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026 - Das Totenhaus der Lady Florence

026 - Das Totenhaus der Lady Florence

Titel: 026 - Das Totenhaus der Lady Florence Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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wieder
entfielen. Er fühlte sich innerlich ruhig und überlegen. Mit dem Beginn der
Arbeit kam immer diese seltsame Stille über ihn. Er rauchte weniger, die
Nervosität ließ nach. Es vergingen zwei Stunden, drei Stunden. Richard vergaß,
im Kamin Scheite nachzulegen. Das Feuer war fast völlig herabgebrannt und es
wurde kühl.
    Im Dachgebälk raschelte es. Richard hörte, wie Mörtel an den Wänden
herabrieselte. Wahrscheinlich Ratten oder Mäuse. Es gab davon eine ganze Menge.
Vielleicht auch Fledermäuse.
    Irgendwo im Haus knarrte eine Diele. Richard Burling achtete nicht darauf.
Er warf einen Blick auf das Zifferblatt seiner Armbanduhr. Es war kurz nach
dreiundzwanzig Uhr. Wie schnell beim Schreiben doch die Zeit verging!
    Aus den Augenwinkeln heraus nahm er einen Schatten, eine Bewegung wahr, und
mit einem Mal streiften seine Gedanken vom Entwurf der Arbeit ab und erfassten
glasklar die Wirklichkeit.
    Die Tür zur Bibliothek – bewegte sich! Sie wich zurück und gab den Blick in
das dunkle Wohnzimmer frei.
    Richard Burling glaubte im ersten Augenblick zu träumen. Doch er war
hellwach. Er sah, wie sich die Tür vollends öffnete, sekundenlang zur Ruhe kam
und dann ganz langsam wieder zuschwang.
    Richard Burling hielt den Atem an und starrte in den leeren Raum. Die
Fotozellen wurden nur wirksam, wenn der Strahl unterbrochen wurde.
    Minuten verstrichen. Die Geräusche im Haus erschienen ihm mit einem Mal
durchdringender. Wieder hörte er, wie Mörtel die Wand herabrieselte. Draußen
pfiff der Wind. Ein Fensterladen wurde zugeschlagen.
    Dann lachte Richard Burling leise. Ein Defekt. Eine andere Erklärung gab es
nicht. Außer ihm befand sich niemand im Haus. Er vergaß den Vorfall, wandte
sich wieder seiner Arbeit zu und fand auch sofort den Faden wieder. Die Tür zur
Bibliothek bewegte sich kein zweites Mal mehr, obwohl er hin und wieder einen
verstohlenen Blick in die Richtung warf. Eine weitere Stunde verging. Richard
Burling fühlte in dieser Zeit eine permanente Unruhe, die ständig wuchs. Er
konnte sie sich nicht erklären, aber sie war vorhanden und wich nicht.
    Immer öfter hob er den Blick und sah sich um, bemerkte aber niemanden. Er
war allein. Und doch hatte er das Gefühl, dass ständig ein Augenpaar auf ihn
gerichtet sei. Etwas beobachtete ihn
– war ständig um ihn herum.
    Richard ging in die Küche und brühte sich einen Kaffee auf. Er hatte vor,
die Nacht durchzuarbeiten.
    Gedankenverloren kehrte er in die Bibliothek zurück, schlürfte den heißen
Kaffee, ging vor der hohen Regalwand auf und ab und streifte oberflächlich die
Buchtitel. Merkwürdig! Jetzt war das Gefühl verschwunden. Er fühlte sich wieder
allein. Unwillkürlich strich er sich über die Augen. Vielleicht war er müde
geworden, schließlich hatte er intensiv gearbeitet. Vielleicht war er auch mal
kurz eingenickt, ohne dass ihm das bewusst geworden war?
    Er stellte die Tasse auf einen kleinen Tisch, zog einige Bücher heraus,
blätterte sie kurz durch und stellte sie wieder an Ort und Stelle zurück.
Zwischen zwei Büchern stieß er auf eine dunkle Papp-Platte.
    Neugierig nahm er sie zur Hand.
    Sie zeigte eine altmodische Fotografie. Ein Mann von etwa fünfundvierzig
Jahren stand mit herausgereckter Brust neben einem hohen Korbstuhl; in der
linken die Melone. Der Fotografierte trug ein dunkles Lippenbärtchen. Am
unteren Rand dieses Bildes war mit Tinte eine Bemerkung geschrieben. Die
Schrift war schon verblasst, dennoch konnte Richard Burling die Jahreszahl 1946
und den Namen David entziffern.
    Das also war Sir David!
    Richard betrachtete das Bild und schob es wieder zwischen die beiden dicken
Bände. Er kam zu der Stelle, wo die Bücher über das Thema Licht standen. Seine Augen verengten sich.
    Hier war eine Lücke. Es fehlte ein Buch! Richard entsann sich genau. Hatte
er es etwa nicht mehr an die ursprüngliche Stelle zurückgestellt? Nein, das tat
er grundsätzlich nicht.
    Sein Gehirn begann zu arbeiten, präzis und klar wie eine Maschine, die man
einmal eingestellt hatte. Heute Abend war dieses Buch noch dagewesen. Es war
ein dickes Werk über die Absorption und Reflexion des Lichtes gewesen, jener
Band mit der entscheidenden Randbemerkung von Sir David!
    Richard Burling merkte, wie es siedendheiß in ihm aufstieg. Etwas stimmte
hier nicht! Er war kein Mensch, der leicht in Furcht und Schrecken zu versetzen
war, aber er musste sich insgeheim eingestehen, dass sich nun ein gewisses Maß
an Ängstlichkeit in ihm ausbreitete.

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