedes Thema gab es ein Buch oder eine Abhandlung.
Aufgefallen waren Richard Burling die zahlreichen Bemerkungen, die Sir David an
den Rand der Seiten geschrieben hatte. Er hatte selbst einige Abhandlungen über
das Licht verfasst. Der Schriftsteller hatte sich vorgenommen, während seiner
Anwesenheit die Bibliothek des alten Sir David sehr genau unter die Lupe zu
nehmen. Er hatte schon einmal einen Blick in eines der Bücher über das Licht
geworfen und festgestellt, dass diese Dinge so spannend sein konnten wie ein
Kriminalroman. Er war überhaupt sehr daran interessiert, herauszufinden, wieso
sich Sir David ausgerechnet dieses Gebiet gewählt hatte. Es gab da eine
Bemerkung in einem Buch, die ihm durch Zufall unter die Augen gekommen war, und
die ihm zu denken gab.
    Richard speiste ausgiebig. In der geräumigen Küche stand ein großer
klobiger Tisch. Er belegte sich mehrere Schinkenbrote, kochte einen anständigen
Kaffee und brutzelte anschließend noch drei Eier.
    Danach löschte er das Licht in der Küche, ging durch das Wohnzimmer und
näherte sich der Tür zur Bibliothek, die zurückwich.
    Gedankenverloren durchquerte Richard auch den nachfolgenden Raum und suchte
die kleine Arbeitsecke auf. Die Schreibtischlampe brannte. Er hatte sich alles
für die Arbeit zurechtgemacht. Doch zuerst zündete er sich eine ägyptische
Zigarette an – und schon stieg der schwere, parfümierte Rauch vor ihm auf.
    Richard Burling rückte sich den Stuhl zurecht, lehnte sich zurück und
schloss die Augen. Vielleicht wäre es gut, das Manuskript in Ich-Form zu
schreiben, schoss es ihm plötzlich durch den Kopf. Erste Person Einzahl. Er
konnte dann die Gefühle, die er selbst in diesem einsamen, altmodischen,
menschenleeren Haus empfand, noch besser wiedergeben.
    Die Hauptperson, sein Richter. Er könnte hier leben, könnte sich hierher in
das Haus seiner Väter zurückgezogen haben.
    Richard Burlings Gedanken rückten immer weiter ab.
    Das Ticken der schweren Standuhr drang schwach und gedämpft durch die
geschlossene Tür. Die Holzscheite im Kamin knisterten und krachten. Das Feuer
prasselte und zeichnete bizarre Gestalten an die dunkle Holzwand neben dem
Bücherregal.
    Richard Burling begann zu schreiben. Langsam und mit Bedacht. Er sah ganz
bestimmte Szenen vor sich und skizzierte sie rasch, damit sie ihm nicht

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